Das Duell der Hexen
verblaßt. Alles in diesem Ort schien sich dem Moor anzugleichen, so daß es eigentlich nur eine Frage der Zeit war, wann Blackmoor ebenfalls ein Opfer des unheimlichen und gefräßigen Sumpfs wurde.
Vor dem Gasthaus wurden sie langsamer. Sie fuhren einen Bogen, stoppten ihre Maschinen ab und stellten die Motoren ab. Zugleich bockten sie die Maschinen auf.
Stille senkte sich über Blackmoor.
Es war nicht die Stille, die man hier kannte und die das Moor entlassen hatte, diesmal war es eine andere, eine gefährlichere, eine selten erlebte.
Wohl ein jeder wußte, wer das Dorf besetzt hielt, doch niemand zeigte sich. Die Türen der Häuser blieben zu, und auch hinter den Fenstern war kaum Bewegung zu erkennen.
Natürlich hatte man auch hier von Rockern gehört. Trotz der einsamen Lage lebte man nicht am Ende der Welt. Nachrichten aus den Großstädten drangen bis nach Blackmoor, und diese Rocker sahen den Menschen sehr gefährlich aus.
Nur wenige Häuser besaßen elektrischen Strom, und deren Bewohner hockten oft genug vor der Glotzkiste, um sich die Langeweile zu vertreiben.
Die Rocker nahmen ihre Helme ab. Wieder geschah dies wie auf ein geheimes Kommando hin. Monica war einen Moment schneller als ihre männlichen Begleiter. Kaum hielt sie den Helm in der Hand, als sie sich schon das lange Haar ausschüttelte.
Jetzt konnte jeder Beobachter die beiden unterschiedlichen Farben erkennen. Grün und rot, fast so gegensätzlich wie Feuer und Wasser.
»Eddy!« Sie sprach nur ein Wort, und ein Rocker löste sich aus dem Pulk. Es war ein breitschultriger Typ mit einem kahlen Schädel, flachem Gesicht und stechenden Augen.
»Was ist?«
»Wir gehen rein!«
»Alle?«
Die Hexe schaute sich um. Wie ausgestorben lag das Dorf vor ihren Blicken. Dünne Nebelf ahnen schwangen über die Fahrbahn und fanden auch ihren Weg in die Lücken zwischen den Häusern. Menschen waren wieder einmal nicht zu entdecken.
Ein knappes Lächeln umspielte die Lippen der Anführerin. »Ja, wir gehen alle. Wer uns finden will, der kann uns finden. Kommt jetzt!« Mit einer letzten Handbewegung machte sie alles klar.
Nebeneinander schritten die sechs Gestalten auf den Eingang zu, und niemand hielt sie auf.
Monica nahm ihren Fuß zu Hilfe, als sie die Tür nach innen drückte. Sie starrte in einen halbdunklen Raum, da durch die Fensterscheiben nur wenig Licht fiel.
Lässig schritten sie tiefer in die Gaststube. Es roch nach Bier, nach kaltem Rauch, eben der übliche Geruch.
Aber auch nach etwas anderen.
Süßlich, und Monica nahm ihn auch sofort wahr, denn sie blieb stehen und »schnüffelte«.
»Hier ist etwas passiert«, flüsterte sie. »Verdammt, ich spüre es genau. Da war schon jemand vor uns hier.«
»Sinclair?« fragte jemand.
»Nein, glaube ich nicht.« Sie ging noch zwei Schritte vor und machte den anderen klar, daß sie warten sollten.
Da spürte sie die Berührung.
Es war ein von oben fallender Tropfen, der sie genau an der rechten Stirnseite erwischt hatte. Sofort fühlte sie mit dem Finger nach, berührte auch die Flüssigkeit und schaute sie sich an.
Sie war rot.
Rot wie Blut…
Erst jetzt blickte sie nach oben.
Ein Mensch hätte vielleicht geschrien. Nicht diese Monica. Sie sah im Deckengebälk die Gestalt liegen.
Trotz der schlechten Lichtverhältnisse war zu erkennen, daß man sie auf grausame Art und Weise getötet hatte. Aus einer tiefen Wunde an der Kehle tropfte Blut.
Für die Rocker gab es nur eine Lösung. Der Tote da oben mußte der Wirt gewesen sein, und jemand anderer war eben schneller gewesen als sie…
***
Schon damals hatte ich mich über die kräftige Gestalt des Mannes gewundert und auch über das rostrote Haar, das wirr auf seinem Kopf wuchs. Er war gewissermaßen ein Naturbursche und gehörte zu Blackmoor wie der Sumpf und die alte Ruine.
Suko und ich waren heimlich nach Blackmoor gekommen. Praktisch im Schutze des Nebels hatten wir uns in den Ort geschlichen und waren auch nicht mit meinem Wagen gefahren, sondern hatten die Harley des Inspektors genommen. Sie stand versteckt im Arbeitsschuppen der Familie Spiker, und wir befanden uns ebenfalls dort. Rodney Spiker war kuriert. Als wir ihn damals kennenlernten, hatte er sich gegen uns gestellt, nun aber arbeitete er mit uns zusammen, und er hatte auch versprochen, den Mund zu halten und über unsere Anwesenheit mit niemandem zu sprechen. Wir aber hatten ihn eingeweiht, und der starke Mann war immer bleicher geworden. Dann war er verschwunden und
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