Das dunkle Lied des Todes
Köche in der Klasse und heimsten für ihre
Pasta bolognese
das verdiente Lob ein. Aber ansonsten war die Stimmung gespannt. Aus Gründen, die Eva nicht begriff, hatte die ganze Gruppe sich gegen Vanessa zusammengeschlossen. Bromsen hatte Franz gefragt, ob er etwas über die verschwundene Geige wüsste, und Franz hatte geantwortet, er wolle doch nicht hoffen, dass das Instrument seine Tage auf dem Boden des Beckens mit dem blubbernden Wasser beendet habe. Diese Bemerkung hatte Vanessa an den Rand des Zusammenbruchs getrieben. Daran gab es keinen Zweifel: Alle, bis auf Vanessa, wussten, was aus der Geige geworden war. Aber welches Verbrechen mochte Vanessa begangen haben, dass sie so hart bestraft wurde?
Eva hatte sich Betty vorgenommen, und die hatte wiederholt, es sei eine interne Angelegenheit.
Jetzt saßen sie im Esszimmer. Nicht wie sonst, sondern nach einem von Eva aufgestellten Tischplan. JB hatte seinen üblichen Witz über die beiden Nonnen und das dreibeinige Pony losgelassen und das spärliche Klatschen war verstummt.
»Ich kann auch einen über die Kanonen von Navarone.«
»Ja, danke«, stöhnte Vibe.
»Der ist nicht sonderlich witzig«, sagte Julius. »Dafür ist er lang.«
Eva klopfte an ihr Glas und erhob sich.
»Ja, halt uns eine Rede«, sagte Bromsen.
Eva lächelte.
»Ich werde keine Rede halten«, sagte sie, »aber ehe ihr euch auf die Nachtwanderung macht, möchte ich euch doch einige neue Namen geben dürfen. Wie ihr seht, sitzt ihr nicht so wie sonst. Ich habe es mir nämlich erlaubt, eure üblichen Plätze zu vertauschen.«
Eva ging zum Tischende und zog die alte Passagierliste aus der Tasche.
»Vor zwei Tagen haben Filip und Johan diesen Zettel in der alten Sammelbüchse draußen in der Halle gefunden. Sie haben ihn durch einen Zufall entdeckt, als sie ihre Münze zurückholen wollten. Ich muss wohl noch sagen, dass die Jolly Nigger Bank zu den wenigen Dingen gehört, die den Untergang der Pemba überlebt haben. DiePemba war das Schiff, mit dem Max und Edward Savannah und einige andere 1934 die Heimreise angetreten hatten. Niemand von ihnen kam je nach Hause, da das Schiff unterging. Einige Truhen und Kisten jedoch konnten geborgen werden und ein Teil dieses Treibgutes waren die Spardose und ein Stück Papier, eine Liste der Menschen, die an Bord des Schiffes waren.«
»Und was geht uns das an?«, stöhnte Julius.
»Das wüsste ich auch gern. Vielleicht geht es uns etwas an? Vielleicht könnt ihr mir helfen.«
Eva schielte zu Bromsen hinüber, der mit verschränkten Armen und einem kleinen Grinsen dasaß.
»An Bord der Pemba waren nämlich dreizehn Menschen. Fünf weibliche und acht männliche. Ich hoffe, ich darf sie euch vorstellen.«
Eva legte die linke Hand auf Vibes und die rechte auf Tinekes Schulter.
»Das hier sind Lærke und Ann-Sofie. Zwei junge Mädchen. Dann haben wir Frau Gudrun Schiøler.« Eva trat hinter ihren eigenen Stuhl. »Und Herrn Frederik Schiøler.«
Eva sah Bromsen an und trat hinter Vanessas Stuhl.
»Wir haben die kleine Amalie Schiøler und die Zwillinge Max und Edward Savannah.«
Eva stand jetzt hinter Johan und Filip.
»Und dann haben wir die Mannschaft. Als Ersten Kapitän Barret.« Eva legte die Hand auf Anders’ Schulter. »Und dann Steuermann Flint.«
Thomas blickte zu ihr auf.
Eva stellte sich hinter Gustavs Stuhl.
»Es gab den Koch Per und einen Bootsmann namens Mortensen«, Eva lächelte JB an, »einen Schiffszimmerer namens Laust«, Eva klopft Franz auf die Schulter, »und nicht zuletzt die Schwarze Limbo.«
Eva trat hinter Bettys Stuhl.
Alle schwiegen jetzt. Die meisten waren in Gedanken versunken oder schielten zur Nachbarin oder zum Nachbarn hinüber.
Bis Julius das Wort ergriff.
»Mein Vetter kennt einen Jungen, der genauso heißt wie mein Vetter, sie sind genau gleich alt und genau gleich groß und im vorigen Jahr haben sie beide im Lotto eine Masse Kohle gewonnen. Aloha in Hawaii.«
Lähmendes Schweigen folgte auf diese Mitteilung.
Eva knipste das Deckenlicht aus und der Raum war nur noch von den Kerzen erleuchtet.
Die Stimmung änderte sich. Das Zimmer schloss sich um sie. Die Kerzen warfen dreizehn Schatten an die Wände.
Eva senkte die Stimme.
»Sie haben Sansibar im Jahre 1934 verlassen und ich stelle mir vor, dass sie eine Menge Träume und Erwartungen an das Land hatten, in das sie zurückkehrten. Auf Max und Edward wartete sogar ein frisch erbautes Haus. Wir sitzen in ihrem Esszimmer und wir sitzen auf ihren
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