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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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unter Brocks Schritten knarrte, und bemerkte, dass sich das Strahlen auf ihrem Gesicht vertiefte, als sie den Professor sah. Er wusste nicht, wie Brock auf sie reagieren würde. Ob er eine Affinität zu jungen Frauen hatte, bisher hatte er sie noch nicht bemerkt.
    »Guten Morgen. Ich bin Cara Spornitz, Charlotte Rubins Schwester.«
    Der Professor hob fragend die Augenbrauen. Cara reichte ihm verlegen die Hand. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte einen Knicks gemacht.
    »Sehr erfreut«, murmelte Brock.
    »Ich komme wohl ungelegen? Das tut mir leid. Jeremy … Herr Saaler sagte mir, dass heute der letzte Tag sei, an dem Sie Charlie noch einmal befragen. Ich wollte sie nicht im Gefängnis wiedersehen, verstehen Sie?«
    Hilfesuchend sah sie Jeremy an und legte sogar ihre Hand auf seinen Arm. Er schwitzte Blut und Wasser. Hier entstand gerade der Eindruck, dieser Überfall wäre von langer Hand geplant gewesen.
    »Das ist richtig. Ihre Schwester wird gleich kommen. Trotzdem ist der Zeitpunkt ungünstig. Ich hätte gerne mit Ihnen geredet, selbstverständlich. Warum kommen Sie nicht morgen wieder?«
    »Ich will zu Charlie«, sagte sie. »In einer normalen Umgebung, nicht im Gefängnis.«
    »Ich weiß nicht, ob eine psychiatrische Praxis unter den Begriff normale Umgebung fällt. Wir sind für Familienzusammenführungen nicht zuständig.«
    »Herr Professor, bitte! Ich habe mir eine Vertretung geholt und bin aus Dessau hergekommen. Wir hatten seit Jahren keinen Kontakt. Und dann kommt die Polizei und behauptet, Charlie steht unter Mordverdacht. Es ist auch für mich ein Schock. Egal, was passiert ist, ich möchte ihr beistehen.«
    »Haben Sie eine Besuchserlaubnis beim Untersuchungsrichter beantragt?«
    »Noch nicht.« Sie sah zu Boden. Vielleicht wurde ihr gerade klar, dass dies kein Spiel war. Dass es Regeln gab, an die man sich halten musste, selbst wenn die Untersuchungsgefangene die eigene Schwester war. »Ich bin manchmal sehr spontan. Können Sie nicht eine Ausnahme machen?«
    »Nein. Es tut mir leid.«
    »Meine Schwester wird des Mordes angeklagt. Sie muss in einer entsetzlichen Verfassung sein. Jeremy … Herr Saaler hat mir erklärt, dass es wichtig sein könnte, wenn ich mit Ihnen rede. Ich werde Ihnen uneingeschränkt zur Verfügung stehen und alle Ihre Fragen beantworten. Aber schenken Sie uns zehn Minuten. Sie können auch dabei sein …«
    Brock hob die Hand zum Einspruch. Offenbar hatte Cara keine Vorstellung davon, dass ihre Schwester nicht eine Sekunde unbewacht bleiben durfte. Der kurze Moment, in dem dank Jeremys Nachlässigkeit genau das geschehen war, hatten beinahe in einer Katastrophe geendet.
    »… ich weiß, Sie müssen sogar dabei sein. Bitte. Charlotte Rubin ist ein Mensch.«
    »Es gibt Vorschriften, Frau Spornitz.«
    »Und Ausnahmen, Herr Professor. Ich weiß, was ich von Ihnen verlange. Ich kann auch unten vor der Tür warten. Dann passe ich sie auf der Straße ab. Ist das besser? Ich glaube nicht. Herr Saaler meinte, es wäre vielleicht wichtig für Sie zu sehen, wie Charlie auf mich reagiert? Ja?«
    Brock bekam offenbar gerade eine Ahnung davon, wie diese Frau Jeremy um den Finger gewickelt hatte und dass er ein Zusammentreffen vor der Haustür unbedingt vermeiden sollte. Er seufzte und gab die Tür frei.
    »Danke!«
    Während Cara in die Praxis ging und sich im Vorzimmer umsah, holte er Jeremy mit einem Nicken zu sich heran.
    »Das hier wird nie geschehen sein. Haben Sie verstanden?«
    »Aye, aye, Sir.«
    Ein Lächeln zuckte um Brocks Mundwinkel. So schnell, dass es schon verschwunden war, als Jeremy es bemerkte.
    »Aufnahmegerät?«
    »Ich hole es.«
    Jeremy ging an Cara vorbei durch den Flur in sein Arbeitszimmer. Als er die Schublade aufzog, merkte er, dass seine Hände leicht zitterten. Sie verließen gerade alle gemeinsam den sicheren Boden geltenden Rechts.
    Wieder erklang der Türgong. Er zuckte zusammen. Charlie wurde gebracht. Jeremy schnappte das Gerät, schaltete es ein, steckte es in die Anzugtasche und eilte zurück, um diesen großen Moment nicht zu verpassen.
    Brock stand immer noch im Treppenhaus. Jeremy hörte seine Stimme, die beruhigend auf die Frau einredete. Er verstand nicht, was der Professor sagte. Sein Herz klopfte viel zu schnell, aber schuld daran war nicht Cara, redete er sich ein. Sondern das Super-Bingo der Psychologen: Das Aufeinandertreffen zweier Schlüsselfiguren.
    Cara stand im Vorraum und lauschte gebannt. Ihre Körperhaltung erinnerte an die

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