Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
sicher,
dass sein Einschüchterungskonzept sehr effektiv war. Deshalb beschloss Adrian,
erst einmal abzuwarten. Er würde auf der Hut sein und die anderen vorerst nicht
beunruhigen. Zufrieden mit seinem Entschluss machte er sich auf den Weg zu
Miris zukünftigem Haus. Vielleicht war ja irgendein Drache da, den man ärgern
konnte. Das Unterhaltungsprogramm hatte sich signifikant verbessert, seit die
beiden Frauen mitsamt ihrer Entourage hier eingezogen waren. Fröhlich pfiff er
vor sich hin. So eine Verfolgungsjagd leistete jedes Mal gute Dienste, um die
eigene Laune zu heben. An der Stelle, wo er den Mann zu Boden geworfen hatte,
lag etwas am Boden. Neugierig bückte er sich und hob es auf. Ein Brief.
Gerichtet an Miri, allerdings versehen mit einer ihm unbekannten Adresse. Hatte
das der Mann verloren? Er zuckte mit den Schultern. Er würde ihn beim Haupthaus
vor die Tür legen.
Auf
dem Nachhauseweg hörten Miri und Kaja lautstark Musik von den Dixie Chicks .
Sierra hatte ihnen die CD geliehen. Maxi schaukelte Nepomuk auf ihren Knien.
Zum Glück war er klein. Die Drachin hatte ihre Größe nur geringfügig angepasst.
Die Flügel waren ungefähr dreimal gefaltet. Ihr Kopf stieß ans Wagendach und
die Knie reichten ihr bis fast unters Kinn. Es war gerade noch genug Platz für
den kleinen Hund. Seine Ohrspitzen wippten im Takt.
Miri,
die nicht fahren musste, beobachtete die beiden. „Manchmal bin ich mir nicht
sicher, ob er nicht doch eher eine Fledermaus ist, bei den Ohren.“
„Das
stimmt schon. Andererseits fehlen ihm definitiv die Flügel.“
„Vielleicht
gibt ihm Maxi etwas ab. Vernarrt genug in den Kleinen ist sie ja.“
„So
sehr nun wieder auch nicht“, beeilte sich die Drachin klarzustellen. „Alles was
recht ist. Aber meine Flügel brauche ich selber.“ Kopfschüttelnd wandte sie
sich wieder dem Chihuahua zu. Flink wischte seine rosa grau gefleckte Zunge
über ihre Schnauze.
„Lecker“,
grinste Miri.
So
würdevoll wie es einem eingequetschten Drachen, dem gerade eine
Miniaturhundeausgabe quer übers Gesicht geleckt hatte, möglich war, wischte sie
sich das Gesicht mit einer Pranke ab.
„Wieso
quetscht du dich denn in das Auto?“
„Was
soll ich denn sonst machen – fliegen etwa?“
„Zum
Beispiel. Oder mehr schrumpfen.“
Maxi
druckste herum. „Ich habe mir heute früh bei einem doppelten Salto den linken
Flügel verrenkt. Bis das geheilt ist, kann ich weder viel größer noch viel
kleiner werden.“
„Ich
weiß, wer heute in der Scheune schläft...“, trällerte Kaja.
Miri
musste schmunzeln. „Hat es sich wenigstens gelohnt?“
Misstrauisch
blinzelte die Drachin sie an. „Was meinst du damit?“
„Ich
nehme an, du wolltest jemanden beeindrucken.“
„Ach
ja, das. Doch, ich denke, das hat geklappt.“ Ein zufriedenes Grinsen breitete
sich auf ihren schuppigen Zügen aus.
„Dann
ist ja gut.“
Zu
Hause angekommen, machten sie sich gleich daran, das Auto auszuladen.
„Soll
ich dir helfen mit den Stoffen?“, fragte Kaja.
„Nein,
geht schon. Ich trage sie gleich ins Atelier rüber. Hast du Papier und Stift?
Dann können wir gleich noch grob die verschiedenen Kursangebote besprechen.“
„Klar.
Komm einfach ins Wohnzimmer, wenn du fertig bist.“
Als
Miri ins Haus zurückkehrte, stand Kaja mit ernster Miene am Fenster. „Ist was
passiert?“, fragte sie besorgt.
„Ja
und nein. Wirklich passiert ist nichts. Aber das hier habe ich auf der Treppe
vor dem Eingang gefunden.“ Kaja zeigte ihr einen Brief.
Miri
starrte entsetzt den inzwischen schon fast vertrauten weißen Umschlag an.
Kaltes Grauen erfasste sie. „Hier! Er weiß also, wo ich bin.“
„Sieht
ganz so aus“, antwortete ihre Freundin grimmig. Sie hielt ihr das schnurlose
Telefon hin. „Hier. Ruf Simon an. Frag ihn, auf welchen Polizeiposten du gehen
kannst und was du beachten sollst.“
Sie
wollte Simon nicht anrufen. Oder mit der Polizei sprechen. Das machte diese
verhassten Briefe und die Tatsache, dass jemand sie nicht besonders mochte, zu
real. Aber jetzt ging es nicht mehr nur um sie selbst. Nicht auszudenken, wenn
Kaja etwas passieren sollte. Schweren Herzens wählte sie Simons Nummer.
Am
Abend saßen sie zu fünft am Küchentisch. Simon hatte es sich nicht nehmen
lassen, noch vorbei zu kommen. Er erwartete einen lückenlosen Bericht über die
Vorkommnisse des heutigen Tages und die Anzeige gegen Unbekannt bei der
Polizei, die sie heute gemacht hatte.
„Gut“,
sagte er am Schluss ihrer
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