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Das dritte Ohr

Das dritte Ohr

Titel: Das dritte Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Curt Siodmak
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hören?“ fragte Kubatschew. „Ich wollte, Sie würden zustimmen und mir ein paar Fragen beantworten. Wir haben es sicher ein halbes Dutzend Mal abgespielt, aber ohne Erklärungen …“
    Er schaltete das Tonbandgerät an.
    Meine Stimme sagte: „… die Zacken während des RAB-Schlafes – aber das ist ein Norepinephrin-Phänomen – ein flüchtiges Catecholamin – möglicherweise eine Frage der Konzentration …“
    Ich griff hastig nach dem Band, aber Kubatschew kam dazwischen und schaltete das Tonbandgerät aus. Er sah mich tadelnd an.
    „Ich gebe es Ihnen nicht, Bolt. Ich brauche es für weitere Studienzwecke.“
    „Ich weiß wirklich nicht, welche Geheimnisse Sie aus diesem Unsinn herauslesen“, sagte ich. „Ich quasselte im Schlaf.“
    „Unsinn?“ wiederholte Kubatschew, der sich bewußt war, daß auf diesem Band etwas Wichtiges war, das er nicht zu enträtseln vermochte. „In Kalifornien begannen Sie, die Gehirnamine zu untersuchen, weil Sie vermuteten, daß sie bei der Erzeugung von Stimmungen eine Rolle spielten. Hier haben Sie mit einem Medium gearbeitet, dieser Wahrsagerin, die auf Ihr Experiment reagierte. Sie beobachteten Ihre Gehirntätigkeit mit Oberflächenelektroden.“
    Nemeth reichte ihm das Enzephalogramm, das er wahrscheinlich von Magnussen erhalten hatte. Er schien überspannt zu sein wie ein Mensch, der gegen einen drohenden Nervenzusammenbruch ankämpft.
    „Frequenzen bisher noch nie registrierter Hochamplituden-Kurven“, verkündete er, um Kubatschew auf dieses Phänomen hinzuweisen und ihm ein Stichwort zu geben.
    Kubatschew griff es auf, starrte die Aufzeichnungen an und runzelte die Stirn in jener Konzentration, die ich von Kalifornien her kannte, wenn er mich bei der Arbeit beobachtete.
    „Ich habe nie erlebt, daß Sie eine echte Hellseherin testeten, Dr. Bolt, und mir ist noch nie ein so außerordentlich intensives Enzephalogramm unter die Augen gekommen. Ich vermute, daß dieses anomale Muster gleichzeitig mit dem Lesen der Adresse in Nemeths Verstand auftrat.“ Er schielte mich von unten an. „Nemeth kannte die Adresse, wie er mir sagte. Als er der unheimlichen Gabe dieser Frau ausgesetzt war, verlor er vorübergehend die Nerven.“
    Ich beobachtete fasziniert die Entfaltung seines gutgeschulten Verstandes. Wie weit war bei der Analyse meiner Arbeit bereits gekommen?
    „Aus diesem anomalen Enzephalogramm könnte man schließen, daß es sich dabei um die Aufzeichnung eines Vorgangs des Gedankenlesens handelt. Aber wohin führt uns das?“ Er richtete die Augen auf mich und lächelte leise. „Was ist der nächste Schritt, Doktor?“
    „Was würden Sie vorschlagen?“
    Ich fühlte mich innerlich verkrampft. Kubatschew kannte die Bedeutung des encephalographischen Musters. Er besaß außerdem das Tonband. Er hatte noch nicht die Information über ein flüchtiges Catecholamin analysiert, die vielleicht darauf vorkam, könnte es aber noch tun. In diesem Falle vermochte er mein Experiment zu wiederholen und, indem er der Fährte folgte, die Schritte herausbekommen, die mich schließlich zum 232 geführt hatten. Sollte er entdecken, daß eine ätherische Verbindung während der übersinnlichen Wahrnehmungen abgesondert wurde, so würde er diesem Weg nachgehen. Die Tatsache, daß es sich bei der Verbindung um einen flüchtigen Kataboliten eines Idolamins und nicht eines Catecholamins handelte, wie ich auf dem Tonband dahergeredet hatte, würde seine Fortschritte bestenfalls verlangsamen.
    Astrid beobachtete uns gebannt wie ein Sekundant ein Duell.
    Aber als sie mich anschaute, erschien Swen in ihrem Geist. Ich sah einen hellerleuchteten Raum, das Modell eines Hochhauses auf einem Tisch, den schattenhafte Gestalten umringten. Nur Swens Gesicht war deutlich. Sie erinnerte sich an eine Situation, die allem Anschein nach meinem Duell mit Kubatschew entsprach.
    „Sie sind ein vernünftiger Mann“, sagte Kubatschew. „Nein, nicht bloß vernünftig, sondern ohne jeden Wankelmut, nur von der Logik beherrscht. Das kommt mir zugute.“
    Er starrte mich an; sein Verstand war nicht bei mir, sondern ordnete seine Theorien und wiederholte sie für sich – ein Wissenschaftler, der Bestandsaufnahme machte. Seine Gedanken trafen mich in schneller Folge, logisch geordnet und sorgfältig bewertet:
    In seinem RAB-Schlaf entwickelte das Medium ein Hochamplituden-Muster, dessen Kurven auch eine sehr hohe Frequenz aufweisen. Eine erstaunliche Tatsache! Könnte man das durch Hyperaktivität der

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