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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Turney
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seitdem vergangen, und Ellen konnte sich nicht mehr an die Details erinnern. Sie wusste nur, dass von ihrer Seite kein Handlungsbedarf bestand; es seien entsprechende Vorbereitungen getroffen worden, und der Anwalt werde ihr die Dokumente vorbeibringen, hatte ihre Mutter gesagt. Aber Ellen hatte rein gar nichts in der Hand, keinen Namen, keine Telefonnummer; sie kannte niemanden, den sie um Rat fragen oder der sie beruhigen konnte. Sie hatte bislang weder mit einem Anwalt noch mit irgendwelchen Erbschaftsangelegenheiten zu tun gehabt. Sie hatte keinen blassen Schimmer, was sie erwartete.
    Wann immer wir uns trafen, redete sie davon, aber ich blockte ab. Es interessierte mich nicht. Ihre bevorstehende Erbschaft zählte zu den Dingen an Ellen, die mich wütend und eifersüchtig machten. Was hatte sie getan, um in den Genuss eines Vermögens zu kommen? Warum passierten solche Dinge eigentlich immer nur Leuten wie Ellen, aber niemals Leuten wie mir? In Zeitschriften und Büchern las ich immer wieder solche Geschichten, aber im richtigen Leben hatte ich noch nie von jemandem gehört, der ohne eigenes Zutun zu Geld gekommen war.
    Ich wusste, dass Jago nur das Baby und Ellen nur ihre Erbschaft im Sinn hatte, und ich wiederum war in jenem Sommer mit mir selbst beschäftigt und schenkte den beiden kaum Beachtung. Endlich hatte ich ein eigenes Leben, eines, das nichts mit ihnen zu tun hatte, weniger kompliziert und, zumindest in meiner Vorstellung, aufregender war.
    Ich hatte immer weniger Lust, mich zu Hause aufzuhalten, wo ich dauernd mit Jago aneinandergeriet und meine Eltern ständig mit neuen Bedenken daherkamen: Mal machten sie sich Sorgen über die Kriminalität in Chile, dann wieder über die Hitze oder den Wassermangel, der dort herrschte. Ebenso wenig zog es mich nach Thornfield House, wo ich mir genau überlegen musste, was ich zu der neuerdings überaus empfindlichen Ellen sagte, und wo ich mir Mr   Brechts Geschwätz über die Geburtstagsparty anhören musste. Am glücklichsten war ich, wenn ich mit Ricky zusammen sein konnte. Wir schmiedeten gemeinsame Zukunftspläne oder hatten einfach nur Spaß, und vor allen Dingen musste ich mir mit ihm keine Sorgen machen.
    Da ich nicht länger als stets bereitwillige Botin zur Verfügung stand, wurde die Kommunikation zwischen Jago und Ellen zu einem Problem. Eines Abends Anfang August, als die Sonne hinter der penibel geschnittenen Leyland-Zypressen-Hecke unterging, die unseren Garten von dem dahinterliegenden Acker abgrenzte, hörte ich Jagos Schritte auf der Treppe, und kurz darauf öffnete er die Tür meines Zimmers. Ich saß mit Trixie auf dem Bett und las. Er kam herein, ließ sich auf das untere Ende der Matratze plumpsen, sodass sie schwankte und ich ein wenig nach oben gehoben wurde, legte den Kopf in die Hände und sagte: »Ich gehe jetzt nach Thornfield House.«
    »Das kannst du nicht.«
    »Ich muss aber Ellen unbedingt sehen.«
    Ich legte das Buch zur Seite. »Jago, das kannst du nicht machen. Wirklich, tu das nicht. Was, wenn ihr Vater dich hört? Was, wenn er mit dem Kaminhaken auf dich losgeht?«
    »Das kann er nicht grundlos tun.«
    »Wenn er dich mitten in der Nacht in seinem Haus antrifft, hat er einen Grund, im Übrigen …« Ich sah auf meine Füße. »Jago, ich glaube, er weiß von dir und Ellen.«
    »Nein, er weiß es nicht.«
    »Vielleicht aber doch.«
    »Woher sollte er es wissen?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hat er euch zusammen gesehen.«
    Jago schüttelte den Kopf. »Wie auch immer, ich muss heute Nacht nach Thornfield House. Ich muss unbedingt mit Ellen über unsere Abreise reden.«
    Ich setzte mich aufrecht hin. »Was meinst du denn damit?«
    »Ich habe alles genau durchdacht. Ihre Geburtstagsparty ist der perfekte Zeitpunkt, um uns aus dem Staub zu machen. Ihr Vater wird durch die Gäste abgelenkt sein. Er wird Ellen nicht die ganze Zeit beobachten können, nicht wenn so viele Leute da sind. Im Grunde muss sie nur zur Tür hinausschlüpfen, während er sich mit jemandem unterhält, und ich warte unten auf der Straße auf sie. Dann können wir direkt nach London zum Flughafen fahren.«
    Er lächelte verlegen. »Ich habe zwei Tickets für den Frühflug nach New York gebucht. Meine ganzen Ersparnisse sind dafür draufgegangen. Aber bis dahin wird Ellen ja ihre Erbschaft bekommen haben, und wir können in der ersten Zeit davon leben. Wir werden bestimmt zurechtkommen.«
    Der Plan klang gut, aber er gefiel mir dennoch

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