Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Turney
Vom Netzwerk:
haben.«
    »Ich bin mir sicher, er bildet sich das nur ein, Mrs   Todd. Sie wissen ja, wie er manchmal ist.«
    »An Dingen, die deiner Mutter gehörten«, fuhr Mrs   Todd ungerührt fort. »Er glaubt, dass jemand in den Sachen deiner Mutter herumgewühlt hat.« Sie trat neben Ellen und berührte mit der Hand ihre Wange. »Wenn du es warst, Ellen, oder wenn du weißt, wer es war, dann sag es mir jetzt.«
    »Ich war es nicht. Und ich wüsste nicht, wer in Mamas Sachen herumstöbern sollte. Wirklich, ich weiß es nicht.«
    An diesem Abend blieb ich zum Abendessen in Thornfield House. Ungeachtet dessen, was Mrs   Todd uns erzählt hatte, war Mr   Brecht gut gelaunt. Mir gegenüber war er besonders aufmerksam.
    Während wir zarte Bratenscheiben mit einer vorzüglichen Soße aßen, sagte er, er wisse, was der Eindringling gesucht habe. Ich sah verstohlen zwischen Ellen und ihrem Vater hin und her.
    »Ach ja, was denn?«, fragte Ellen.
    »Annes Tagebuch.«
    »Wieso, was steht denn darin?«
    Mr   Brecht lächelte und machte eine bedeutungsvolle Pause. »Geheimnisse, mein Schatz. Geheimnisse und Lügen.«
    »Ich habe keine Ahnung, was du meinst«, erwiderte Ellen ärgerlich.
    Ihr Vater prostete mir lächelnd zu, sagte aber nichts mehr.
    Bevor ich mich auf den Heimweg machte, flüsterte Ellen mir zu, ich solle Jago sagen, dass er sich in dieser Nacht besser nicht in Thornfield House blicken ließ.
    Als ich Jago die Vorkommnisse berichtete, erbleichte er.
    »Er führt etwas im Schilde, habe ich’s doch gewusst!«, sagte Jago aufgebracht, als ich ihm schilderte, was vorgefallen war.
    »Er hat deine Fußspuren im Blumenbeet entdeckt«, erklärte ich. »Du hättest halt vorsichtiger sein sollen. Wenn er dich erwischt hätte, hätte er bestimmt gedacht, dass du im Haus herumgestöbert hast.«
    »Das war ich nicht!«, entgegnete Jago. »Warum sollte ich in Mrs   Brechts Sachen herumschnüffeln?«
    »Ich weiß, dass du es nicht warst! Aber wenn Mr   Brecht dich mitten in der Nacht vor seinem Haus herumschleichen sieht, wird er denken, dass du es warst, du Dummkopf. Vor allem, wenn die Fußabdrücke im Beet mit deinen Schuhsohlen übereinstimmen.«
    »Scheiße …!«, murmelte Jago.
    »Aber wie können Ellen und ich uns jetzt noch treffen?«
    »Das geht nicht mehr. Jedenfalls nicht in nächster Zeit. Warte erst mal ab, was passiert.«
    Einen anderen Rat konnte ich ihm nicht geben, auch wenn es für Jago noch so frustrierend war.
    Als Dad am Abend darauf nach Hause kam, ging er zur Spüle in der Küche, wusch sich die Hände und sagte: »Im Smuggler’s Rest ist was Komisches passiert.«
    »Ja, was denn?«, fragte meine Mutter, die am Herd Zwiebelsoße rührte.
    »Ich habe mit Bill Haworth gemütlich ein Bier getrunken, da kommt plötzlich Mr   Brecht rein.«
    »Und? Was soll daran komisch sein?«
    »Na ja, ich habe ihn noch nie in der Kneipe gesehen. Er hat erzählt, dass jemand in sein Haus eingedrungen ist und herumgeschnüffelt hat.«
    »Wie furchtbar«, sagte Mum. »Wusstest du das, Hannah?«
    Ich saß am Tisch und machte Hausaufgaben. Ich nickte.
    »Jedenfalls«, fuhr Dad fort, »hat er sich erkundigt, wo er ein Gewehr kaufen kann.«
    Ich stieß meinen Becher um. Tee ergoss sich über die Blätter mit den alten Prüfungsaufgaben, die ich auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Ich holte ein Geschirrtuch und tupfte die Flüssigkeit auf.
    Mum sah mich an.
    »Ich finde das völlig verständlich. Man muss ja irgendwie Haus und Grund verteidigen«, meinte Dad.
    Die meisten Bewohner von Trethene wären seiner Meinung gewesen, aber mit dem, was als Nächstes geschah, hätte dann doch niemand gerechnet.
    Ein paar Tage später überbrachte die Frau aus dem Dorfladen eine Nachricht für Mum. Mrs   Todd sei bei ihr gewesen und habe ganz verwirrt geklungen. Sie habe sie gebeten, Mum mitzuteilen, sie möge dringend nach Thornfield House kommen. Obwohl meine Mutter keine Ahnung hatte, worum es ging, nahm sie sofort ihren Mantel, um sich umgehend auf den Weg zu machen. Ich hätte sie gern begleitet, aber sie meinte, ich solle lieber meine Hausarbeit für die Schule fertig schreiben. Einige Stunden später kam sie aschfahl im Gesicht zurück. Als Erstes schenkte sie sich einen Schnaps ein. Da meine Mutter höchstens an Weihnachten oder bei Beerdigungen Alkohol trank, wusste ich, dass etwas Schlimmes passiert sein musste. Dad kam aus dem Garten herein und sah Mum an, dann das Schnapsglas, legte ihr die Hand auf den Rücken und führte sie

Weitere Kostenlose Bücher