Das Dornenhaus
Krankenbett gesessen und sie verzweifelt ins Leben zurückgewünscht hatten. Wally war überzeugt, wenn ein Mensch einen anderen durch seine Willenskraft retten könnte, dann hätte Gladys Kate MacIntyre Johnson aus der Schattenwelt des Todes zurückgeholt.
Es hatte ihm das Herz gebrochen, Kates schönes Gesicht mit Verbänden bedeckt zu sehen. Der Arzt hatte ihnen bereits gesagt, dass Kate verunstaltet wäre und blind bleiben würde, aber Gladys hatte das beiseite gewischt.
»Sie wird es schaffen, warten Sie’s ab. Kate, Kate, ich bin bei dir. Dein kleiner Junge ist in Sicherheit, ihm ist nichts passiert. Jetzt werden wir dafür sorgen, dass du wieder gesund wirst. Ich habe dein ganzes Leben lang für dich gesorgt, liebstes Kind, genau wie für deine wunderschöne Mama. Halt dich an mir fest, lass mich dir Kraft geben, Kate, sei stark.«
Gladys hatte sich über das Bett gebeugt und Kates Hände ergriffen, ihre Tränen tropften auf die schneeweißen Verbände, und sie ließ all ihre Liebe und Willenskraft durch ihre Fingerspitzen in Kates kühle, stille Hände fließen.
Wally hatte sich im Hintergrund gehalten, er bangte um sie beide. Leise trat er zu seiner Frau und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Ganz ruhig, Liebes. Sie kann dich nicht hören. Du machst dich nur kaputt. Lass es sein.«
Sie hatte seine Hand abgeschüttelt. »Nein«, sagte sie entschieden. »Ich kümmere mich um Kate. Sie braucht mich mehr denn je.«
Und als sie da standen und auf Kates verbundenen Kopf hinunterschauten, von dem nur die Nasenlöcher und der Mund zu sehen waren, hatten sich Kates bleiche Lippen bewegt. Gladys beugte sich tiefer herab. »Sag’s mir, Kate … was ist? Ich bin hier bei dir, meine Kleine.«
Wally hatte versucht, ihr die Worte von den Lippen abzulesen, voller Furcht, dass sie nach Ben fragen würde. Sie war nicht in der Verfassung, den Tod ihres geliebten Mannes verkraften zu können.
Ein schwaches Lächeln spielte um ihre Lippen, und sie flüsterte kaum hörbar: »Ich komme …«
Gladys verstärkte ihren Griff und umklammerte Kates Hand mit ihren geschwollenen, abgearbeiteten Händen. »Nein! Kate, bleib hier … geh nicht weg«, rief sie gequält.
Wally legte seinen Arm um Gladys und sagte sanft: »Ganz ruhig, Gladys. Lass sie, du ängstigst sie nur.«
Tränen strömten über Gladys’ Gesicht. Immer noch hielt sie Kates Hand umklammert in dem Versuch, sie davon zurückzuhalten, in den dunklen Abgrund zu gleiten, der sie voneinander trennen würde. Mit einer wilden Entschlossenheit, die Wally in Angst versetzte, klammerte sie sich an Kate und streichelte ihre Hand, als ringe sie mit einem übermächtigen Gegner um ihr geliebtes Kind.
Aber für Kate war es anders, als Gladys es sich vorstellte.
Kate war im Rosengarten von Zanana. Sie saß auf Catherines Lieblingsbank, den Kopf mit geschlossenen Augen zum Himmel erhoben. Die Sonne schien ihr warm ins Gesicht, eine Biene summte, und der Duft der Rosen lag in der Luft. Ein Gefühl großer Zufriedenheit und Freude erfüllte sie, und sie öffnete langsam die Augen. Sie war nicht überrascht, bei den Rosen am anderen Ende des Gartens eine wunderschöne junge Frau stehen zu sehen. Die Frau trug ein langes, cremefarbenes Spitzenkleid, dessen hoher Kragen am Hals mit einer Kameenbrosche geschmückt war. Das Spitzenmieder lag eng an ihrem Körper an, und der weite Rock aus Seidenchiffon bauschte sich bis zum Boden. Ihr hellblondes Haar war aufgesteckt, und ihre leuchtenden, saphirblauen Augen glichen denen von Kate.
Kate lächelte. »Hallo … Mutter.« Die Gestalt bewegte sich nicht, aber Kate sah sie lächeln. »Du siehst genauso aus wie auf den Bildern und Fotografien von dir in Zanana, nur noch schöner.«
Kate erhob sich von der Bank und ging langsam über den gewundenen Weg durch den Garten auf die Gestalt zu. »Ich habe es so sehr vermisst, dich an meiner Seite zu haben. Ich wollte über so vieles mit dir reden.« Wieder lächelte die Gestalt und winkte sie mit einer sanften Geste zu sich.
»Ich komme, Mutter … ich komme.«
Die Erscheinung drehte sich um, schwebte aus dem Garten, und Kate folgte ihr.
»Nein! O Gott, nein! Nein! Nein!« Gladys ließ ihren Kopf auf Kates Brust sinken und schluchzte laut auf.
Die Augen voller Tränen, zog Wally sie hoch und führte sie ein Stück beiseite. »Ruhig, ganz ruhig, Liebste. Es ist vorbei. Und es ist am besten so.«
Die Oberschwester und eine andere Schwester kamen hereingeeilt, die
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