Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
höchstwahrscheinlich nicht, aber ich versuchte es trotzdem.
Ich wartete.
Ein Ächzen und Quietschen, die Fahrstuhltür ging kreischend auf, und ein warmer Schwall von Uringestank entwich ins Treppenhaus.
Scheiß drauf.
Ich nahm die Treppe.
Laut Auskunft von Katies Freundinnen war Noah McCarthy siebzehn und wohnte mit seiner Mutter im vierzehnten Stock. Sie arbeitete als Krankenschwester am Castle Hill Infirmary – eine glückliche Fügung, denn ihr kleiner Sonnenschein würde dringend ärztlicher Hilfe bedürfen, wenn ich mit ihm fertig war.
Katie wurde am Montag gerade mal dreizehn, und der Mistkerl war siebzehn.
Ich schleppte mich von Stockwerk zu Stockwerk. Von jedem Absatz ging ein schmuckloser betonierter Balkon ab, wo die kalte Morgenluft sich mit dem Gestank nach alter Pisse mischte. Ich stieg höher und höher, bis meine Lunge wie Feuer brannte.
Als ich den vierzehnten Stock erreicht hatte, trat ich hinaus auf den Balkon. Der Wind pfiff durch den Betonkorridor und verwandelte die Regentropfen in Schrotkugeln, die gegen die Wohnungstüren prasselten.
Ich zählte die Türen ab. Vierzehn-Zehn, Vierzehn-Elf, Vierzehn-Zwölf, Vierzehn-Dreizehn, und dann ging es um die Ecke. Der Wind ließ nach, ich war jetzt auf der Lee-Seite des Gebäudes. Vierzehn-Sechzehn war fast genau in der Mitte, von wo der Blick über den betonierten Innenhof zwischen Millbank East, North und West ging. Der Regen prasselte auf die asphaltierten Wege tief unter mir.
Aus der Nachbarwohnung kam fröhliches Gedudel – eine Frau sang zu einem Lied im Radio.
Ich trat ein paar Schritte zurück, bis ich an die Balkonbrüstung stieß, dann trat ich die Tür von Nummer sechzehn aus den Angeln. RUMMS .
Tief durchatmen. » NOAH MCCARTHY ! KOMM RAUS AUS DEINEM LOCH , JETZT WIRD ABGERECHNET !«
Und rein. Ich zog meine Lederhandschuhe an. Wegen so einem kleinen Scheißer wie Noah McCarthy würde niemand einen DNS -Test anleiern. Nicht, solange er noch atmete.
Die Diele war gerade eben groß genug für zwei Türen auf jeder Seite und eine am Ende. Die ganz vorne ging auf, und ein pickliger junger Mann stolperte heraus, während er sich hastig eine ausgebeulte Jeans über die Boxershorts zog.
O-Beine, große rote Turnschuhe, die nicht richtig zugebunden waren, Tartan-Hemd mit abgerissenen Ärmeln über einem T-Shirt mit dem Issues- Albumcover von Korn vorne drauf. Glänzende schwarze Haare, Piercings in einer Augenbraue und in der Nase. Er musterte mich von Kopf bis Fuß und bleckte die Zähne. »He, was soll der Scheiß, Alter?«
»Bist du Noah?«
Er knöpfte seine Hose zu. »Das wirst du noch grausam büßen, Opa, dass du hier so einfach …« Die Kinnlade klappte ihm herunter. »Fuck ey, was hast du mit unserer Tür gemacht, ey?«
Er war es – die Stimme am Telefon, der Typ, der behauptet hatte, Ashleys Vater zu sein. Das Arschloch, das mir erzählt hatte, die Mädchen wären lange aufgeblieben und hätten zu Freddy Kruegers Schlitzer-Orgien Pizza gefuttert.
»Wo ist sie?«
»Das ist unsere Tür! Mum flippt aus, wenn sie das sieht!«
» WO IST SIE , DU ARSCHLOCH ?«
Er wich einen Schritt zurück. »Sie ist … in der Arbeit.«
»Nicht deine Mutter – Katie. Wo ist meine Tochter?«
»Oh, fuck…« Er machte kehrt, verschwand wieder im Bad und knallte die Tür hinter sich zu. »Fuck, fuck, fuck …«
Ein leises Klacken, wie von einem mickrigen Riegel, der vorgeschoben wurde.
Ich öffnete die nächste Tür auf der rechten Seite: eine kleine Küche, Tisch und Arbeitsflächen vollgestellt mit Pizzakartons und den Resten von Fertigmahlzeiten, auf dem Boden eine Pyramide aus Bierdosen.
Die nächste Tür: ein mit Kleidern übersätes Doppelbett, eine kleine Frisierkommode, aufgemotzt zum Altar für Gesichtscremes, Parfums und Make-up.
Hinter der Tür am Ende der Diele kam ein Wohnzimmer zum Vorschein, mit einem großen Fernseher in der Ecke, einem braunen Sofa und einem Couchtisch, auf dem ein überquellender Aschenbecher stand. Daneben lagen eine Packung Zigarettenpapierchen, ein Beutel Tabak und ein Zwei-Zentimeter-Piece Marokkaner.
Die vierte Tür führte in ein Schlafzimmer, kleiner als das erste, die Wände mit den gleichen Postern beklebt wie bei Katie. Nur dass bei Noah keine Arielle hing, stattdessen hatte Katie ihm eine Zombie-Version von Tinker Bell gemacht. Die Bettdecke war zerwühlt; Jeans, T-Shirts, Socken und Boxershorts lagen auf dem Boden herum … Und ein roter Slip mit kleinen weißen Totenkopfsymbolen
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