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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Und ich habe auch das Wasser, die Dunkelheit und die Ratten beschrieben.«
    Scuff erschauerte unwillkürlich. Ohne es zu merken, rutschte er ein Stück näher an Hester heran. Sie schien es nicht wahrzunehmen. Nur ihre Lippen öffneten sich etwas, als wollte sie lächeln, wüsste aber, dass sie ihn das nicht sehen lassen durfte.
    »Hat Jenny Argyll ausgesagt?«, wollte sie wissen.
    »Ja.« Monk sah ihr in die Augen und spürte, dass sie in diesem Moment an Rose Applegate dachte und daran, wie viel sie hatte opfern müssen. »Sie hat nichts verschwiegen. Argyll hat natürlich geleugnet, aber niemand hat ihm geglaubt. Wenn er in die Gesichter der Geschworenen gesehen hätte, wäre ihm klar gewesen, wie das Urteil gegen ihn ausfallen wird.« Er hielt jäh inne. Mit einem Schlag war ihm bewusst geworden, was für eine endgültige Feststellung er da von sich gegeben hatte. Sie hatten es geschafft, das scheinbar Unmögliche war Wirklichkeit geworden. Sixsmith war frei, und Argyll stand als Schuldiger fest.
    »Komisch«, sinnierte Hester laut, »seinen Namen werden wir nie erfahren.«
    »Der Mann, der James Havilland erschossen hat? Das nicht, aber er war ja nur Mittel zum Zweck, und jetzt ist er ohnehin tot. Hauptsache ist, dass der Mann, der dahintersteckt, seine gerechte Strafe bekommen wird und man in Zukunft den Verlauf neuer Tunnel vielleicht etwas sorgfältiger plant oder sie zumindest nicht mit solcher Geschwindigkeit in die Erde treibt.«
    »Aber Argyll wird angeklagt?«, beharrte Hester. »Heißt das nun, dass Mary Havilland und ihr Vater ordentlich beerdigt werden können?«
    »Dafür werde ich persönlich sorgen.« Monk meinte das als Versprechen. Und als er Hesters Augen aufleuchten sah, wusste er, dass sie es als solches wertete.
    Sie riss ihn aus seinen Gedanken. »Hat Sixsmith ausgesagt? Bitte erzähl uns alles. Er schien so ein anständiger Mann zu sein. Ein bisschen derb vielleicht, aber das ist ja auch ein harter Beruf. Ich hatte den Eindruck, dass er … zu tiefen Gefühlen fähig ist.«
    Monk lächelte. »O ja, das ist er. Es ist immer riskant, einen Beschuldigten in den Zeugenstand zu rufen, aber er hat sich großartig geschlagen. Er hat haargenau beschrieben, was geschehen ist, wie Argyll ihm das Geld übergeben und ihm Anweisungen erteilt hat, was er damit machen soll, nämlich die Tosher bestechen, die für Ärger gesorgt hatten. Was er sagte, klang plausibel, und man konnte sehen, dass die Geschworenen ihm geglaubt haben.«
    Er hatte wieder Sixsmith’ Gesicht während seiner Aussage vor Augen. »Er hat gesagt, er hätte nicht gewusst, wie der Mann aussah, als er auf ihn wartete. Aber der Mann erkannte ihn auf Anhieb und kam auf ihn zu. Er war ziemlich groß, schlank, hatte langes schwarzes Haar, das ihm bis über den Kragen hing …« Er verstummte abrupt. Plötzlich drehte sich das Zimmer um ihn, seine Glieder kamen ihm unendlich weit entfernt vor und fühlten sich schrecklich kalt an. Sixsmith hatte den Mörder so beschrieben, wie er als Leiche ausgesehen hatte! Nicht so, wie ihn Melisande Ewart in Havillands Todesnacht gesehen hatte!
    »Was ist? Stimmt was nicht, William?« Wie aus weiter Ferne drang Hesters Stimme zu ihm. Sie klang ängstlich. Scuff wurde von ihren Gefühlen angesteckt. Er saß fest an sie gedrückt da, die Augen weit aufgerissen.
    Als Monk endlich die Sprache wiederfand, war sein Mund wie ausgetrocknet. »Sixsmith hat ausgesagt, das Haar des Mannes sei lang gewesen. Er hat behauptet, er hätte ihn nur ein Mal gesehen, und zwar zwei Tage vor Havillands Tod. Damals war es aber kürzer. Viel kürzer. Mrs. Ewart hat gesagt, es ginge nicht bis zum Kragen. Erst als ich seine Leiche sah, hing es weit darüber.«
    Hester starrte ihn an. Langsam füllten sich ihre Augen mit Entsetzen. »Du meinst, Sixsmith hat ihn gesehen … unmittelbar bevor er getötet wurde? Dann …« Sie unterbrach sich, unfähig, den Gedanken zu Ende zu führen.
    Monk sagte es für sie. »Er hat ihn umgebracht. Argyll hat die Wahrheit gesagt. Wahrscheinlich hat er Sixsmith wirklich das Geld deshalb gegeben, damit er die Tosher besticht, so, wie er es dargestellt hat. Sixsmith war derjenige, der Havilland und möglicherweise auch Mary hat ermorden lassen.«
    »Aber Argyll kann doch nicht schuldlos sein«, widersprach Hester entsetzt. »Er war derjenige, der Jenny aufforderte, den Brief zu …« Ihre Stimme erstarb. »Oder doch nicht? Vielleicht hat sie gelogen, weil Sixsmith es von ihr verlangt hat. Aber warum?

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