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Das dunkle Herz Kashas

Das dunkle Herz Kashas

Titel: Das dunkle Herz Kashas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liandra diLuna
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über mich selbst zu erwerben, wenn ich mich und meine Wurzeln besser kennenlernen würde. Zu dieser Zeit... Wie soll ich es dir erklären? Ich war damals etwa vierzehn Winter alt; durcheinander, verunsichert und – ich hatte mich nicht im Griff. Versteh mich nicht falsch, ich wollte niemandem schaden, aber dennoch habe ich in diesen Mondläufen viel Schaden angerichtet. Im Dorf Grugandamil gab es einen jungen Grugandar, der mich vom ersten Tag an hasste. Warum dies so war, kann ich dir nicht sagen. Doch er nutzte jede Gelegenheit, um mich zu demütigen und zu beschimpfen. Eines Tages gelang es mir nicht mehr, seine Attacken hinzunehmen. Ich war außer mir vor Wut und verlor vollends die Kontrolle über mich und meine Fähigkeiten. Wenn nicht einige andere Grugandar dazwischen gegangen wären, hätte ich den Jungen vermutlich getötet, fürchte ich. Auch so hatte er bereits schwere Verletzungen davongetragen und auch die anderen Grugandar waren verletzt. Ich musste noch vor Sonnenuntergang dieses Tages Grugandamil verlassen. Nachdem ich zu meiner Mutter und meinem Vater zurückgekehrt war, setzte ich alles daran, die Selbstkontrolle zu erlernen, die mir in Grugandamil so sehr gefehlt hatte. Es gelang mir auch, aber dennoch ist den Grugandar – und vor allem den Bewohnern von Grugandamil – sehr bewusst, wozu ich in der Lage bin.“
    Xerus mied meinen Blick und starrte gedankenverloren ins Leere. Was war zwischen diesen beiden Jungen vorgefallen, was hatte Xerus getan, was ihn offensichtlich immer noch beschämte? Was meinte er mit „wozu ich in der Lage bin?“ Ich wartete ab, ob er noch mehr über diesen Zwischenfall in Grugandamil berichten würde. Doch Xerus schwieg und schien mit seinen Gedanken weit, weit weg zu sein.
    Nachdenklich beobachtete ich ihn. Dann stellte ich eine weitere Frage, die mir bereits seit einigen Augenblicken auf der Zunge brannte. „Aber wieso sollte Garrok deine Reaktion darauf fürchten, dass er mich angegriffen hatte? Immerhin ist er der Bruderssohn deiner Muttersmutter; ich bin eine Kasha, die fremd im Kernland ist.“
    „Das heißt nicht, dass er mir näher steht als du“, antwortete Xerus ernst. „Zum einen weiß Garrok, wie wenig ich von der Unsitte der Grugandar halte, die Frauen der anderen Dörfer und der Kasha zu rauben. Zum anderen hasse ich es, wenn Leben grundlos ausgelöscht wird. Auch das ist Garrok bewusst. Wenn er dich getötet hätte, hätte er dafür bezahlt. Ganz gleich, ob er der Bruderssohn meiner Muttersmutter ist oder nicht.“
    Dieses Mal wich Xerus meinem Blick nicht aus. Etwas beunruhigt erwiderte ich den Blick seiner zweifarbigen Augen, sah darin jedoch nichts Böses. Sie spiegelten jedoch eine unbestimmte Melancholie wider.
    Wir schwiegen beide für die Dauer mehrerer Herzschläge. Dann ergriff Xerus das Wort. „Für mich bist du längst keine fremde Kasha mehr. Seit du in mein Leben getreten bist, wird mir mit jedem Tag klarer, wie einsam meine Tage zuvor waren. Um ehrlich zu sein, fürchte ich schon jetzt den Tag, an dem deine Neugier gestillt ist und du die Nebelwälder verlässt, um neue Gegenden zu erkunden. Ich fühle mich in deiner Gegenwart so wohl, wie schon lange nicht mehr.“
    Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen stieg. „Ich habe keine Eile, die Nebelwälder und das Kernland zu verlassen. Auch ich genieße es, gemeinsam mit dir dieses Gebiet zu erkunden. Es zieht mich nicht an einen anderen Ort.“
    Xerus murmelte etwas, was wie „Noch nicht...“ klang. Laut sagte er: „Es freut mich, dass du so denkst. Es gibt noch vieles, was ich dir zeigen möchte.“
    „Und vieles, was ich gern sehen möchte.“
     
    In den nächsten beiden Tagen bereitete Xerus für mich stärkenden Tee zu, brachte mir Früchte, Beeren, Pilze und essbare Blätter und ließ sich von mir berichten, wie es für mich gewesen war, meine Stadt sowie Mutter, Vater und die drei Brüder zu verlassen und zusammen mit anderen sieben Jahre alten Mädchen aus ganz Kasha Novizin des Gottes des Kampfes und der Kriegskunst zu werden. Obwohl sein Interesse an meinen Erfahrungen sichtlich aufrichtig war, wurde ich den Eindruck nicht los, dass dies nicht der einzige Grund für seine Fragen war. So lange er mich befragte, konnte ich ihm keine weiteren Fragen stellen...
    Am Morgen darauf erkundigte er sich unternehmungslustig: „Bist du erholt genug für einen Ausflug in die Wipfel der Baumriesen, hinauf bis über die Nebelgrenze?“
    Ich stimmte begeistert zu und wir machten

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