Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
zu fällen. Das fiel ihr sicher leichter, wenn sie in Bewegung
blieb. Ein Tritt gegen ihre Bauchdecke bekräftigte ihre Entscheidung. Zu ihrer
großen Freude spürte sie seit einigen Tagen die Bewegungen des Kindes deutlich.
Es gab ihr ein gutes Gefühl. Das Drachenkind wurde dadurch realer. Sie hatte
auch den Eindruck, es würde ihm gut gehen. War ja schließlich auch eine Suite
erster Klasse. Gut gepolstert und temperiert mit Nahrung à la discretion, noch
dazu alles umsonst. Sie tätschelte den Bauch.
„Genieße
es, kleines Drachenkind. Du wirst früh genug lauthals reklamieren müssen, bis
ich deine Wünsche erfülle.“
Gut
gelaunt ging sie los. Bald würde der kleine Drache aufhören, gegen ihre
Bauchdecke zu fliegen, eingelullt von der regelmäßigen Bewegung seiner
Transportbox, wie sie vermutete. In einem Olivenhain, der auf einer kleinen
Anhöhe wuchs, setzte sie sich auf einen großen Stein. Pausen waren schließlich
erlaubt. Sie vergewisserte sich, das Maxi tatsächlich nicht hier war. Diese
Entscheidungen musste und wollte sie alleine treffen. Dies schienen die Drachin
wie auch Josephine ohne Worte zu verstehen, worüber sie sehr froh war. In ihrem
Kopf herrschte nach wie vor ein heilloses Durcheinander. Das wollte sie heute
versuchen zu ordnen. Sie hoffte, damit die regelmäßigen Anflüge von Panik in
den Griff zu bekommen.
Miri
lehnte ihren Kopf an den knorrigen Stamm des Olivenbaumes. Also.
Fakt
1: Ihre berufliche Situation hatte sich zwar vollkommen geändert, aber
eindeutig zum Positiven. Sie konnte ihre Passion ausleben und, zumindest so wie
es bis jetzt aussah, sogar davon leben. Irgendwann wahrscheinlich besser als je
zuvor. Was nicht sonderlich schwierig war, wenn man den Hungerlohn, den ihr
Onkel ihr bezahlt hatte, betrachtete.
Fakt
2: Das Pächterhäuschen war fertig renoviert. Der Idiot hatte erstklassige
Arbeit geleistet. Ihre Gedanken drohten abzuschweifen. Zu seinen fordernden
Lippen auf den ihren, dem Gefühl seiner Muskeln unter ihren Händen... Stopp!
befahl sie sich energisch. Mit diesem Punkt würde sie sich später befassen. Alles
schön der Reihe nach. Die Rundumerneuerung konnte sich sehen lassen und sie
freute sich sehr darauf, es zu ihrem Zuhause zu machen. Nachdem sie so Hals
über Kopf abgereist war, herrschte im Moment noch ein ziemliches Durcheinander.
Aber das würde sie schnell ändern. Verwundert hielt sie inne. Obwohl es eine
sehr anstrengende und aufregende Zeit gewesen war, hatte sie ganz schön was
erreicht! Mehr als in den letzten drei Jahren zusammen. Ein kleiner Funken
Stolz und Zufriedenheit auf und mit sich selber machte sich in ihr breit. Sie
lächelte.
Fakt
3: Sie hatte hier zwei wunderschöne Wochen erlebt. Die Gegend und vor allem
Josephines Fürsorge waren Balsam für ihre Seele gewesen. Doch so sehr es ihr
hier auch gefiel, ihr Zuhause und ihre Freunde riefen nach ihr. Sie fühlte sich
allem, was kommen mochte, jetzt mehr gewachsen. Egal, welche Steine ihr das
Leben in Zukunft vor die Füße spucken würde. Und das würde es. Soviel hatte sie
jetzt begriffen. Es ging nicht darum, dass alles immer glatt lief, auch wenn
sie sich das vielleicht wünschte, sondern darum, was man daraus machte. Aber
sie war zuversichtlich, das zu packen, denn sie hatte die besten Freunde der
Welt. Auf ihre Verwandten konnte sie da gut verzichten. Sie streckte sich und
gähnte. Die Sonne machte sie schläfrig, obwohl sie, seit sie hier war, gefühlt
die meiste Zeit mit Schlafen verbracht hatte.
Fakt
4: Ihr war immer noch einen irren Stalker auf den Fersen. Bei dem Gedanken
verlor ihre Gelassenheit etwas von ihrer neugewonnenen Stärke. Vielleicht hatte
er durch ihre lange Abwesenheit den Spaß an der Sache verloren. Aber sie
glaubte nicht so richtig an diese bequeme Lösung. Sie nagte an ihrer
Unterlippe. Auf den Stalker selbst hatte sie keinen Einfluss. Sie konnte nur
bestimmen, wie sie mit der Situation umgehen wollte. Sie würde sich nicht
unterkriegen lassen. Wäre ja gelacht, wenn sie sich von so einem Kriminellen
ihr Leben bestimmen lassen würde. Außerdem hatte sie einen persönlichen Drachen
als Leibwächter. Dieser Gedanke beruhigte sie wieder und sie entspannte sich.
Es
half nichts. Auch wenn sie jetzt begann, Oliven zu zählen oder Wolkentiere zu
beobachten, irgendwann musste sie sich Punkt 5 zuwenden: Mathias. Der es mit
Leichtigkeit geschafft hatte, ihr gleichzeitig die schönsten und die schrecklichsten
Momente zu verschaffen. Sie schloss die Augen. Eine
Weitere Kostenlose Bücher