Das Dunkel der Lagune
Ich glaub nicht, dass er noch in Macao ist. Würd mich nicht wundern, wenn er schon in China hockt. Vergiss nicht, er weiß eines: Was auch passiert, irgendwann werden wir am Kwai auftauchen.«
»Welche Chance haben wir dann?«, fragte Rose besorgt.
»Wir haben nur eine Chance: Wir müssen in die Lagune reinkommen und wieder raus sein, bevor er etwas davon merkt. Deshalb will ich auch, wenn's nur irgend möglich ist, schon heute Nacht los.« Er zündete sich eine Zigarette an und fügte dann hinzu: »Es hängt natürlich alles davon ab, in welchem Zustand der Kutter ist. Ich hoffe nur, dass Herrera, dieser Stinker, nichts kaputtgemacht hat.«
»Du hängst sehr an dem Schiff, nicht wahr? Als du neulich von ihm erzähltest, klang es so, als würdest du von einer Frau schwärmen.«
Er schmunzelte. »Stimmt, ich denk ziemlich oft an die Hurrier.«
»Wie hast du sie denn bekommen?«
»Sie gehörte einem Drogenschmuggler, der vom Zoll vor Java aufgedeckt wurde und bei der anschließenden Schießerei ums Leben kam. Ich hatte etwas Geld in der Tasche und hab mitgeboten. Sie ist fünfzehn Meter lang und hat einen Dieselmotor. Gehörte früher der japanischen Marine. Zu was sie sie gebraucht haben, ist mir ein Rätsel. – Jedenfalls ist sie das schnellste Schiff in diesen Gewässern.«
Rose kicherte leise. »Ich frage mich, ob es jemals so weit kommen könnte, dass du häufiger an eine Frau denkst als an dieses Schiff.« Kaum hatte sie diesen Satz ausgesprochen, wurde sie verlegen, errötete dabei und hüllte sich für den Rest der Fahrt in Schweigen.
Das Wäschereiauto hielt schließlich an. Sie öffneten die Tür und stiegen aus. Hagen bezahlte den Fahrer und wandte sich dann an Rose: »Wie gefällt's dir hier?«
Sie befanden sich in einem von Mauern umgebenen Hof. Durch einen Torbogen in einer Mauer waren der Garten und die Hinterfront des einladenden Hauses zu sehen. »Nett«, meinte Rose angenehm überrascht.
»Du hast noch nicht alles gesehen«, erwiderte er.
In diesem Augenblick kamen zwei chinesische Hausboys aus dem Hintereingang und stürzten sich auf das Gepäck. Nachdem sie sich geeinigt hatten, wer was tragen würde, führten sie die beiden ins Haus und durch einen schmalen, dunklen Gang in einen großen, sonnendurchfluteten Salon.
Der Salon war in der Art eines Wintergartens gebaut. Durch die riesigen Glasflächen hatte man nach drei Seiten einen herrlichen Ausblick. Rose stand in der Mitte des Raumes und klatschte wie ein kleines Mädchen entzückt in die Hände. »Mark, hier ist es wunderschön«, seufzte sie. Sie schob eine der Glastüren auf und lief hinaus auf die Terrasse.
Hagen erklärte einem der Boys, dass sie hinunter zum Schiff gehen würden. Dann folgte er Rose hinaus auf die Terrasse, stellte sich neben sie an das Geländer, sodass sich ihre Schultern berührten. Sie genossen den Blick auf das blaugrüne Chinesische Meer. Unter der Terrasse fielen die Felsen etwa dreißig Meter steil ab, hinunter in eine kleine, trichterförmige Bucht. Aus der Höhe waren die mannigfaltigen Grünschattierungen des Wassers, die durch Korallenbänke in unterschiedlichen Tiefen entstanden, sehr gut zu erkennen. Der Kutter lag an einem steinernen Landungssteg, der vom weißen Sandstrand hinaus in die Bucht ragte. An Bord rührte sich nichts. »O'Hara müsste eigentlich schon da sein«, murmelte Hagen. »Gehn wir mal runter und schaun uns um.«
Sie erreichten den Strand über steinerne Stufen, die im Zickzack an der Klippe hinunter führten. Hagen schwitzte, als sie endlich unten angelangt waren. Sie gingen den Landungssteg entlang und spürten dabei die in den Steinen gespeicherte Hitze durch die Schuhsohlen hindurch. Als sie sich dem Kutter näherten, hörten sie ein gedämpftes Hämmern.
»Auf diesen Steinen könnte man Brot backen«, meinte Rose,
»Genau. Und sei vorsichtig, wenn du an Bord bist! Fass nichts an, was aus Metall ist, denn du könntest dir die Finger verbrennen.«
Sie sprangen aufs Deck. Hagen ging voran ins Ruderhaus. Alles schien in bester Ordnung zu sein. Fast zärtlich strich er mit den Fingern über das Messinggehäuse des Kompasses. Als er die verschmierten Fenster bemerkte, suchte er sich sofort einen Lappen und begann sie zu putzen. Rose kicherte. Er drehte sich verlegen zu ihr um, aber sie lächelte ihn nur liebevoll an und legte ihm impulsiv die Hand auf den Arm. »Es tut mir Leid. Ich wollte mich nicht lustig
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