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Das dritte Ohr

Das dritte Ohr

Titel: Das dritte Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curt Siodmak
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ich den Vorhang seiner Worte durchschaut hatte, der seine Heuchelei verschleierte.
    „Professor –“ Laqueur wandte sich an Bauer. Er war der Ansicht, daß es nun an der Zeit sei, Druck auf mich auszuüben. „Ich verstehe nichts von Chemie, denn dazu habe ich meine Leute. Aber könnte das Verfahren oder die Verbindung, die Dr. Bolt entdeckt zu haben scheint, nicht auch von anderen Biochemikern gefunden werden?“ Er drehte sich zu mir hin und das Bild des großen Raumes mit dem breiten Fenster und dem Fabrikenkomplex verblaßte in seinem Geist. Er sah nur noch mich – seinen Feind. „Warum ersparen Sie uns nicht die ganze Mühe und arbeiten mit uns zusammen, Dr. Bolt? Welche anderen Ziele könnten wir denn verfolgen als das, eine Welt im Gleichgewicht zu halten?“
    „Arbeiten Sie mit uns zusammen und stellen Sie es selbst fest“, sagte Bauer. Er war bekümmert; er hatte keinen Widerstand erwartet.
    „In wenigen Wochen halten wir einen Kongreß in London ab“, sagte Burns. „Die führenden Köpfe der meisten europäischen Konzerne, wie auch Repräsentanten Ihres Landes werden zugegen sein. – Außerdem wurde uns versichert, daß auch Regierungsvertreter der Sowjetunion erscheinen werden und daß China Beobachter entsendet. Kann Sie das nicht überzeugen?“
    „Wovon?“ fragte ich und machte Anstalten, aufzubrechen. „Wenn Ihre Pläne so perfekt sind, und Ihre Organisation so effektiv ist, warum wollen Sie dann die ganze Angelegenheit durch die Fähigkeit komplizieren, die Gedanken der Vertreter anderer Nationen zu lesen? Nehmen wir an, daß es ein Mittel zur Erzeugung von ESP-Fähigkeiten gäbe – wie Professor Bauer es soeben andeutete – und angenommen, ich würde ein solches Verfahren beherrschen, wäre es dann nicht das Beste, diese Verantwortung mit allen Nationen zu teilen? Lassen Sie doch die Russen, Schweden, Amerikaner und Chinesen wissen, was Sie denken. Wenn Sie keine Geheimnisse voreinander haben, finden Sie vielleicht unter sich eine Formel für den Frieden.“
    „Es wäre noch zu früh, ein solches Verfahren allen zugänglich zu machen“, sagte Burns wachsam. Er dachte an eine private Zusammenkunft mit mir, um in den alleinigen Besitz des 232 zu gelangen. Er war bereit, jeden Preis dafür zu zahlen. „Manche gehen vielleicht auch nicht richtig damit um und benutzen es dazu, andere zu unterdrücken.“
    „Entschuldigen Sie mich bitte“, sagte ich. Ich verließ das Zimmer, nahm meinen Hut und ging die Treppe hinunter.
    Ich wußte, daß mir von Seiten Laqueurs Gefahr drohte. Ich hätte länger bleiben sollen, um seine Gedanken zu lesen, aber da ich der einzige war, der die Zusammensetzung des 232 kannte, war ich zu wertvoll für ihn, als daß er mich liquidieren würde.

20
     
    Ich überquerte die ‚Schöne Aussicht’, stieg über Blumenbeete und folgte dann einem schmalen Fußweg am Ufer, ohne genau zu wissen, ob ich den richtigen Weg zum Hafen und zu dem Haus in der Övelgönne eingeschlagen hatte. Ich fühlte mein Herz hämmern, als würde es von einem Schrittmacher angetrieben.
    Kleine Wellen plätscherten gegen den Kieselstrand. Ein paar Enten schwammen auf dem Wasser, das die Lichter der Stadt widerspiegelte, stumm durch die Dunkelheit.
    Es war eine friedliche Umgebung. Ich wünschte, immer darin herumspazieren zu können, um vor der unausweichlichen Entscheidung davonzulaufen. Da mein Geheimnis fortan nicht mehr mir allein gehörte, wußte ich nicht recht, was ich als nächstes unternehmen sollte.
    Wie lange konnte ich meine Entdeckung noch für mich behalten? Jedes chemische Verfahren konnte, wie Laqueur angedeutet hatte, von einem phantasievollen Biochemiker neuentdeckt werden; denn was ein Chemiker künstlich herstellen kann, kann auch ein Zweiter.
    Der Fußweg endete auf einer gepflasterten Straße. Plötzlich rollte ein Auto mit abgestelltem Motor neben mir her.
    Astrid. „Steigen Sie ein“, sagte sie und stieß eine Tür auf. Ihr Gesicht sah in dem diffusen Licht einer Straßenlaterne leichenblaß aus.
    „Was tun Sie denn hier zu dieser nächtlichen Stunde?“ fragte ich, überrumpelt von ihrem plötzlichen Auftauchen. Sie startete den Wagen und schaute sich um, ob wir verfolgt würden.
    „Ich konnte Sie bei Bauer nicht erreichen. Sie müssen mit mir kommen.“ Sie trat rücksichtslos auf das Gaspedal. Wir sausten ‚An der Alster’ entlang und überquerten die Kennedy-Brücke. „Wir müssen zur Klinik.“
    Sie dachte an das Laboratorium. Ein paar Leute waren

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