Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
Vom Netzwerk:
unterirdischem Widerhall, als befände sich unter seinen Füßen ein ganzes System ausgehöhlter Kavernen.
    »Also, irgendwas Neues in Sicht?«, fragte Felix.
    »Wie?«
    »Eine Frau, Klemens!«
    »Ich bin täglich umgeben von einem weiblichen Gardeoffizier, einer kleinen Revoluzzerin und einer Klosterschülerin mit dem Körperbau eines Langstreckenschwimmers. Meine drei Lieblinge. Glaub mir, die halten mich auf Trab.«
    »Alles rein beruflich, wie?«
    »Genau.«
    »Sex?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Du bist kein Mönch. Überlass die Enthaltsamkeit anderen.« Felix lachte. »Früher hätte ich die kleine Schwarzhaarige von der Nachtschicht schon längst um den Finger gewickelt.«
    Mit einem Grinsen winkelte er den Zeigefinger an und musste unvermittelt husten, trocken und mehrmals kurz hintereinander. Es hörte sich an, als schepperte eine Dose die Treppe hinunter. Nach einer Weile fing er sich wieder. »Jetzt ist nichts mehr mit mir los. Dir fallen keine flotten Sprüche ein, wenn du nicht weißt, ob du morgen wieder aufwachst.«
    »Du hast dich nie binden wollen.«
    »Hab nie die Richtige gefunden«, berichtigte Felix. »Das ist auch schwierig. Nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit fast unmöglich.«
    »Red dich nicht raus. An Gelegenheiten hat es wohl kaum gemangelt, und du hast nichts anbrennen lassen.« Raupach stand auf und stellte eine Schnabeltasse mit Wasser in Felix’ Reichweite. Nach der Husterei musste er Durst haben. »Deine Ansprüche waren allerdings nicht besonders ausgeprägt.«
    »Weil ich dauernd auf der Suche war. Ich hab immer gedacht: Da muss es noch eine andere geben, eine, bei der ich gleich merke, dass wir uns haargenau kennen. Wo von Anfang an so eine Vertrautheit da ist, eine Wärme, schon wenn man sich nur miteinander unterhält.«
    »Deine Traumfrau?«
    Felix nahm einen Schluck Wasser. »Klingt furchtbar, wer hält es denn mit einem Superweib aus? Vielleicht ist eine Frau, wie ich sie mir vorstelle, gar nicht so einzigartig, das bin ich ja auch nicht. Vielleicht laufen davon jede Menge herum, und ich hab sie bloß übersehen. Oder sie mich.«
    Raupach nahm wieder auf der Liege Platz. Sein Freund hatte zahlreiche Verhältnisse gehabt, meistens nicht länger als ein bis zwei Monate. Es war ihm nie eingefallen, damit zu prahlen. Er fand es ganz natürlich, wechselnde Partnerinnen zu haben. Raupach hatte oft den Eindruck bekommen, als brauchte Felix in erster Linie Gesellschaft, als widerstrebte es ihm, irgendetwas allein zu tun: ins Kino oder einkaufen zu gehen, in Urlaub zu fahren. Meistens waren die Verbindungen ohne großen Krach auseinandergegangen.
    »Du hast es deswegen nicht länger mit ein und derselben Frau ausgehalten, weil du Angst vor tränenreichen Trennungen hattest«, mutmaßte Raupach. »Du wolltest dir größere Konflikte ersparen.«
    »Mag sein. Das würde einiges erklären.« Felix schwieg und starrte auf die gegenüberliegende Wand. »Aber das ist passé.« Er schmunzelte. »Jetzt hast du es schon wieder geschafft, dass wir über mich reden und nicht über dich.«
    »Mein Liebesleben ist ja auch uninteressant.«
    »Vergiss das mal mit der Traumfrau, letztlich steht man sich dadurch nur selbst im Weg. Ich weiß nur eins: Es gibt nichts Besseres als ein weibliches Wesen, um auf andere Gedanken zu kommen.«
    »Soll das ein Ratschlag sein?«, fragte Raupach.
    »Was denn sonst? Du brauchst Ablenkung.«
    »Wovon?«
    »Von deiner Arbeit. Ich merke doch, dass du dich wieder in einen deiner Fälle verbeißt. Wahrscheinlich hast du den ganzen Tag nichts anderes getan, als irgendein armes Würstchen auszuquetschen, von dem du glaubst, es habe ein Verbrechen begangen.«
    »So in etwa.«
    »Und während wir reden, geht dir das im Magen rum.« Felix klopfte auf seinen Bauch und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Vielleicht denkst du nicht bewusst dran, aber es ist da und kommt irgendwann hoch, wie Sodbrennen.«
    »Manchmal fühlt es sich so an«, pflichtete Raupach ihm bei. Er hatte Felix nichts von dem Fall Schwan gesagt, um ihn zu schonen. Früher hatten sie oft über Raupachs Beruf gesprochen, obwohl sie meistens verschiedener Meinung gewesen waren.
    »Das ist nicht gut für dich, Klemens. Es gibt mehr im Leben als sich um Leute kümmern, die andere umbringen.«
    »Da bin ich aber froh.«
    »Das mit den Frauen mein ich ernst. Du brauchst Abstand, auch zu mir.«
    »Wie bitte?« Raupach verstand nicht.
    »Draußen geht das Leben weiter. Wenn du das Krankenhaus verlässt,

Weitere Kostenlose Bücher