Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
Kopfschmerzen und ein
brennendes Stechen in der Schulter raubten ihr den Atem. Sie schloss die Augen
wieder. Vielleicht war es im Wasser gar nicht so schlimm. Schlimmer als der
Schmerz in ihren Schultern konnte es gar nicht werden.
Eine
Ohrfeige holte sie zurück in die Wirklichkeit.
„Reiß
dich zusammen“, zischte Maxi. „Mathias hält dich fest.“
Tatsächlich.
Ein paar strahlend blaue Augen musterten sie besorgt. Starke Hände umfassten
ihre Handgelenke. Die Anstrengung und der Stress der Situation standen ihm ins
Gesicht geschrieben. Ein warmes Gefühl breitete sich von ihrem Bauch aus
Richtung Herz, welches heftig klopfte. Sie war noch nie so froh gewesen,
jemanden zu sehen.
„So
sieht man sich wieder“, versuchte sie einen Scherz.
Tatsächlich
rang er sich ein schiefes Lächeln ab. „Das hatte ich mir zwar anders
vorgestellt. Aber man nimmt, was man kriegen kann.“ Er zwinkerte ihr zu. „Jetzt
wollen wir mal sehen, ob wir dich hier hoch ziehen können. Wie viel Kraft hast
du noch?“
„Keine?“
Offensichtlich
war das die falsche Antwort gewesen. Seine Pupillen weiteten sich vor Schreck.
Ihr gegenüber blieb er jedoch ganz ruhig.
„Kein
Problem. Ich hab dich. Ich werde mich jetzt hinter diese senkrechte Stange des
Geländers setzen und versuchen, deine Hüften mit meinen Beinen zu umfassen.“
Langsam
schob er sich vorwärts, bis er an der Kante der Plattform saß. Vorsichtig schob
er seine Gliedmaßen unter ihre Achseln. Ihm brach der Schweiß aus, als er
merkte, wie ihre Hände am Geländer abzurutschen drohten. Endlich konnte er
seine Füße hinter ihrem Rücken verschränken. Er versuchte sie hochzuziehen.
„Ich
kann nicht mehr“, flüsterte sie verzweifelt. „Und mein Bauch ist im Weg.“
„Du
machst das toll. Mehr Hilfe ist unterwegs. Los, wir versuchen es noch ein
letztes Mal. Ich zähle auf drei. Eins, zwei, ...“
Bei
drei war Maxi plötzlich wieder zur Stelle und half von unten kräftig nach. Mit
dem Resultat, dass sie plötzlich halb auf der Plattform und halb auf Mathias
lag.
„Wow“,
rief dieser überrascht. „Da scheinen ja verborgene Kraftreserven aufgetaucht zu
sein.“
Miri
lächelte erschöpft. „Adrenalin.“
Sie
ließ den Kopf auf seine Brust sinken. Erleichtert über die erfolgreiche Rettung
legte er einen Arm um sie. Zum Glück war er rechtzeitig hier gewesen. Ein paar
Minuten früher wären allerdings besser gewesen. Er hatte nur noch hilflos
zusehen können, wie sie das Gleichgewicht verloren hatte. Blind vor Wut und
Sorge hatte er sich auf den Mann gestürzt und ihm einen Kinnhaken verpasst, der
ihn zu Boden geworfen hatte.
Mathias
schaute um sich. Wo war der eigentlich? Da drüben lag er. Unnatürlich still.
Ein Schauder überlief ihn. Miri, die praktisch immer noch auf ihm lag, führte
das auf ihre nassen Kleider zurück.
Verlegen
richtete sie sich auf. „Tut mir leid, du bist ganz nass. Hoffentlich erkältest
du dich nicht.“
Sie
legte den Kopf schief. Sirenen, die näher kamen. Gut. Offensichtlich hatte
jemand die Rettung alarmiert. „Die Sanitäter haben bestimmt eine Decke für
dich.“ Abgelenkt von ihrem Gequassel vergaß er den reglosen Mann für einen
Moment.
„Ich
bin sicher, mein nasses T-Shirt wird deren größte Sorge sein“, antwortete er
belustigt.
„Mir
geht es gut“, verteidigte sie sich. Tatsächlich spürte sie nicht mal mehr ihren
Kopf.
„Auch
bekannt als Schock“, belehrte er sie und zog sie wieder an sich. Da sie sich
nicht wehrte, war seine Einschätzung vermutlich richtig.
In
Kürze wimmelte auf der Plattform von Polizisten und Sanitätern. Miri wurde ins
Krankenhaus nach Schaffhausen verfrachtet, um gründlich durchgecheckt zu
werden. Mathias musste zusammen mit dem Ticketverkäufer noch eine ganze Weile
bleiben und Fragen beantworten. Miris Onkel war nicht tot, wie er im ersten
Moment befürchtet hatte. Er hatte einen Schlaganfall erlitten und lag momentan
im Koma. Der Schlag, den Mathias ihm verpasst hatte, hatte damit sehr
wahrscheinlich nichts zu tun. Unangenehm würde es trotzdem werden. Nach
gefühlten fünf Stunden – vermutlich waren es eher zwei – durfte er endlich
gehen.
Sierra
war in der Zwischenzeit angekommen und wartete auf dem Parkplatz auf ihn. „Mein
Held“, sagte sie und schloss ihn fest in die Arme.
Er
erwiderte die Umarmung. „Weißt du wie es Miri geht?“
Seine
Schwester trat einen Schritt zurück. „Gut. Sie behalten sie heute über Nacht im
Krankenhaus. Wegen der Gefahr einer
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