Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
viel Geld sie noch dabei hatte und warf einen prüfenden Blick auf
die Preise, die auf einer Tafel mit Kreide angeschrieben waren. Hm, für hundert
Gramm sollten ihre Finanzen noch reichen. Es war schon eine Weile her, seit sie
gefrühstückt hatte. Ungebeten schlichen sich die Ereignisse des Tages in ihre
Gedanken. Resolut verdrängte sie alle wieder in den hintersten Winkel und sprach
den Maroni-Verkäufer an.
„Ich
hätte gerne hundert Gramm Maroni.“
„Aber
sicher, Bella“, antwortete der ungefähr sechzigjährige Italiener auf charmante
Weise.
Während
Miri darauf wartete, dass er die heißen Kastanien aus dem Kohleofen gesammelt
und abgewogen hatte, beobachtete sie sein zerfurchtes Gesicht und die
Lachfältchen um die Augen. Sie lächelte ihn an.
„Für
so schöne Frau wie Sie gebe ich ein paar mehr“, meinte er in etwas holperigem
Deutsch, begleitet von einem verschmitzten Lächeln seinerseits und schaufelte
noch ein paar zusätzliche Früchte in die Tüte.
„Das
ist aber nett, da freue ich mich! Die sind ja auch sehr lecker“, flirtete Miri
gutmütig zurück und zwinkerte ihm zu.
Geld
und Maroni tauschten den Besitzer. Miri schwang sich ihre Tasche erneut über
die Schulter, behielt die warme Papiertüte in der anderen Hand und machte sich
auf den Heimweg, begleitet von der schönen Stimme und den witzigen Texten der
Sängerin Annett Louisan ,die sie vor kurzem auf ihren iPod
geladen hatte.
Kapitel 3
Zu Hause
angekommen, besser gesagt auf dem Treppenabsatz vor ihrer Tür, setzte sie die
schwere Tasche ab und ließ sich daneben auf den Boden fallen. Nach diesen vier
verflixten Stockwerken, beladen mit all dem Bastelmaterial, musste sie erst
wieder zu Atem kommen. Eigentlich sollte man meinen, man würde sich mit der
Zeit durch den Trainingseffekt an die vielen Stufen gewöhnen. Bei ihr schien
das leider nicht der Fall zu sein. Zugegebenermaßen schleppte sie nicht täglich
so viel Gewicht mit sich herum. Aber vielleicht spielte auch das heute so
plötzlich wiedergekehrte Asthma eine Rolle. Sie dachte an die Umstände, die zu
der aktuellsten Asthmaattacke geführt hatten. Natürlich erhöhte sich ihr Puls,
der sich endlich ein wenig normalisiert hatte, sofort wieder. Müde rieb sie
sich mit den Händen über das Gesicht. Irritiert von einem Geräusch, das direkt
aus ihrer Wohnung zu kommen schien, richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf ihre
Eingangstür.
„…hast
du nicht gehört, was sie gesagt hat? Sie will dich nicht hier! Schon gar nicht,
wenn sie nicht zu Hause ist.“
Miri
hörte ihren Kater fauchen und musste grinsen. Tapferer Kater. Das eigentliche
Gespräch zwischen den beiden konnte sie in ihrem Kopf verfolgen. Interessiert
wartete sie die Antwort des Drachen ab. Es war ja zu erwarten gewesen, dass
Maxi nicht lange wegblieb.
„Du
bist ja da und hältst die Stellung. Ich leiste dir nur ein wenig Gesellschaft.“
„Wer’s
glaubt!“, schnaubte Chili empört.
Miri
konnte sich bildlich vorstellen, wie er auf dem Teppich im Wohnzimmer hin und
her tigerte, während sein Schwanz nervös von einer Seite zur anderen zuckte.
„Ich
habe zwar noch nicht heraus gefunden, was du im Schilde führst, du zu groß
geratene Eidechse“, plusterte Chili sich auf. „Aber du kannst sicher sein, dass
das nur eine Frage der Zeit ist!“
„Ist
gut, lass es mich wissen, wenn du etwas rausgefunden hast“, antwortete Maxi
ruhig, völliges Desinteresse in der Stimme.
Miri
vermutete, dass Chili inzwischen kurz vor einer Explosion stand und beschloss,
ihn zu erlösen. Sie rappelte sich auf und öffnete die Wohnungstür. Im Inneren
der kleinen Wohnung bot sich ihr ziemlich genau das erwartete Bild. Maxi, die
scheinbar gelangweilt auf dem kleinen Sofa saß, und Chili, der bei ihrem
Auftauchen erleichtert seine Patrouille unterbrach, ihr entgegen rannte und
laut miauend seine Beschwerde hervorbrachte. Flüchtig überlegte sich Miri,
weshalb sie ihn vorher genau so klar verstanden hatte wie Maxi und jetzt wieder
Maunz-Konzerte interpretieren musste. Sie runzelte die Stirn und hob den Kater
hoch, um ihre Stirn an seiner zu reiben.
„Vielen
Dank fürs Aufpassen, Chili! Es ist alles in Ordnung. Maxi wird in nächster Zeit
öfter hier sein.“
Sie
setzte ihn auf den Boden. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Maxi es schaffte,
unbeteiligt in ihrer Zeitschrift zu lesen und gleichzeitig dem großen Kater
einen selbstgefälligen „Ich-hab‘s-dir-ja-gesagt“-Blick zuzuwerfen. Sie
beschloss, das erst mal
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