Das dunkle Feuer der Nacht: Roman (German Edition)
ihre Antwort aber gar nicht erst ab, sondern führte Solange auf den Hof hinaus.
Cesaro saß auf einem Stuhl auf der vorderen Veranda. Er sah müde und abgekämpft aus, doch er schaffte es, sich ein Lächeln abzuringen. »Ich werde meine Frau zu Marguarita schicken. Sie wird bei ihr bleiben, bis der Doktor kommt. Er ist mein Bruder, also keine Angst, denn niemand wird von dieser furchtbaren Nacht erfahren. Und danke, dass Sie dieses Ungeheuer getötet haben.«
Dominic deutete eine Verbeugung an und setzte seinen Weg in Richtung Bäume fort. Solange hob grüßend die Hand und folgte Dominic schweigend, bis sie ganz im Wald verschwunden waren. Auch dort gingen sie ein paar Minuten, ohne zu sprechen, weiter, und Solange blieb immer ein paar Schritte hinter und links von Dominic. So würde er genug Bewegungsfreiheit haben, falls sie einem Feind begegnen sollten.
»Wie weit ist es noch?«, fragte sie.
Er blieb stehen und drehte sich um. Sein Blick glitt nachdenklich über sie. »Es ist eine ziemliche Strecke bis zu unserem Unterschlupf«, gab er zu … und wartete.
Solange stieß in einem langen, ärgerlichen Zischlaut ihren Atem aus. Sie wusste instinktiv, was er von ihr erwartete, aber dieser sture Teil von ihr war nicht bereit dazu. Sie würde ihn nicht bitten, sie zu tragen. Was war sie denn? Ein Kind? Sie konnte laufen. Die ganze Nacht lang, wenn es sein musste. Sie brauchte sich nur in die Katze zu verwandeln, dann hätte sie es einfacher …
»Nein.« Er ließ ihren Blick nicht los.
Sie biss sich auf die Lippe. »Was willst du?«
»Ich glaube, diese Frage solltest du dir selbst beantworten.«
»Du verstehst nicht. Wirklich nicht.« Frustriert fuhr Solange sich mit den Händen durch das Haar und brachte die dichten Locken noch mehr durcheinander. »Du glaubst, mich zu kennen, aber du hast ja keine Ahnung. Wenn ich den Mund aufmache, werde ich alles kaputt machen.«
Ein langsames, sexy Lächeln ließ Dominics Gesichtsausdruck weicher erscheinen und setzte die Schmetterlinge in Solanges Magen frei. »Das bezweifle ich sehr. So funktioniert das nämlich nicht zwischen Seelengefährten. Keiner von uns kann etwas kaputt machen. Wir werden uns aneinander gewöhnen. Du hast nur noch nicht beschlossen, dich zu binden.«
Sie schüttelte den Kopf. »Hab ich doch. Ich habe dir mein größtes Geheimnis anvertraut und dir erzählt, dass mein Blut die Parasiten beseitigen könnte. Ich bin nicht auf die Jagd nach Brodrick gegangen, als du fort warst. Und du glaubst, dass ich mich nicht an dich gebunden fühle?«
»Warum fällt es dir dann so schwer, mich um eine solche Kleinigkeit zu bitten, wie uns zu unserem Unterschlupf zurückzubringen?«
Wenn er es so ausdrückte, klang es wirklich albern. Aber Solange war es nicht gewohnt, um einen Gefallen zu bitten. Wenn sie jedoch wirklich ehrlich zu sich selbst war … Na schön, es ging hier nicht um einen bloßen Gefallen. Das Problem war vielmehr, dass sie keine Schwäche zeigen wollte. Oder Dominic um irgendetwas bitten wollte. Sie hasste es, dass er recht hatte. Es ging um Vertrauen, doch wie änderte man sich in dieser Hinsicht? Sie wollte anders sein – aber sie konnte diese schreckliche Mauer, die sie um sich errichtet hatte, um zu überleben, einfach nicht überwinden.
»Ich weiß nicht, wie ich es ändern kann, Dominic.« Verzweiflung schwang in ihrem Tonfall mit. »Ich kann nicht mit dir reden.« Es drängte sie schon wieder wegzulaufen – und sie war in ihrem ganzen Leben noch nie vor irgendetwas weggelaufen.
»In deinen Träumen fiel es dir nicht schwer, mit mir zu reden.«
Er blieb unnachgiebig. Und ruhig wie immer. Am liebsten hätte sie ihn geschlagen. Hier ging es nicht um einen Traum. »Damals warst du nicht real. Ich konnte dir alles erzählen, und es hatte keine …« Sie brach ab, um nach dem richtigen Wort zu suchen. »Auswirkungen. Du musst doch wissen, dass es heute anders ist. Fühlt es sich nicht anders für dich an?« Sie konnte den bittenden Tonfall nicht aus ihrer Stimme heraushalten, weil ihr so viel daran lag, dass Dominic verstand.
»Völlig anders«, stimmte er ihr zu. »Besser. Ich habe Gefühle, die ich seit Hunderten von Jahren nicht mehr kannte. Ich weiß wieder, was Liebe ist. Ich weiß, wie es ist, Eifersucht zu empfinden oder glücklich zu sein. Ich kann meine Frau ansehen und die Forderungen meines Körpers spüren. Ich bin sogar froh über die Möglichkeit, Kummer und Herzweh verspüren zu können. Ich weiß, wie es ist, nichts
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