Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
Kinesio-Tape geklebt. Das half erstaunlich gut. Heute hatte sie
noch einiges vor. Duschen, anziehen, Sitzung mit Kaja, Abarbeiten der neuesten
Bestellungen, Fertigstellen der Spezialanfertigung für eine Kundin von
Sierra...
Als
sie an Sierra dachte, fiel ihr Mathias ein. Sie konnte immer noch nicht richtig
glauben, dass er rechtzeitig dagewesen war, um sie zu retten. So wie Maxi ihr
später erzählt hatte, war Adrian, kurz nachdem sie losgefahren war,
eingefallen, wo er die Stimme schon einmal gehört hatte. Blitzschnell hatte die
Drachin eins und eins zusammen gezählt: Der Stalker / Drohbriefschreiber und
ihr gewalttätiger Onkel mussten ein und dieselbe Person sein.
Maxi
hatte telepathisch Lance alarmiert, der die Information sofort an Kaja weiter
gegeben hatte. Diese befand sich in diesem Moment mit Sierra am Telefon, die
wiederum Mathias zu Besuch hatte. Kaum hatte er diese bedrohlichen Neuigkeiten
gehört, war er schon unterwegs zum Rheinfall. Die Drachin, die ganz gewiss
nicht vorhatte, zu Hause zu warten und Däumchen zu drehen, machte sich
ebenfalls auf den Weg. Mit einem Stein und Erde des Hofs im Sack, damit diese
Nervensäge von Geist auch mitkommen konnte. Wenn sie die ganzen Vorfälle dieses
Tages nicht immer noch so fertig gemacht hätten, hätte sie gelacht über die
Komik der Situation.
Kaja
wie auch der Mann am Ticketschalter hatten inzwischen die Polizei alarmiert.
Ende gut, alles gut.
Miri
schreckte aus ihren Gedanken auf. Maxi kam zur Tür reingeschlurft, Nepomuk im
Schlepptau. Spielerisch versuchte er ihre Schwanzspitze zu fangen.
„Weißt
du, er wäre definitiv alt genug zu lernen, dass er das lassen soll.“
Das
große geflügelte Untier winkte ab. „Lass ihn doch, er ist doch noch so klein.“
Miri
schmunzelte. „Wirst du etwa weich aufs Alter? Im Vergleich zu dir ist jeder
klein. Für immer. Er sowieso. Der ist ja beinahe schon ausgewachsen.“
„Kann
schon sein“, grinste Maxi gutmütig. „Du bist ja bloß neidisch, weil ich dir
gegenüber nicht gleichermaßen nachsichtig bin.“ Geschickt füllte sie die
Cafetiere mit Kaffeepulver und Wasser.
Miri
schnüffelte genießerisch das Aroma der gemahlenen Bohnen.
„Was
mich auf meine heutige Mission bringt. Hast du Mathias endlich angerufen?“
Miri
verdrehte die Augen. „Nein. Aber ich habe es mir fest vorgenommen.“
„Für
nächstes Jahr?“, brummte die Drachendame misstrauisch.
„Für
heute. Zufrieden?“
„Erst,
wenn du es auch tatsächlich gemacht hast.“
„Bist
du aber misstrauisch!“ Sie hatte ihn nach dem besagten Tag nur einmal kurz im
Krankenhaus gesehen. Da hatte sie sich natürlich bedankt. Zu viel mehr war sie
allerdings nicht mehr imstande gewesen.
„Aus
gutem Grund. Du schiebst es seit Tagen schon vor dir her!“
Da
das stimmte, beschloss sie das Thema zu wechseln. „Ich geh duschen.“
„Gut.
Dann bist du wenigstens sauber, wenn du telefonierst.“
Während
Miri ihr Tagesprogramm absolvierte, lauerte ihr an jeder zweiten Ecke dieser verflixte
Drache auf. Zusätzlich hatte sie offenbar Adrian rekrutiert, der ihr
pflichtbewusst das Telefon von einem Standort zum nächsten nachtrug. Seit dem
verhängnisvollen Treffen mit ihrem Onkel hatten die beiden eine Art
Waffenstillstand geschlossen. Das konnte ja heiter werden, wenn die zwei sich
von nun an miteinander verbündeten. Immerhin kamen sie jetzt besser aus
miteinander. Das entspannte das Zusammenleben sehr. Miri hatte sie nie darauf
angesprochen, doch sie war sich ziemlich sicher, dass die beiden die Apoplexie
ihres Onkels mit verursacht hatten. Wofür sie sehr dankbar war, so krass sich
das vielleicht anhörte. Sie glaubte nicht, dass er aus dem Koma je wieder
erwachen würde. Ihr ersparte das den emotionalen Stress eines Strafverfahrens.
Das hätte ihr jetzt noch gefehlt.
Und
Mathias Rolle bei dem Drama war auch ziemlich schnell geklärt worden. Der
Angestellte beim Rheinfall hatte gesehen was geschehen war. Zwar war Onkel Paul
von Mathias Schlag niedergestreckt worden. Kurz darauf hatte er sich bereits
wieder aufgerichtet und wollte sich eben von hinten auf Mathias stürzen, der
versuchte Miri zu helfen. Mitten in der Bewegung war er aber rücklings auf den
Boden der Plattform gestürzt.
„Du
hast an Mathias gedacht“, unterbrach Maxi ihr Gedankenkarussell.
„Du
schon wieder! Hast du nichts anderes zu tun?“ Langsam war Miri genervt.
„Ich
weiß, ich weiß. Nervig, nicht? Ruf ihn an und wir lassen dich in Ruhe!“
Sie
drehte sich
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