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Das dritte Ohr

Das dritte Ohr

Titel: Das dritte Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curt Siodmak
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dort – Nemeth, Magnussen und – Kubatschew! Sie saßen am Tisch und unterhielten sich. Ich konnte nicht verstehen, was sie sagten.
    „Sie sind ein Kindskopf“, sagte Astrid hitzig. „Sie halten sich für schlau und lassen sich deshalb von anderen Leuten ausnutzen. Ein bedeutender Biochemiker, den Sie kennen, unterhält sich in diesem Augenblick mit Nemeth und Magnussen.“
    „Na und?“ fragte ich, äußerlich beherrscht. „Was kann Magnussen ihm denn sagen, außer daß wir an dem RAB-Schlaf gearbeitet haben? Das ist kein Geheimnis.“
    „Nachdem wir uns getrennt hatten, rief ich zu Hause an. Helga sagte mir, Magnussen habe angerufen. Er bat mich, ins Labor zu kommen, um einen Wissenschaftler kennenzulernen.“
    „Kubatschew“, sagte ich laut.
    Sie zuckte zusammen. „Woher wissen Sie das?“ fragte sie mich schließlich, sichtbar erschüttert durch mein Wissen.
    „Wer denn sonst? Ich habe ihn täglich erwartet. Außerdem hat Bauer ihn erwähnt“, log ich.
    „Ich bin nicht hingegangen, denn ich hatte den Verdacht, daß er mich über Ihre Forschungen ausfragen wollte. Seien Sie mir bitte nicht böse über meine Aufrichtigkeit.“
    Sie meinte, was sie sagte. Die Tatsache, daß sie mich des öfteren belogen und betrogen hatte, war aus ihrer Erinnerung verschwunden. Sie wünschte, ich würde sie umarmen, aber ihr Verstand schaltete dieses Bild ab.
    Ich betrachtete ihr Profil. Sie sah gequält und leiderfüllt aus. Ich wußte, was sie dachte. Sie fühlte sich ausgeschlossen, nicht als meine Partnerin. Sie spürte, daß ich etwas vor ihr und den anderen geheimhielt. Für sie hieß das, daß ich sie hinterging. Sie würde alles tun, um mein Vertrauen zu gewinnen. Ihr Leben war durch den Tod ihres Geliebten aus den Fugen geraten; jetzt konzentrierte sie sich auf mich – den Retter aus ihrem Kummer.
    Zu unserer Linken erhob sich ein hoher Wasserturm gegen den Himmel. Die lange Mauer der Klinik begann. Wir fuhren durch das Tor, dessen Schranke vom Nachtwächter geöffnet wurde, als er den Wagen erkannte.
    Wir stellten den Wagen ab und gingen zu Fuß weiter. Ich wußte, daß sie stehenbleiben und mich umarmen wollte, um eine Verschwörung zu besiegeln, nach der sie sich sehnte. Sollte ich ihre Umarmung erwidern, würde sie sich sicher fühlen.
    „Wenn wir zusammen erscheinen, wird uns Kubatschew verdächtigen, Komplizen zu sein“, sagte ich.
    „Na schön“, sagte sie, nahm meinen Arm und lehnte sich im Gehen an mich. „Soll er doch!“
    Im Laboratorium brannte Licht, aber die Tür war verschlossen. Astrid klopfte, Magnussen machte auf. Ich erblickte Nemeth. Kubatschew war bei ihm.

21
     
    „Dr. Bolt!“ rief Kubatschew. Er hatte mich so spät nicht mehr erwartet. Das Bild von mir in meinem Labor in Kalifornien huschte durch seinen Sinn, dann sah ich Heinemann, der in Astrids Gedanken erschien. Kubatschew dachte an Bauer, dann konzentrierte er sich auf mich.
    „Ich vermute, daß Sie in Hamburg waren“, sagte ich und schloß die Tür hinter mir. „Haben Sie sich nicht vor ein paar Tagen mit Nemeth in der Stresemannstraße 74, im vierten Stock getroffen? Warum diese Geheimniskrämerei? Wollten Sie sich versteckt halten?“
    Die beiden Männer sahen sich bestürzt an. Eine Angst, die an Panik grenzte, erfüllte Nemeth. Kubatschew hatte ihm von meinen Forschungen erzählt, und er verwandelte sich wieder in das gehetzte Opfer der totalitären Regierung, der er entflohen war.
    „Sie haben ein gutes Gedächtnis“, sagte Nemeth. „Diese alte Frau erwähnte diese Adresse in der Isolierzelle, aber es hatte etwas mit Helmuth zu tun – nicht mit Kubatschew.“
    Ich wußte, daß Kubatschew mit Helmuth identisch war, dieser Gedanke erschien deutlich in seinem Verstand.
    „Er heißt Iwan. Iwan Kubatschew, nicht Helmuth. Sie haben Recht.“ Es gelang mir, ihn zu beschwichtigen. Ich mußte in ihnen den Eindruck erwecken, daß ich meine Forschungen bisher nicht zu einem erfolgreichen Abschluß gebracht hatte. „Aber wo haben Sie in den letzten Tagen gesteckt? Sie sind plötzlich verschwunden, als hätte diese alte Frau Sie verscheucht.“
    „Ich war krank“, log Nemeth. Er war bei Kubatschew gewesen, um Bericht über mich zu erstatten.
    Kubatschew saß auf einem hölzernen Schemel neben einer Sephadex-Säule und einer Fraktionsapparatur, die Magnussen und ich zur Trennung von Enzymen benutzt hatten. Die Reagenzgläser auf dem runden Tablett des Fraktionskollektors waren halb gefüllt, und der Meßstreifen zeigte

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