Das dunkle Haus: Kriminalroman (Ein Erik-Winter-Krimi) (German Edition)
Detek-tiv.«
»Wenn man sich nicht auf Menschen verlassen kann, auf wen soll man sich dann verlassen?«
»Hunde vielleicht?«
»Nach einigen Wochen Abwesenheit hat ein Hund, dein bester Freund, dich für immer vergessen«, sagte Winter.
»Ich habe diesen Hund nie gesehen«, sagte Mars.
»Entschuldigung«, sagte Winter.
»Ich ziehe nicht dorthin zurück«, sagte Mars. »Das würde nur ein Geisteskranker tun.«
»Ich bin gerade auf dem Weg nach Amundövik«, sagte Winter. »Wollen Sie mitkommen?«
»Ach so, geht es darum? Wollten Sie mich mit zum Haus locken?«
»Nein.«
»Warum wollen Sie, dass ich mitkomme?«
»Ich weiß es tatsächlich selber nicht«, sagte Winter.
»Dann komme ich mit«, sagte Mars.
Mars weinte, als sie am Spielplatz vorbeigingen. Winter hatte das Auto unten am Jachthafen abgestellt. Mars wollte es so. Winters Auto war das einzige am Hafen. Sie sahen keine Menschenseele. Es war leer wie immer, als ob alle Anrainer nach den Morden weggezogen wären.
»Jesus«, sagte Mars. »Jesus.«
»Ich kann Sie sofort zurückbringen«, sagte Winter. »Sie müssen nicht.«
»Ich muss noch mal rein. Ich muss es selber sehen . Das kann ich nicht endlos vor mir herschieben. Ich habe schon lange genug damit gewartet.«
»Sie wollten nicht herkommen, um …«
»Um Messer zu zählen, nein«, unterbrach ihn Mars. »Die Fotos und Aufstellungen haben gereicht.«
»Wollen wir hier stehen bleiben?«, fragte Winter.
»Ja, einen Moment.«
Sie setzten sich auf eine Bank. Mars hatte gezögert.
»Hier habe ich oft gesessen, mit den Kindern«, sagte er. »Wenn ich zu Hause war.«
Ein Auto fuhr vorbei. Winter sah zwei Gesichter hinter der Windschutzscheibe. Mars sah sie auch.
»Was mögen sie denken? Wahrscheinlich werden sie sich fragen, was zum Teufel ich hier zu suchen habe. Sie glauben wohl, ich werde zum Tatort ausgeführt.«
»Dies ist nicht der Tatort«, sagte Winter.
»Vielleicht hat er auch hier gesessen«, sagte Mars und deutete mit dem Kopf zu den Schaukeln, den Autoreifen, dem Kletterhaus, dem Sand, der wieder zum Vorschein gekommen war. Der Schnee am Rand des Spielplatzes war schwarz, nichts war grün. »Der Mörd … Scheiße, ich kann es nicht aussprechen, nicht hier, er, der …«
»Sie meinen, es ist ein Bekannter?«, fragte Winter.
»Wie zum Teufel soll ich das wissen?«
»Haben Sie das schon einmal gedacht?«
»Was?«
»Dass es jemand sein könnte, den Sie kennen?«
Mars’ Blick war auf die Spielgeräte gerichtet, vielleicht auf die Insel, das Meer. Winter folgte ihm nicht in Gedanken, nicht jetzt und nicht hier, nur ein Wahnsinniger konnte Mars’ Gedanken in diesem Moment folgen. Winters Gedanken waren bei seinem eigenen Strand im Süden, dem leeren Grundstück, unbebaut seit Jahren, ein eigener Strand und nichts weiter, nie wurde ein Haus darauf errichtet, kein Schuppen, nicht einmal ein Bootshaus, es war in Ordnung gewesen, aber im Augenblick war er sich nicht mehr sicher, vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht war es nur der Anfang, das Ende vom Anfang. Mars sah etwas, was er nicht verstand, und erhob sich.
»Ich bin bereit«, sagte er.
Mars ging voran. In der Ferne hörte Winter Seevögel lachen, er sah, dass Mars reagierte. Sein Rücken krümmte sich, als trüge er eine Last, die zu schwer für seinen Körper war.
Ein Mann kam ihnen entgegen. Winter erkannte ihn, Mars erkannte ihn.
»Jovan«, sagte Robert Krol und breitete seine Arme aus. Was für eine Flügelspanne, dachte Winter.
Krol umarmte Mars, der fast in seinen Armen verschwand. Es ist eine Szene voller Liebe, Fürsorge, Trauer, allem, was menschlich ist, dachte Winter. Mars befreite sich. Er weinte wieder. Krol weinte. Die Tränen auf seinen Wangen sahen aus wie Tropfen aus Meersalz.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, sagte Krol. »Ich weiß es nicht.«
Mars schüttelte den Kopf, schwieg.
»Ich weiß es nicht«, wiederholte Krol.
»Du brauchst nichts zu sagen, Robert.«
»Aber trotzdem.«
»Es genügt, dass du hier bist.«
»Ich bin immer hier, Jovan.«
»Ich weiß.«
»Du kannst immer hierherkommen, ich bin da«, sagte Krol. Er sah Winter an und dann zurück zu Mars. »Warum … seid ihr hier, Jovan?«
»Ich war nicht hier seit … seit …«
»Du brauchst nicht zu antworten. Ich hätte nicht fragen sollen. Wirklich dumm von mir.«
»Ich musste einfach zurückkommen.«
Krol nickte. Er sah Winter an, nickte wieder. Dann schaute er Mars an.
»Was auch immer, Jovan, was auch
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