Das Drachentor
durch etwas Festes bohrte und hinein in etwas sehr Weiches glitt.
Revyn zerrte das Schwert zurück. Der fremde Krieger versank irgendwo unter den Krallen und Füßen der anderen. Alles flirrte vor Revyn. Er drehte sich, sein Blick irrte über das grässliche Chaos, das entweder zu schnell oder zu langsam geworden war, um begriffen zu werden.
Dann entdeckte er Twit. Er stand direkt vor ihm, aber Revyn sah ihn nur schwach. Erst jetzt merkte er, dass er wie erstarrt auf Palagrin saß und sich nicht mehr bewegen konnte. Nur das Schwert in seiner Hand bebte.
Twits Helm war verschwunden, auch sein Drache war fort. Dunkle Rinnsale bedeckten sein Gesicht und verklebten seine Haare. Seine Rüstung war kaum wiederzuerkennen; die lange Klinge seines Schwertes war blutverschmiert.
»Kämpfe!«, brüllte er. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer irrsinnigen Fratze. » Kämpfe! Verflucht, KÄMPFE! KÄMPFE!« In diesem Augenblick sah Revyn das Schwert, das sich über Twit erhob. Er sah, wie Twit »Kämpfe!« schrie, schrie, bis sein Gesicht unter all dem Blut dunkelrot wurde, ohne das Schwert hinter sich zu bemerken. Revyn starrte ihn an. Und dann stieß er zu.
Mit dem grässlichen Geräusch der sich hineinbohrenden Klinge kehrte der Lärm der Schlacht zurück. Blut übergoss den Kopf des Angreifers, dann verschwand auch er auf dem Boden. Twit war zurückgewichen und sah Revyn mit einem Ausdruck an, der ihm bis ins Mark ging. Dann nahm Twit eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahr und warf sich erneut in die heulenden Massen.
Männer in Fellen, in Rüstungen und Lederharnischen stürzten auf Revyn zu. Männer mit Bärten, Jungen kaum älter als er selbst, auch Frauen, manche schreiend, manche mit weit aufgerissenen Augen. Er vergoss ihr Blut. Es klebte bald an seiner Klinge, an seiner Hand, seinem Hals, bis er keine Gesichter mehr wahrnahm und keine Schreie mehr hörte. Er sah nur noch Waffen und die Arme, die sie führten. Seine Angreifer waren keine Menschen mehr. Er war kein Mensch mehr. Sie alle waren nur Schemen, nur Geister.
Um einen Drachenkrieger von seinem Tier zu holen, musste man ihn verwunden oder seinen Drachen töten - so rann Revyn bald der Schweiß unter der Rüstung, während er seine Füße, seine Beine und vor allem Palagrin verteidigte. Er atmete keuchend, aber er wurde sich seiner Erschöpfung nicht bewusst. Vor seinen Augen begannen schwarze Punkte zu flimmern, als fräße sich das Nichts in die schreckliche Wirklichkeit.
Erneut stürzte ein Krieger auf ihn zu. Er schwang ein kurzes Schwert, um Palagrin die Kehle durchzuschneiden. Revyn bemerkte es zu spät. »Nein!« Er ließ sich nach vorne fallen, holte mit dem eigenen Schwert aus, doch in diesem Moment machte Palagrin eine unerwartete Bewegung in die entgegengesetzte Richtung und Revyn rutschte halb vom Drachenrücken. Während er sich gerade noch an seinen Hals klammern konnte, spürte er einen betäubenden Schmerz im Oberarm.
Die Klinge des Fremden war genau zwischen seine Armschiene und seinen Schulterpanzer gefahren. Das Schwert rutschte ihm aus der Hand, doch noch im selben Augenblick sank ein Erschlagener gegen ihn, der einen Bogen umklammerte. Revyn riss den Bogen an sich und zog dem Toten eine Handvoll Pfeile aus dem Köcher. Wankend legte er einen Pfeil auf, zielte kaum richtig und schoss schon ab - der Pfeil traf seinen Gegner in die Brust, als er zu einem zweiten Schwertstreich ausholen wollte. Revyn sah nicht mehr, wie er umknickte. Alarmiert galoppierte Palagrin los und preschte im Zickzack durch das Schlachtgetümmel.
Geschrei und Gesichter zogen an ihnen vorbei, doch Revyn erkannte nichts mehr. Mehr schlecht als recht hielt er sich an Palagrin fest. Er spürte nur den trommelnden Schmerz in seinem Oberarm.
Mit blinden Augen überließ er Palagrin alles - nur weg, weg wollte er. Und weg von der Schlacht galoppierte der Drache.
Der Abend dämmerte, als Revyn aus dem Schlaf oder der Ohnmacht erwachte. Palagrin schien die ganze Zeit durchgelaufen zu sein. Schweiß und Blut waren zu klebrigen Streifen geronnen und durchzogen sein Fell.
Als Revyn sich aufsetzte, drang ein glühendes Stechen durch seinen Arm. Er zuckte zusammen und versuchte, einen Blick auf die Verletzung zu werfen. Rinnsale von Blut bedeckten seinen Armpanzer.
»Wo sind wir?«, flüsterte er rau. Er sah sich um. Weit und breit waberte bläuliches Grau. »Palagrin, wo gehst du hin? Wo ist das Heer? … Die Krieger …« Seine Stimme klang schrecklich leise und
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