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Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)

Titel: Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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brachte, statt ihrer Seele Ruhe zu geben. Der neue Tempel war um diese Zeit sicher voller Menschen, von denen die Mehrheit vermutlich nicht zum Beten kam, sondern um das Wunder der Baukunst zu bestaunen. Er stand mitten in der Stadt auf einem kleinen Hügel, umgeben von lärmenden Straßen und den Prachtbauten der führenden Ratsmitglieder. Wie sollte man den Gott des Mondes an diesem Ort finden? Früher waren die Menschen vor die Stadt gegangen, um im Einklang mit der Natur zu Soma zu finden. Doch schon in ihrer Kindheit hatten dort draußen im alten Tempel keine Priester mehr gedient, und inzwischen war die Säulenhalle sicher zur Ruine verfallen. Die Natur würde sich die Reste holen. Rolana sah geborstene Säulen und moosbedeckte Mauern vor ihrem inneren Auge. Farne sprossen aus den Rissen, die zwischen den weißen Marmorblöcken klafften. Eine Eibe wiegte ihren Gipfel im Wind. War das nicht der richtige Ort?
    Rolana strebte dem Tor zu, das vom Hof des Gasthauses auf die Hauptgasse hinausführte. Sie wollte nur rasch ihren Umhang holen und Ibis Bescheid geben, wohin sie ging. Offensichtlich wollte die Elbe ebenfalls gerade aufbrechen, denn sie hatte das Schwert umgebunden und das Messer im Gürtel, als Rolana sie am Fuß der Treppe traf, die zu den Gästekammern hinaufführten.
    »Ich werde mir den alten Mondtempel am Stadtrand ansehen und bin bis zum Dunkelwerden zurück. Nur dass du den anderen Bescheid sagen kannst, wenn ihr früher wieder hier eintrefft. – Nicht dass Cay sich Sorgen macht!«, fügte sie mit einem schiefen Lächeln hinzu.
    Die Elbe grinste breit. »Ja, ist gut.« Ibis ging zur Tür und verschwand. Rolana holte ihren Umhang und ging dann zum Stall, um ihre Stute zu satteln. Sie führte das Tier gerade aus dem Hof, als Ibis auf sie zueilte und über den Morast schlitternd neben ihr stehen blieb.
    »He, warte mal. Du meinst doch nicht etwa die Ruinen nördlich vor dem Stadttor? Dort am Waldrand, wo auch der alte Friedhof ist?«
    »Doch, das ist der Mondtempel, warum?«
    »Lass das lieber. Das ist kein guter Ort. Viel zu gefährlich.«
    Rolana lächelte die Elbe an. »Nett, dass du dich um mich sorgst, aber das ist nicht nötig. Ich kenne mich in der Stadt aus. Ich bin hier aufgewachsen.«
    Die Elbe schüttelte den Kopf, dass die grünlich schimmernden Haare flogen. »Das hat damit nichts zu tun. Bleib hier im Hof und warte auf die anderen. Ich muss nur kurz weg, etwas besorgen – und etwas herausfinden.« Sie zwinkerte. »Dann bin ich sofort wieder zurück und kann dir eine Lektion in Drachenpoker geben. Den anderen wird Hören und Sehen vergehen, wenn wir das nächste Mal spielen. Ich sage dir, die machen gegen dich keinen Stich mehr!«
    Rolana hob die Augenbrauen. »Ach, und gegen dich? Habe ich da dann auch eine Chance?«
    Ibis schüttelte frech grinsend den Kopf. »Nein, das ist etwas anderes.«
    »Dachte ich es mir doch«, murmelte Rolana und wollte ihren Weg fortsetzen, doch Ibis legte die Hand an die Zügel der Stute.
    Die junge Priesterin runzelte die Stirn. »Hat etwa Cay dir gesagt, du sollst mich hier nicht weglassen?«
    »Nein!«, rief Ibis. »Und nun gib mir bitte die Zügel, damit ich dein Pferd zurück in den Stall bringen kann.«
    Rolana lehnte ab, sanft, aber bestimmt. »Ibis, es besteht kein Grund zur Sorge. Ich habe nicht erst gestern die schützenden Mauern meines Klosters verlassen und bin durchaus in der Lage, für ein paar Stunden selbst auf mich aufzupassen. Deshalb werde ich nun diesen Tempel besuchen!«
    Ibis seufzte und hob resignierend die Schultern. »Also gut. Wenn es dir so wichtig ist, dann komme ich mit dir. Warte, bis ich mein Pferd gesattelt habe, dann können wir aufbrechen.«
    Kurz darauf ritten die beiden Frauen durch die überfüllten Gassen bis zum Tor und trabten dann aus der Stadt hinaus. Ein ausgetretener Pfad führte auf den Waldrand zu, wo die Bewohner von Ehniport vor vielen hundert Jahren einen Tempel zu Ehren des Mondgottes Soma errichtet hatten. Viel benutzt wurde der Weg heute nicht mehr, so dass Gras und Kräuter sich auf ihm ausbreiteten.
    Die beiden Frauen stiegen ab und banden ihre Pferde an der hohen Eibe fest. Bedächtig schritt Rolana durch die Ruinen, blieb immer wieder stehen, berührte einen Stein und schloss die Augen. Reglos stand sie dann einige Augenblicke da, als könnte der Stein ihr erzählen, was an diesem Ort schon alles geschehen war.
    »Ich weiß immer noch nicht, was du ausgerechnet hier suchst. Sprechen die alten Gemäuer

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