Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
Flüssigkeit überleben, das wäre unmöglich.«
»Das hast du bereits gesagt.«
»Wenn die Morde vor mehr als drei Tagen begangen wurden …«
Winter sah das dumpfe Licht in den Augen des Freundes, ein unheimliches Licht. Er spürte die vertraute Kälte über dem Schädel.
»Er ist noch einmal zurückgekommen«, sagte er. »Er ist zurückgekommen, um das Kind am Leben zu erhalten.«
Johnsson schwieg. Er studierte Winter, sein Gesicht oder die Stirn, als wollte er herausfinden, wie das Gehirn dahinter funktionierte.
»Gott steh uns bei«, sagte Winter.
»Hilft er dir?«
»Wo wären wir sonst?«
»Du solltest mit den Beschwörungen lieber warten, bis du mehr weißt«, sagte Johnsson. »Von deinem Insektendoktor zum Beispiel.«
Aber Winter sah schon das Bild in seinem Gehirn, hinter seinen Augen, etwas so Entsetzliches konnte nur der Wirklichkeit entspringen.
»Und die Temperatur im Haus?«, fragte Johnsson.
»Was?«
»Ihr werdet doch wohl von der Temperatur im Haus ausgehen, um zu bestimmen, wann … es passiert ist.«
»Ja, das ist unser Job.«
»Ich habe nur laut gedacht.«
Winter sah zwei schwarze Vögel sehr nah am Fenster vorbeifliegen. Sie betrachteten ihn. Sie sagten etwas zueinander, verschwanden, hinauf in den Himmel.
»Warum das Kind zurücklassen?«, sagte Winter. »Es … dem Leben überlassen?«
»Denkst du jetzt auch laut?«
»Ja. Darüber denke ich schon die ganze Zeit nach.«
»Ich bin nicht mit dir dort gewesen. Um darüber nachdenken zu können, brauchte ich … das Bild. Ich habe keine Phantasie.«
»Vielleicht war es sein eigenes Kind«, sagte Winter.
»Das Kind des Mörders?«
Winter schwieg, Johnsson schwieg ebenfalls. Er hatte sich wieder gesetzt. Winter sah die Sonne in der Lücke zwischen zwei Gebäuden des Krankenhauses. Sie wirkte klein und ängstlich, wagte sich kaum zu zeigen.
»Sein eigenes Kind«, wiederholte Winter nach einer Weile.
»Und die anderen beiden?«
Winter versuchte, Jovan Mars’ Gesicht vor sich zu sehen. Es hatte tausend Gefühle ausgedrückt. Wut war nur eins davon gewesen.
»Nicht seine«, sagte er.
»Nicht die Kinder des Vaters?«, fragte Johnsson.
»Dies Gespräch muss unter uns bleiben«, sagte Winter.
»Selbstverständlich.«
»Er war es nicht«, sagte Winter. »Er ist kein Mörder.«
»Bist du sicher?«
»Nein.«
»Hat er ein Alibi?«
»Nein. Jedenfalls noch nicht, vielleicht kriegt er nie eins. Darüber reden wir ja unter anderem.«
»Warum glaubst du, dass er es nicht war?«
»Weil er mich ein Schwein genannt hat«, antwortete Winter.
Jana hatte er diesmal zu Hause gelassen. Die beiden mussten sich besser kennenlernen, Liv und Jana. Liv begriff langsam, dass es ihr Hund war. Er hatte nichts mehr damit zu tun. Er hatte die ganze Zeit an sie gedacht, alles drehte sich um sie.
Er parkte am Ende des Grevgårdsvägen. Zuerst hatte er beabsichtigt, zum Frölunda torg zu fahren, aber sicher gab es auch am Opaltorget einen Videofilm-Verleih. Eigentlich hasste er den Platz. Er kannte niemanden, der den Opaltorget liebte. Der für andere hörbar sagen könnte »Ich liebe den Opaltorget«. Ha, ha, vielleicht gab es Leute, aber er gehörte nicht dazu.
Er wollte Kriegsfilme haben, es waren neue auf den Markt gekommen, von denen er glaubte, dass sie gut waren, aber er erinnerte sich nicht an die Titel. Egal, sie würden ihm einfallen, wenn er sie sah. Einen guten oder schlechten Film konnte man schon am Cover erkennen. Es war etwas mit den Gesichtern der Schauspieler. Man sah ihnen an, ob sie in einem guten oder schlechten Film mitspielten. Das hatte nichts mit den Kritiken zu tun, eher im Gegenteil. Filme, die gute Kritiken bekamen, schaute er sich fast nie an, die waren todlangweilig. Nur Schwule liiieben solche Filme, und sie hassssen Kriegsfilme, die nie gute Rezensionen bekamen. Nicht, dass Schwule sich jemals Kriegsfilme anschauten. Nicht, dass ich irgendeinen Schwulen kenne, ich werde auch nie einen kennenlernen. Ein schwulenreiner Opaltorget, dachte er und musste fast lachen. Der Opaltorget befreit von allen, die nicht hierher gehören, Jugendbanden zum Beispiel, die sind noch schlimmer als die Schwulen, nein, aber sie sind die Pest, eine größere Pest, wenn man bedenkt, dass die Schwulen wenigstens nicht herumziehen und Leute zusammenschlagen, vielleicht werden Schwule von den Banden angegriffen, es kann auch andere treffen, das habe ich gesehen, gehört und gelesen, und es gefällt mir nicht. Banden der Oberschicht aus dem
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