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Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)

Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)

Titel: Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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groß, aber wenigstens stanken sie nicht nach Blut und Schweiß und Erbrochenem. »Komm schon, Henry, geh endlich an dein verdammtes Telefon …« Wieder ging der Anruf auf die Mailbox. Ich legte auf.
    Sie sprang aus dem Wagen, und eine Atemwolke hüllte ihren Kopf ein. »Ich geh ihn holen.«
    Fünf Minuten später war immer noch nichts von ihr zu sehen.
    Ich kletterte hinaus in die Kälte.
    Ich brauchte ein Dutzend Schritte, um mich an den Krückstock zu gewöhnen, den Alice’ Tante Jan mir geliehen hatte. Jedes Mal, wenn mein rechter Fuß den Boden berührte, musste ich mein ganzes Gewicht auf den polierten Mahagonigriff legen. So eierte ich unbeholfen auf den Hoteleingang zu.
    Dieser Nervenblock war genial – ich spürte rein gar nichts.
    Ich stieß die Tür auf und betrat die Lobby. Abgetretene Teppichfliesen, verblichene Tapeten, staubige Plastik-Topfpflanzen und ein gelangweilt dreinschauender Typ hinter dem Tresen.
    Der Empfangsmensch blickte von seiner Daily-Mail- Lektüre auf. »Haben Sie eine Reservierung?«
    Seh’ ich so aus? »Henry Forrester. Wo ist er?«
    »Zimmer siebzehn, erster Stock.« Mr Daily Mail wies auf eine Doppeltür. »Der Aufzug ist defekt.«
    Na toll, noch mehr Treppen.
    Ich schleppte mich keuchend und schnaufend in den ersten Stock, wo ich einen Moment stehen blieb, um wieder zu Atem zu kommen. Dann humpelte ich den schäbigen Flur entlang. Am anderen Ende stand eine Tür offen; eine 1 und eine 7 aus Messing klebten auf dem zerschrammten braunen Lack, und am Türknauf hing ein » BITTE-NICHT-STÖREN« -Schild.
    Fernsehgeräusche drangen aus dem Zimmer auf den Flur – eine schnöselige Frauenstimme, die etwas über Zinssätze erzählte.
    Sie zogen sich doch tatsächlich die Nachrichten rein, als ob wir alle Zeit der Welt hätten. Als ob er nicht um fünf mein kleines Mädchen umbringen würde.
    Verdammt noch mal.
    Ich wankte den Flur entlang. »Henry Forrester, sieh zu, dass du deinen besoffenen Arsch hochkriegst, und zwar auf der Stelle …«
    Alice erschien in der offenen Tür, beide Arme um den Leib geschlungen. Ihre Unterlippe zitterte, und ein glänzender Tropfen hing an ihrer Nasenspitze. »Ash …«
    Ich blieb stehen. »Wo ist er?«
    Sie starrte auf den zerschlissenen Teppich. »Er ist tot.« Eine Träne schimmerte im schwachen Licht und tropfte dann auf die Kappe ihres roten Schuhs.
    »Was soll das heißen, er ist …« Nein. Ich schob mich an ihr vorbei ins Zimmer.
    Sheba lag mit ausgestreckten Beinen auf dem Bett, vollkommen reglos. Henry neben ihr, bekleidet mit seinem Beerdigungsanzug, eine leere Macallan-Flasche an seinen Fingerspitzen, eine transparente Plastiktüte über dem Kopf, mit Streifen von Kondenswasser an der Innenseite.
    Er fühlte sich kalt an; kein Puls. Bei der alten Hündin war es das Gleiche.
    Sie ist tot … Es ist nicht … Ich kann nicht mehr.
    Und ich hatte ihn einen nutzlosen alten Suffkopf genannt.
    Alice schlurfte hinter mir ins Zimmer. »Die standen auf dem Nachttisch.« Sie hielt mir ein kleines weißes Tablettenröhrchen hin.
    Fluvoxamin. Das Antidepressivum, das er auf Shetland genommen hatte.
    Sie schniefte. Räusperte sich. Rieb sich mit der Hand über die Augen. Tat einen tiefen, flatternden Atemzug. »Er hat einen Abschiedsbrief hinterlassen.«
    Verfluchte Scheiße. Sie hatte ihre Mutter mit aufgeschnittenen Pulsadern in der Badewanne gefunden. Und jetzt das.
    Henry, du dummer, egoistischer alter Sack.
    »… Gedanken und Gebete sind in diesen Stunden bei den Familien. Beide Mädchen haben heute Geburtstag, und wir können nur ahnen, wie den Eltern zumute sein muss.«
    »Glauben Sie, dass Megan Taylor und Katie Henderson schon tot sind?«
    »Nun, wir haben keine konkreten Hinweise darauf, dass der sogenannte ›Gratulator‹ seine Opfer an ihrem –«
    Ich schaltete das Radio aus. »Bist du okay?«
    Ein Sonnenstrahl brach durch die Wolkendecke und ließ die nasse Straße glänzen. Die Straßen waren in ordentlichen Reihen arrangiert: altmodische Häuser mit Fensterkreuzen und Vorgärten. Auf den Gehsteigen wuchsen in regelmäßigen Abständen Buchen in schmiedeeisernen Käfigen.
    Alice wischte sich die Augen und verschmierte das schwarze Make-up noch mehr. »Mir geht’s gut.«
    »Es ist ganz normal, dass man –«
    »Wir hätten die Polizei anrufen sollen.«
    Ich senkte die Stimme und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Henry hätte nichts dagegen, noch ein bisschen zu warten. Wir haben nur noch etwas über zwei Stunden. Er würde das

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