Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Drachentor

Titel: Das Drachentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
Vom Netzwerk:
Hörner, schriller als zuvor, bis sie in den Reihen der Feinde ihr Echo fanden. Revyns Augen wanderten an den Himmel über dem myrdhanischen Heer. Nichts. Nur weite, dunstige Leere. Sekunden vergingen. Und dann lösten sich Umrisse aus dem wässrigen Weiß der Nebel und Wolken.
    Doch aus den wenigen Tieren wurde kein schwarzer Schwarm, der den Himmel verdunkelte, wie Revyn befürchtet hatte. Fünfzehn, zwanzig Winddrachen zählte er. Einen Atemzug später rauschten mächtige Schatten über ihn hinweg, bis sich das Heer in ein flimmerndes Fleckenmuster aus Hell und Dunkel verwandelt hatte. Die Drachen von Haradon flogen direkt auf das Schlachtfeld zu, und fast im selben Augenblick, in dem ihre Feuer aufglühten, schossen die Drachenkrieger der myrdhanischen Legion ihre Pfeile ab.
    Befehle wurden geschrien, aber Revyn vernahm nichts außer der mächtigen Bewegung des Heeres, als die Krieger wie ein Mann ihre Schilde hoben. Er selbst richtete sich auf und hielt seinen Schild gerade rechtzeitig über sich und Palagrin. Ein Hagel brennender Pfeile prasselte um ihn herum zu Boden. Palagrin brüllte auf, Revyn umklammerte ihn noch fester und versuchte, ihm zuzureden, aber er hörte sich im Sirren und Zischen der Geschosse kaum selbst. Irgendwo hinter und neben ihm erklangen schrille Schreie, Pferdegewieher und tiefe Drachenlaute - er wurde dichter an Palagrin gedrückt, als sich ein Pfeil in seinen Schild bohrte. Revyn spürte weder sein eigenes Zittern noch das erschrockene Aufstampfen von Palagrin, denn nun begann der Boden unter ihnen zu beben. Ein lang gezogener Schrei wehte durch die Kriegerreihen. Dann noch einer und noch einer. Immer wieder erbebte die Erde unter ihnen, wenn einer der Drachen abstürzte. Durch die Schreie drang das Kreischen der Hörner an Revyns Ohren, er spürte, wie rings um ihn Bewegung ausbrach. Der erste Pfeilangriff war überstanden. Nun drängten die Heere aufeinander zu. Er musste Palagrin gar nicht antreiben. Palagrin stürmte von alleine los, aus Panik vor der dröhnenden Macht, die hinter ihnen anrückte, und Revyn wurde zurückgerissen. Irgendwie schaffte er es, sich den Schild an den Oberarm zu schieben und sein Schwert zu ziehen. Mit der anderen Hand hielt er sich am Mittelhorn fest. Alles andere verschwamm um ihn.
    Mit Peitschen und Schreien angetriebene Drachen überholten sie. Revyn sah aus den Augenwinkeln, wie mehrere Reiter, die nach vorne gestürzt waren, einen Augenblick später unter einem fallenden Drachen begraben wurden. Der Boden erzitterte erneut, Palagrin kam ins Straucheln, aber einen Herzschlag später taumelte er wieder auf den unvermeidlichen Zusammenstoß mit den Myrdhanern zu.
    Die Drachenkrieger preschten über die toten Drachen hinweg - manche fielen auch, als ihre Reittiere über die Körperteile stürzten -, zertrampelten alles unter sich, Pfeile, Feuer, Metall, Männer. Das feindliche Heer kam in rasender Geschwindigkeit auf sie zu. Zweimal ein heftiges Keuchen, Finger krallten sich um den Schwertgriff - dann prallten die vordersten Reihen aufeinander.
    Revyn duckte sich vor einer breiten Streitaxt, die über ihn hinwegmähte und einen Reiter hinter ihm statt seiner aus dem Sattel riss. Vor seinem Visier brach ein Gewimmel aus, zu schnell, um vom Auge erfasst zu werden. Drachenklauen zuckten durch die Luft, Köpfe schlugen auf den Boden, Schwerter glitten klirrend aus eisernen Scheiden und zersplitterten Lanzen. Pfeile sirrten strudelnd durch das Menschendickicht, Speere zischten durch die Körpermassen und endeten in jähen Schreien. Palagrin stellte sich auf die Hinterbeine und schlug mit dem Schwanz um sich. Binnen Sekunden entstand dadurch ein leerer Kreis um sie, der sich einen Augenblick später wieder füllte. Eine Lanze flog auf Revyn zu, er hob seinen Schild und das Geschoss schlitterte über seinen Kopf hinweg. Er drehte sich um, Palagrin bäumte sich erneut auf, ein Pferd fiel gegen sie und zog sie fast mit sich zu Boden. Von irgendwo spritzte Blut auf Revyn. Seine Lippen zitterten, als es warm von seinem Helm herabtropfte und ihm rote Streifen über Mund und Kinn zog. Plötzlich stand ein Krieger vor ihm.
    Er schrie furchterregend, holte mit einem Beil aus und hackte nach Revyn.
    Im letzten Augenblick wehrte Revyn den tödlichen Hieb mit seinem Schwert ab. Palagrin taumelte unter der Wucht des Schlags zur Seite. Wieder sauste das Beil auf sie zu, und Revyn stieß mit dem Schwert zurück, panisch, immer wieder, bis er fühlte, wie die Klinge sich

Weitere Kostenlose Bücher