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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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das Sie ausüben, und sind ein Schandfleck für Ihren Berufsstand!«
    Dobie wurde kreidebleich. Fürs Erste hatte es ihm die Sprache verschlagen. Jeder sah, dass ihm das peinlich war.
    Der Richter blickte von einem zum anderen und dann zu Aston Sixsmith, dessen Gesicht keine Regung verriet. Schließlich sah er zu Jenny Argyll hinüber, die mit fahlem Gesicht dasaß. Ihre Augen schauten starr ins Leere, als wären sie zwanghaft auf eine innere Vision gerichtet und könnten sich einfach nicht davon losreißen.
    Rathbone sagte nichts.
    Der Richter wandte sich wieder Dobie zu. »Mr. Dobie, möchten Sie Ihre Frage umformulieren? In der gegenwärtigen Form erscheint sie uns unzulänglich.«
    »Wenn Ihre Lordschaft es erlauben, gehe ich zur nächsten Frage über.« Dobie räusperte sich und hob den Kopf wieder zu Argyll. »James Havilland war um Mitternacht allein in den Stallungen. Für wen außer Ihnen würde er eine derart ungewöhnliche Verabredung noch einhalten?«
    »Das weiß ich doch nicht!«, rief Argyll.
    »Haben Sie je diesen Mann gesehen, dessen Zähne laut Beschreibung so auffällig sein sollen, dass man ihn sofort daran erkennen würde, und der angeblich Ihren Schwiegervater ermordet hat?«, fügte Dobie hinzu.
    Argyll zögerte.
    Alle im Gerichtssaal lauschten gebannt. Jemand unterdrückte ein Husten, eine Korsettstange knarzte, dann herrschte Stille.
    Jenny Argyll sah zu Sixsmith auf. Ihre Blicke begegneten sich, ruhten kurz ineinander, dann wandte sie sich ab. Was war es, das Monk in diesem Moment in Sixsmith’ Gesicht las? Mitleid angesichts dessen, was sie jetzt verlieren würde? Vergebung dafür, dass sie nicht schon vorher den Mut zu ihrer Aussage aufgebracht hatte? Oder Zorn, weil sie ihn so lange am Rande des Abgrunds hatte leiden lassen und erst gesprochen hatte, als man sie dazu gezwungen hatte? Es konnte alles oder nichts davon sein.
    Argyll schluckte. »Wie Sixsmith gesagt hat: Ich wollte jemanden anheuern, der dafür sorgte, dass unter den Navvys wegen der Sicherheit keine Unruhe ausbrach und dass die Tosher, deren Gebiete wegen der Grabungen immer mehr verschwinden, nicht gewalttätig wurden und die Arbeiten behinderten.« Er sog die Luft ein. »Wir müssen die neuen Abwasserkanäle so bald wie möglich fertigstellen, sonst drohen verheerende Seuchen.«
    Im Saal breitete sich ein nervöses Rascheln aus.
    Monk beobachtete die Geschworenen. Er bemerkte Unbehagen bei ihnen, aber kein Verständnis.
    »All das ist uns bekannt, Mr. Argyll«, erklärte Dobie, der nun langsam wieder seine Fassung wiedererlangte. »Wir stellen ja auch nicht das, was Sie tun, infrage, sondern die Methoden, die Sie bereit sind anzuwenden, um Ihr Ziel zu erreichen. Sie geben also zu, dass Sie diesen Mann getroffen und Mr. Sixsmith Geld gegeben haben, mit dem er ihn bezahlen sollte?«
    Argylls Stimme klang gequält. »Ja! Aber nur, um die Gewalt einzudämmen, nicht, um Havilland zu töten!«
    »Aber Havilland war ein Ärgernis, oder nicht?«, forderte ihn Dobie mit erhobener Stimme heraus. Er trat näher an den Zeugenstand heran. »Er glaubte doch, Sie betrieben die Arbeiten zu schnell, nicht wahr, Mr. Argyll? Er befürchtete, Sie könnten unter der Erde alles durcheinanderbringen, einen Einsturz verursachen und möglicherweise sogar das Bett eines in keiner Karte verzeichneten alten Bachs im Untergrund anbohren, oder stimmt das etwa nicht?«
    Argyll war jetzt so bleich, dass er einem Zusammenbruch nahe schien. »Ich weiß nicht, was er glaubte!«, schrie er mit verzerrter Stimme.
    »Ach nein?«, fragte Dobie sarkastisch. Er wandte sich ab, nur um gleich wieder zum Zeugenstand herumzuwirbeln. »Aber er war eine Last, oder? Und nachdem er um Mitternacht in seiner eigenen Remise erschossen und in einem Selbstmördergrab verscharrt worden war, nahm seine Tochter Mary seine Sache auf und führte den Kampf weiter, oder stimmt das nicht?« Er stach mit dem Finger in Argylls Richtung. »Und wo ist sie jetzt? Auch in einem Selbstmördergrab! Wie Ihr Verbündeter und jüngerer Bruder.« Ein triumphierendes Lächeln breitete sich über sein Gesicht aus. »Danke, Mr. Argyll. Das Gericht benötigt nichts mehr von Ihnen. Zumindest bis auf Weiteres.« Mit einer ausladenden Armbewegung lud er Rathbone ein, Argyll zu befragen, falls dieser das wünschte.
    Doch Rathbone lehnte ab. Der Sieg war zum Greifen nahe.
    Der Richter sah ihn mit einem verwunderten Blinzeln an, enthielt sich aber einer Bemerkung.
    Als nächsten Zeugen berief Dobie

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