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Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition)

Titel: Das Dunkel der Seele: Die Erleuchtete 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimee Agresti
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zwar die meiste Zeit schweigend. Wir hatten an entgegengesetzten Seiten angefangen und bewegten uns aufeinander zu. Letztendlich hatten wir beschlossen, dass es doch am sinnvollsten war, oben anzufangen. Nach gestern Abend hatte ich vor Leitern auch nicht mehr so viel Angst.
    Den ganzen Tag kam ich aus dem Gähnen nicht mehr heraus, ich war müde und angeschlagen. Von Zeit zu Zeit fiel mir auf, dass Lance zu mir rübersah und sich wohl fragte, ob jemand so Übernächtigtes überhaupt in drei Metern Höhe den Pinsel schwingen sollte. Und er wunderte sich bestimmt auch, warum ich denn so müde war, wenn ich doch angeblich früh schlafen gegangen war. Aber wahrscheinlich ließen diese monotone Arbeit, der pechschwarze Himmel und das stundenlange Streichen mit derselben Farbe wohl jeden ein wenig abstumpfen. Und ich war in Gedanken auch ganz woanders. Wenn ich zu sehr abschweifte – an das Buch dachte und daran, dass ich irgendwann wieder den Gang in meinem Schrank aufsuchen musste –, dann schob ich diese Gedanken beiseite und versuchte stattdessen, an etwas Schönes zu denken, sofern mir denn etwas in den Sinn kam. Und damit war ich gerade beschäftigt, als mich jemand rief. Die ersten Male hatte ich es wohl nicht gehört, denn als Lucians Stimme endlich an mein Ohr drang, sah Lance mich bereits kopfschüttelnd an.
    »Das sieht gut aus, Leute!« Lucian kam auf uns zu. Dieses Mal trug er das Haar nicht so streng zurückgegelt, sondern eher wie am ersten Abend im Tresor. Er hatte auch keinen seiner typischen Anzüge an, sondern trug Jeans und einen dünnen Pulli mit V-Ausschnitt, unter dem ein Hemd hervorschaute, dessen offener Kragen und hochgerollte Ärmel genauso lässig und mühelos wirkten wie der Rest des Looks. Diese Klamotten unterstrichen nur noch, wie jung er aussah. Aber wie man es auch drehte und wendete, er war einfach eine Nummer zu groß für mich.
    »Mach Platz, Michelangelo!«
    »Eigentlich ist es ja Bosch«, korrigierte ihn Lance, aber gar nicht besserwisserisch, sondern völlig sachlich.
    »Bye-bye, Bosch«, verbesserte sich Lucian.
    Ich hatte es bis jetzt noch nicht fertiggebracht, etwas zu sagen. »Hi«, grüßte ich schließlich.
    »Hi.« Lucian hielt meine Leiter mit einer Hand fest, während Lance sich wieder dem Bild zuwandte. »Ich wollte dich da oben nicht erschrecken, also …«
    »Nein, schon okay.« Ich lächelte zu ihm herunter.
    »Hey, könnte ich vielleicht …?« Mit einer Geste bedeutete er mir, die Leiter doch mal zu verlassen.
    »Oh … ja, klar«, antwortete ich, während ich langsam begriff und dann die Tatsache zu genießen begann, dass er scheinbar gekommen war, um mit mir zu reden. Doch als Erstes konzentrierte ich mich auf einen möglichst eleganten Abstieg. Wenn es je einen passenden Moment für sicheres Auftreten gab, dann war der jetzt gekommen. Ich war noch ein paar Sprossen vom Boden entfernt, als er mir Hilfe anbot. Ich blickte auf diese eleganten Finger, die ich jetzt berühren sollte. Dann verlagerte ich das Gewicht, griff schnell nach seiner Hand und nahm die letzten Stufen viel zu hastig, eins-zwei-drei. Ich rutschte beinahe hinab und machte dann noch einen federnden Satz. Vielleicht hatte das ja besonders dynamisch ausgesehen und nicht, als sei ich die letzten Stufen runtergeschlittert, aber tatsächlich wäre ich beinahe gestürzt. Trotzdem grinste Lucian, und ich verlor mich in seinen grauen Augen voll blauer Sprenkel.
    Mit einer Kopfbewegung deutete er auf die Tür der Galerie, und ich folgte ihm.
    »Ihr beiden macht das gut«, bemerkte er auf dem Weg hinaus.
    »Danke.« Ich konnte ihn kaum ansehen. »Ich glaube, das wird besser, als wir befürchtet hatten. Solange es nicht nach Jason Pollock aussieht, werden unsere Erwartungen auf jeden Fall übertroffen.«
    Er lachte.
    »Heute sind ein paar tolle neue Stücke reingekommen, die muss ich dir unbedingt mal zeigen«, erklärte er. »Und angeblich kriegen wir auch noch einen von Capones alten Hüten.« Er hielt die Galerietür für mich auf, und ich trat hinaus.
    »Na dann … Hut ab!« Ich lächelte.
    »Allerdings«, antwortete er mit einem Blick, in dem wieder dieses spielerische Funkeln lag, das mich so faszinierte. Wir standen jetzt vor der Galerie und gingen durch die Lobby, die wir ganz für uns allein hatten, langsam auf den Hoteleingang zu. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass Aurelia mit deinen Fotos vom Syndikat sehr zufrieden war.«
    »Oh? Das freut mich.«
    »Sie würde das zwar nie zugeben, aber ihr

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