Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
den Sturm an.
»Unmöglich!«, wehrte der Maat ab. »Ich kann keinen meiner Männer mehr da hinaufschicken. Das wäre Mord!«
»Und ich kann es mir nicht leisten, meine Segel zu verlieren«, rief Tom zurück.
»Ich steige hinauf«, bot Cay an. Tom warf ihm einen prüfenden Blick zu. »In Ordnung. Ich komme auch mit. Wir brauchen noch zwei Freiwillige.« Er akzeptierte die Elbe mit einem Nicken.
»Ich komme auch mit«, sagte Saranga ruhig und gürtete ihr Schwert los.
»Hast du so etwas schon einmal gemacht?«, fragte Cay unfreundlich.
»Nein, aber ich bin stark und geschickt. Du wirst mir sagen, was zu tun ist.« Ihre Blicke trafen sich.
»Wenn du von dort oben herunterfällst, ist das dein Tod!«
»Ich weiß.« Etwas wie gegenseitiger Respekt war in ihren Augen zu lesen.
»Also dann los!«, rief Tom. »Ibis kommt mit mir auf diese Seite und Saranga geht mit Cay.«
Sie stiegen in die Wanten. Das Schiff neigte sich zur Seite und richtete sich unvermittelt wieder auf. Dann schlingerte es ein Stück nach vorn. Der Regen peitschte ihnen ins Gesicht und nahm ihnen die Sicht. Das Getöse der Wogen und des Sturmwinds war so laut, dass sie sich nur mit Zeichen verständigen konnten. Es war schwierig, die nassen Segel einzuholen und festzuzurren. Einmal wäre Saranga beinahe ausgeglitten und gefallen, doch Cay erwischte sie am Arm und hielt sie fest, bis sie das Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Sie wechselten nur einen Blick und arbeiteten verbissen weiter.
Als die Männer den Kapitän und die Passagiere oben in den Wanten sahen, fasste sich eine zweite Gruppe ein Herz und stieg am Fockmast hoch, um die restlichen Segel einzuholen.
Der Sturm tobte bis in die Nacht. Tom übernahm das Steuer. Die anderen blieben in seiner Nähe.
»Seht ihr das?«, rief Ibis plötzlich und deutete in die Nacht. Der Sturm schien ihr nicht das Geringste auszumachen. »Diese weiße Gischt.« Die anderen traten zu ihr, doch ihre Augen waren nicht so gut.
»Hier ist überall Gischt«, rief Cay. »Was meinst du?«
»Ich weiß nicht. Das sieht anders aus. Es ist immer an der gleichen Stelle, und wir halten direkt darauf zu. Und dahinter ist etwas. Ein Schatten.«
Cay erbleichte, obwohl er nichts von dem erkennen konnte, was die Elbe beschrieb. Er rannte zu Tom, der sich an das Steuerrad gebunden hatte, um nicht über Bord gespült zu werden.
»Beidrehen«, schrie er. »Nach backbord beidrehen. Wir haben Felsen direkt voraus. Ibis hat sie gesehen.«
Tom fragte nicht nach. Zusammen stemmten sich die Männer gegen das Steuerruder. Würde das Schiff rechtzeitig abdrehen oder trieben sie direkt auf die Klippen zu? Mit den kläglichen Resten an Segeln war die Seeschlange ein Spielball der Wogen.
Ibis kam angelaufen. »Wir passieren die Felsen steuerbord. Da muss eine Insel sein.«
»Versucht die Tiefe zu loten«, schrie Tom den Maat an. »Wenn wir Grund haben, lasst die Anker runter!«
»Und wenn die Ketten reißen?«
»Gib ihnen so viel Vorlauf, wie wir auf der Winde haben. Wenn das nicht reicht, dann können wir nur noch zu den Göttern beten, dass wir nicht an den Felsen zerschellen.«
Kurz darauf rasselten die Ketten, und die beiden schweren Anker klatschten ins Wasser. Das Schiff warf sich noch immer hin und her, aber die Anker schienen ihre Weiterfahrt aufzuhalten. Endlich zog das Gewitter ab, der Regen versiegte und die Wellen beruhigten sich ein wenig. Tom ließ die Hälfte seiner Mannschaft ihre Kojen aufsuchen. Auch die Passagiere gingen in die Kabinen hinunter. Cay, Ibis und auch Seradir wurden von ihren Freunden ängstlich erwartet.
»Es ist überstanden«, sagte Cay und zog sich die nassen Sachen aus. Rolana reichte ihnen ein paar Laken und die trockenen Kleider aus ihren Bündeln. So gut es ging, richteten sie sich in der engen Kajüte ein und schliefen erschöpft ein.
Ein fahles Morgenlicht lag über der noch immer aufgewühlten See, als Cay wieder an Deck kam. Er sah Tom an der Reling stehen und trat zu ihm.
»Ich weiß nicht, was ich mir vorgestellt habe«, sagte der Kapitän. »So etwas jedenfalls nicht!«
Cay nickte. »Ich denke, wir haben unser Ziel erreicht.« Schweigend sahen sie zu den Ruinen einer einst prächtigen Stadt hinüber. Noch immer waren die Reste von Mauern, Säulen und Treppen zu erkennen, die vom heißen Drachenatem geschwärzt waren. Dahinter erhoben sich zwei Vulkankegel, deren Aschehänge in Rot-und Gelbtönen leuchteten. Dazwischen führten schwarze Lavaströme herab, die bereits vor
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