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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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glitt über seine Züge. „Carmen erwähnte, dass dieser Kusowjenko offenbar Killer geschickt hat, die unseren Mann ausschalten sollten. Aber jetzt sieht es so aus, als ob die beiden verhandeln.“
    „Wann und wo?“, fragte Tal.
    „Tja, das ist der Punkt“, sagte Katzenbaum. „Sie sagt, das Treffen wird morgen Nachmittag in Berlin stattfinden.“
    „Wo in Berlin?“
    „Das hat Fedorow noch nicht entschieden.“
    „Scheiße“, sagte Rafiq. „Berlin ist groß.“
    „Sie sagte, sie versucht mich noch mal anzurufen, sobald sie es weiß.“ Katzenbaum starrte an Tal vorbei aus dem Fenster.
    „Wo könnten sie sich sinnvoller Weise treffen?“, fragte Tal.
    „Wenn Fedorow den Treffpunkt bestimmt“, sagte Katzenbaum, „wird er es so arrangieren, dass der Ort ihm größtmögliche Sicherheit bietet.“ Sein Blick wanderte. „Carmen glaubt, dass Kusowjenko versuchen wird, ihn umzulegen.“
    „Das scheint ja ein langes Telefonat gewesen zu sein“, bemerkte Rafiq bissig.
    „Vier Minuten.“
    „Okay“, sagte Tal, „aber zurück zu dem Treffpunkt – sie werden sich also an einem öffentlichen Platz treffen.“
    „Richtig“, sagte Rafiq.
    „Morgen Nachmittag“, murmelte Katzenbaum. „Das ist nicht viel Zeit.“
67 Dresden | Deutschland
     
    „Das gefällt mir“, sagte Carmen. Sie lehnte sich ein Stück über das Brückengeländer, so dass sie das Schiff sehen konnte, das unten am Pier vertäut war. Ein leichter Wind bewegte ihr Haar, sie genoss die warme Luft. Auf der anderen Seite erhob sich das Lichtermeer der Altstadt. „Wir könnten einfach hier bleiben. Kein Mensch wird uns finden.“ Sie drehte ihren Kopf zu Nikolaj, der neben ihr stand. Sein Körper zeichnete sich als dunkle Silhouette ab. „Was denkst du, Nik? Hier kann man gut leben, oder?“
    Er antwortete nicht. Stattdessen beugte er sich ein Stück vor, die Hände auf den Stahlstreben, so dass sein Kopf mit ihr auf gleicher Höhe war. Unter ihnen gluckste leise das Wasser. Weit entfernt verklang ein Schiffshorn in der Nacht.
    „Was ist“, fragte er, „wenn das alles vorbei ist? Was machst du dann?“
    Carmen strich mit den Fingerkuppen über das rostige Metall der Brüstung. „Weiß ich noch nicht.“ Sie spürte, dass sie errötete und war dankbar, dass die Dunkelheit das verbarg. Seit ihrem Telefonat mit Katzenbaum hegte sie ständig die Furcht, dass er sie durchschaut hatte und lediglich auf den richtigen Augenblick wartete, um sie damit zu konfrontieren. Das war natürlich Unsinn, und sie wusste das auch, aber es änderte nichts daran, dass sie sich beklommen fühlte. Verfolgungswahn, nichts weiter.
    „Du weißt es nicht“, wiederholte Nikolaj. Sein Tonfall klang nachdenklich.
    „Was ist mit dir?“
    „Ich suche mir einen neuen Ort zum Leben.“ Er drehte den Kopf, so dass sie sein Gesicht sehen konnte. „Ein neues Refugium.“
    „Was ist mit Hawqa?“
    „Was soll damit sein? Das ist verloren.“
    Carmen fühlte, wie ihr Magen sich schmerzhaft zusammenkrampfte. „Du willst das in Berlin wirklich durchziehen, oder?“
    „Ich muss“, sagte er. „Sonst laufe ich nur wieder davon. Vielleicht kann ich ein Versteck finden, aber wie lange hält das? Hawqa waren vier Jahre. Das ist nicht viel.“
    „Vielleicht musst du dich nur gut genug verstecken. Lass sie glauben, du wärst tot – dann hören sie auch auf, nach dir zu suchen.“
    Nikolaj schlug leicht mit der flachen Hand gegen das Geländer. „Es gibt immer jemanden, der nicht locker lässt. Der die alten Geschichten wieder ausgräbt.“
    „Was ist mit den anderen Leuten, die du getötet hast?“ Carmen richtete ihren Blick wieder auf das Wasser unter ihren Füßen. „Gibt’s dort jemanden, der Rache will?“
    Nikolaj zündete sich eine Zigarette an. Carmen sah den Glutpunkt aufleuchten. Ein Hauch Tabak streifte ihre Nase. Er antwortete nicht. Das Schweigen begann sich in die Länge zu ziehen. Sie spürte plötzlich seinen Arm auf ihrer Hand.
    „Komm“, sagte er, „lass uns weitergehen.“
68 Berlin | Deutschland
     
    Rafiq starrte auf die Liste, die er angefertigt hatte. Tal hockte vor dem Fernseher und sah sich Cartoons an, Katzenbaum hatte einen Stuhl ans geöffnete Fenster gerückt und starrte rauchend hinunter in den Hinterhof.
    „Kennst du dich in Berlin aus?“, fragte Rafiq.
    Katzenbaum drehte den Kopf. „Geht so“, gab er zurück. „Ich habe vier Jahre in der Berliner Station gearbeitet. Aber das ist lange her. Lange vor der Öffnung der

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