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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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an. Mit der anderen Hand blinkte er und ordnete sich dann in der Spur ein, die auf die Schnellstraße stadteinwärts führte.
    Rafiq musterte die Industriekulisse auf beiden Seiten der Straße. Es herrschte dichter Verkehr. Ein Bretterzaun sperrte kilometerlange Schuttfelder ab. Auf der gegenüberliegenden Seite rissen Bulldozer und Planierraupen die Erde auf, wie fast überall in der Stadt. Seit Ende des Bürgerkriegs hatte sich ganz Beirut in eine riesige Baustelle verwandelt.
    „Wie war die Reise?“, fragte Katzenbaum.
    „Anstrengend“, murmelte Rafiq. „Ich hasse Middle-East Airlines. Hässliche Stewardessen und der Kaffee ist furchtbar. Warum leitet ihr eigentlich alles über Paris?“
    „Sicherheitsvorschrift“, sagte der Katsa lakonisch.
    Sie überholten einen Schulbus, Schemen von Kindergesichtern, die sich gegen staubige Scheiben drückten. Rafiq verspürte einen leisen Anflug von Wehmut. Es war ein Gefühl, wie man es empfindet, wenn man nach langer Zeit an einen vertrauten Ort zurückkehrt. Ein Gefühl wie Heimat, bittersüß und in diesem Moment völlig unangebracht.
    Er drehte den Kopf weg und starrte auf die Kolonne von LKWs, die über die Gegenfahrbahn krochen. Die Luft flimmerte von der Hitze und den Abgasen. Dies war der Ort seiner Kindheit. Damals, bevor der Bürgerkrieg die Stadt zerstört hatte. Heute war es ein fremdes Land. Der alte Zauber hatte sich verflüchtigt. Seine Eltern lebten noch immer in Beirut, sein Vater handelte vermutlich wieder mit alten Büchern und Pergamenten.
    Rafiq hatte ihn nicht wiedergesehen, seit er vor achtzehn Jahren im Zorn gegangen war, um Freiheitskämpfer zu werden. Eigentlich mied er den Gedanken an seinen Vater. Die gefühlte Distanz war mit jedem Jahr größer geworden, bis sie schließlich unüberbrückbare Dimensionen angenommen hatte.
    Katzenbaum überholte einen Lastwagen und eine alte Mercedes Limousine, dann zog er nach rechts in die Ausfahrt Hamra. Sie fuhren die belebte Rue de Monot hinunter und bogen schließlich ab in ein Gewirr enger Gassen.
    Die Bewohner dieser Gegend gaben sich keine Mühe, ihre religiöse Ausrichtung zu verbergen. Transparente mit Koranversen spannten sich zwischen den Hauswänden, an den Mauern hingen Bilder des ehemaligen Ministerpräsidenten Rafiq al-Hariri, der im Februar durch eine Autobombe getötet worden war. Katzenbaum lenkte den Renault in eine abschüssige Querstraße und parkte vor einer Treppe.
    Sie stiegen aus und liefen ein Stück zurück bis zu einem Mehrfamilienhaus, einem schmucklosen Betonbau aus den sechziger Jahren. Allah Akbar – Allah ist groß – war mit verblasster Farbe auf die Außenwand geschrieben.
    Die sichere Wohnung lag im zweiten Stock, ein karg möbliertes Vierzimmer-Apartment mit einem Balkon zur Straßenseite. Auf ihr Klopfen öffnete eine schwarzhaarige junge Frau, die sich als Sofia vorstellte. Sie verschwand in der Küche, während Rafiq und Lev Katzenbaum sich im Wohnzimmer niederließen.
    „Ich habe ein Abendessen mit Nasser Abu-Ghanem abgesagt“, eröffnete Rafiq. „Ich hoffe, dein Anliegen ist wichtig genug, um das zu rechtfertigen.“
    „Wer zur Hölle ist Nasser Abu-Ghanem?“ Katzenbaum zündete sich eine neue Zigarette an, nahm einen tiefen Zug und blies den Rauch gegen die Zimmerdecke.
    „Der syrische Repräsentant der Protonstahl AG.“ Rafiq verzog einen Mundwinkel.
    „Schade.“ Aus Katzenbaums Stimme war kein bisschen Reue herauszuhören. „Aber bestimmt wirst ihn überzeugen können, sich ein andermal mit dir zu treffen.“
    „Werden wir sehen“, murrte Rafiq. Er betrachtete Sofia, die mit der Kaffeekanne und drei abgestoßenen Gläsern den Raum betrat. In ihren Jeans und dem bedruckten T-Shirt sah sie aus wie eine Studentin. Vermutlich war sie sogar an der Amerikanischen Universität eingeschrieben, deren Campus in der Nachbarschaft lag.
    „Sofia ist unsere Koordinatorin“, erklärte Katzenbaum. „Sie wird sich außerdem um die Logistik kümmern. Der Rest des Teams kommt morgen im Laufe des Tages an.“
    „Was haben wir vor?“, fragte Rafiq. Er streckte seine Beine aus und fixierte die junge Frau.
    „Wir werden einen Mann fangen.“
    „Ah.“ Rafiq registrierte nicht ohne Vergnügen, dass Sofia seinem Blick auszuweichen versuchte. Er fragte sich, ob sie schon lange auf der Lohnliste des Mossad stand. Ihr Aussehen war unverkennbar arabisch geprägt, etwas, das sie für Operationen im Nahostraum prädestinierte. Entsprechend gekleidet und frisiert würde

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