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Das dunkle Fenster (German Edition)

Das dunkle Fenster (German Edition)

Titel: Das dunkle Fenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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ist sie?“
    „In Sicherheit, nehme ich an.“ Nikolajs Tonfall war ausdruckslos. „Wir haben uns getrennt.“
    „Du Scheißkerl, das glaube ich nicht.“ Er zog die Waffe hoch und rammte sie Nikolaj gegen die Kehle. „Wo?“
    „Ich weiß es nicht“, keuchte Nikolaj. Er hustete.
    „Das könnt ihr nachher ausmachen“, verfügte Katzenbaum scharf. „Los jetzt.“
    Rafiq machte einen Schritt zurück. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass immer mehr Passanten auf sie aufmerksam wurden.
    „Na gut“, murmelte er. „Na gut.“
    Auf der Fahrt zur sicheren Wohnung verlor Nikolaj das Bewusstsein. Rafiq beobachtete im Rückspiegel, wie Fedorows Körper gegen Tal sackte und wie Tal zuerst zusammenzuckte, dann aber realisierte, dass von ihrem Gefangenen keine Bedrohung mehr ausging. Katzenbaum saß auf dem Beifahrersitz und hielt in der einen Hand das Handy, in der anderen noch immer die Glock 17, mit der er Fedorow aufgehalten hatte. Im Fußraum lag Nikolajs Beretta mit dem blutverschmierten Griff.
    Sie hatten das Radio eingeschaltet, irgendein lokaler Sender. Der Moderator berichtete über ein Stadtfest am Wannsee. Die Ereignisse an der Museumsinsel waren noch nicht in die Nachrichten vorgedrungen. Die Normalität klaffte auf wie ein scharfer Grat und bildete einen schroffen Widerspruch zum Aufruhr, der in Rafiqs Innern tobte. In solchen Momenten verwandelte die Realität sich in eine unscharfe Linie, die sich irgendwo am Horizont verlor. Gut und Böse bildeten nur mehr Schattierungen von Grau. Erschöpfung sättigte das Schweigen.
    Das Klingeln des Telefons schnitt in die Stille wie eine Rasierklinge, die eine Papierbahn durchtrennt. Katzenbaum warf einen Blick auf das Display und Rafiq bemerkte aus dem Augenwinkel, dass er zögerte. Das Klingeln hörte nicht auf. Schließlich drückte Katzenbaum die Rufannahmetaste und presste das Telefon ans Ohr.
    „Ja?“
    Lange Zeit lauschte er seinem Gesprächspartner, ohne selbst etwas zu sagen. Sein Gesicht verhärtete sich immer mehr. „Ist das dein Ernst?“, fragte er schließlich.
    In seiner Stimme war ein Unterton, der Rafiqs Abwehrsystem aktivierte. Eine innere Alarmglocke schrillte los, und Rafiq fühlte, wie sein Magen sich zusammenzog. Er bremste vor einer roten Ampel, dann drehte er den Kopf zu Katzenbaum und versuchte seinen Blick aufzufangen. Lev starrte aus dem Fenster.
    „Wir fahren zurück in die sichere Wohnung“, sagte Katzenbaum, nachdem der andere offenbar eine entsprechende Frage gestellt hatte. „Aber wie ...“ Er stoppte abrupt. Abermals hörte er sehr lange nur zu.
    Dann plötzlich explodierte er. „Aber wie ist das möglich?“, bellte er ins Telefon. „Wie kann das sein, dass unsere Leute in Berlin operieren und du weißt nichts davon? David, du leitest diese verdammte Station. Ich ... Was?“
    Rafiq trat aufs Gas, als die Ampel auf Grün schaltete.
    „Verstehe“, murmelte Katzenbaum. Tatsächlich sah er aus, als verstünde er überhaupt nichts. „Nein“, sagte er endlich. „Nein, wir haben ihn verloren.“ Er stockte wieder und lauschte auf die Erwiderung. „Nein, tut mir leid.“ Er legte auf und nahm das Telefon herunter. Rafiq sah, dass seine Hände zitterten.
    „War das Grolanik?“
    „Ja“, sagte Katzenbaum. Sein Gesicht wirkte blutleer.
    „Was hat er gesagt?“
    Katzenbaum antwortete nicht. Stattdessen drehte er sich um und warf einen Blick zu Tal und Fedorow. „Scheiße.“ Dann, lauter: „So eine verdammte Scheiße!“
    Rafiq beobachtete ihn aus dem Augenwinkel, während er gleichzeitig versuchte, im dichten Verkehr voranzukommen. Katzenbaum holte ein paar Mal tief Luft. Er gewann zunehmend die Kontrolle über sich zurück. Als Rafiq in die Hohenstauffenstraße einbog, nur noch ein paar Blocks von der Wohnung entfernt, beugte sich Katzenbaum nach vorn und legte die Glock auf den Boden.
    „Ich muss nachdenken“, sagte er. „Ich glaube, jemand will uns aufs Kreuz legen.“
    „Das hatte ich fast vermutet“, erwiderte Rafiq lakonisch.
    Katzenbaums Ton wurde schärfer. „Dass wir Fedorow haben, bleibt erst mal unser Geheimnis.“ Er drehte sich abermals zu Tal um. „Ist das klar?“
    Tal zuckte mit den Schultern. „Wenn du es willst.“
    „Niemand darf das erfahren“, fügte der Katsa hinzu. „Jedenfalls jetzt noch nicht.“
    „Was hat Grolanik gesagt?“, wiederholte Rafiq.
    Katzenbaum lehnte seinen Kopf gegen das Polster. „Dass unsere eigenen Leute in diese Scheiße involviert waren, ohne dass jemand informiert

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