Das dunkelste Blau
Mädchen, das mit einer Cola in der Hand und mit vor Aufregung großen Augen auf einem Barhocker saß und mir als Sylvie, Mathildes Tochter, vorgestellt wurde.
Mir war ein wenig schlecht, aber ich hielt die Bibel gegen meine Brust gepreßt und lächelte sie alle an.
»Oui« , sagte ich einfach. »Oui.«
5. Die Geheimnisse
Die Berge waren der auffälligste Unterschied.
Isabelle betrachtete die umliegenden Hänge; das nackte Felsstück dicht unter dem Gipfel sah so aus, als würde es jeden Moment herabfallen. Die Bäume waren fremdartig und standen eng zusammen wie Moosklumpen, hier und da leuchtete ein heller Wiesenfleck hervor.
Die Berge in den Cevennen sind wie der Bauch einer Frau, dachte sie. Die Berge des Jura sind wie ihre Schultern. Schärfer, deutlicher abgegrenzt, weniger einladend. Mein Leben in solchen Bergen wird anders sein. Sie schauderte.
Sie standen an einem Fluß nahe Moutier, Teil einer Gruppe, die aus Genf hierhergekommen war, um nach einem Ort zu suchen, wo sie sich niederlassen könnten. Isabelle wollte sie anflehen, hier nicht zu bleiben, weiterzugehen, bis sie eine freundlichere Heimat finden würden. Niemand teilte ihr Unbehagen. Etienne und zwei andere Männer ließen sie am Fluß zurück und gingen zum Gasthof im Dorf, um nach Arbeit zu fragen.
Der Fluß, der durch das Tal floß, war klein und dunkel und von Silberbirken gesäumt. Abgesehen von den Bäumen war die Birse nicht viel anders als der Tarn, aber sie sah unfreundlich aus. Obwohl sie jetzt niedrig stand, würde sie im Frühling auf das Dreifache anschwellen. Die Kinder rannten zum Wasser hinab. Petit Jean und Marie hielten die Hände hinein, während Jacob, am Ufer kniend, die Kieselsteine am Grund betrachtete. Er griff vorsichtig hinein und holte einen schwarzen Stein in Form eines ungleichmäßigen Herzens heraus, hielt ihn dann zwischen zwei Fingern hoch, so daß alle ihn sehen konnten.
– Eh, bravo, mon petit! rief Gaspard, ein lustiger Mann, der auf einem Auge blind war. Er und seine Tochter Pascale hatten in Lyon einen Gasthof geführt und waren mit einem Karren voller Essen geflohen, das sie mit allen, die es brauchen konnten, teilten. Die Tourniers trafen sie auf dem Weg von Genf, als ihre Kastanien aufgebraucht waren und die Rüben ihnen nur noch einen weiteren Tag gereicht hätten. Gaspard und Pascale gaben ihnen zu essen und schlugen jeden Dank und alle Angebote zur Rückzahlung aus.
– Es ist Gottes Wille, sagte Gaspard und lachte, als hätte er gerade einen Witz erzählt. Pascale lächelte nur. Sie erinnerte Isabelle an Susanne, mit ihrem ruhigen Gesicht und ihrer sanften Art.
Die Männer kamen aus dem Gasthof zurück; Etienne hatte einen verwirrten Ausdruck in den wilden, großen Augen ohne Wimpern und Brauen.
– Es gibt keinen Duc de l’Aigle hier, sagte er und schüttelte den Kopf. Kein Land, das man pachten oder für jemanden bestellen kann.
– Für wen arbeiten sie hier? fragte Isabelle.
– Für sich selber. Es klang unsicher. Ein paar von den Bauern brauchen Hilfe bei der Hanfernte. Wir könnten eine Zeitlang bleiben.
– Was ist Hanf, Papa? fragte Petit Jean.
Etienne zuckte die Achseln.
Er will nicht zugeben, daß er es nicht weiß, dachte Isabelle.
Sie blieben in Moutier. Bevor der Schnee kam, wurden sie von einem Bauern nach dem anderen beschäftigt. Am ersten Tag wurden sie auf ein Hanffeld geführt, das sie mähen und trocknen lassen sollten. Sie sahen die harten, faserigen Pflanzen an, die so groß waren wie Etienne.
Schließlich sprach Marie aus, was sie alle gedacht hatten.
– Maman, wie ißt man diese Pflanzen?
Der Bauer lachte.
– Non, non, ma petite fleur , sagte er, diese Pflanze wird nicht gegessen. Wir spinnen Fäden daraus, für Stoff und Seile. Siehst du das Hemd? Er zeigte auf das graue Hemd, das er trug. Das ist aus Hanf. Komm, faß es an!
Isabelle und Marie rieben den Stoff zwischen ihren Fingern. Er war dick und kratzig.
– Das Hemd hält mir, bis mein Enkel Kinder hat!
Er erklärte, daß sie den Hanf schneiden und trocknen würden, ihn dann in Wasser einweichen, um die Fasern vom Holz zu trennen, und ihn dann nochmals trocknen würden, bevor sie die Pflanzen schlugen, um die Fasern vollständig zu lösen. Die Fasern würden dann gekämmt und gesponnen werden.
– Das werdet ihr den ganzen Winter über tun. Er nickte Isabelle und Hannah zu. Das macht eure Hände kräftig.
– Aber was eßt ihr? beharrte Marie.
– Wir haben genug! Wir tauschen den Hanf auf
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