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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjarne Reuter
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war da in der Dunkelheit.
    Zwei alte Lederstiefel ohne Schnürsenkel und eine Manchesterhose. Ein Wollsweater aus einer verschwundenen Zeit.
    Das Licht der Lampe machte einen Sprung.
    Ein weißes Gesicht tauchte auf. Ein mageres, ziemlich junges Gesicht unter einem beigen Tropenhelm.
    Eva spürte, wie ihr Rücken gegen die Wand schlug.
    Die Taschenlampe entglitt ihrer Hand und fiel zu Boden.
    »Wir sind das nur, Eva.«
     
    Sie saßen in der Küche, Eva, Anders und Thomas. Eva hatte einen Liter Wasser direkt aus dem Hahn getrunken. Wenn sie einen Liter Rum gehabt hätte, hätte sie denauch getrunken. Sie starrte die anderen in ihrem seltsamen Aufzug an. Noch immer bebte sie vor Zorn. So sehr, dass es zu Handgreiflichkeiten führen könnte. Das hatte sie ihnen auch gesagt.
    »Ihr hättet beide Prügel verdient. Eine anständige Tracht Prügel. Aber die habt ihr bestimmt noch nie gekriegt. Habt ihr eigentlich restlos den Verstand verloren? Ist eure Selbstverliebtheit dermaßen aufgelodert, dass euer Gehirn verbrannt ist? Woher habt ihr diese Kleider?«
    »Die lagen in der Truhe in unserem Zimmer.«
    Eva sah zuerst den schuldbewussten Thomas an und dann den in sich gekehrten Anders. Sie kniff die Augen zusammen und richtete einen steifen Zeigefinger auf ihn.
    »Ich schicke euch nach Hause. Ihr werdet von der Klassenreise ausgeschlossen   … Ist euch überhaupt klar, was ihr getan habt? Ihr habt ein Grab geschändet.«
    »Aber das war doch leer.«
    »Hast du gewusst, dass es leer war, Anders? Nein, das hast du nicht gewusst. Ihr habt verdammt noch mal ein Grab geschändet. Was bildet ihr euch nur ein?«
    Anders holte tief Luft.
    »Wir wollten nichts schänden. Wir wollten nur sehen, ob er da liegt.«
    Eva rang die Hände.
    »Hörst du, was du da sagst? Du redest vom Grab eines anderen Menschen. Was zum Teufel bildet ihr euch ein?Was geht in euren Köpfen vor sich? Wisst ihr, was ihr riskiert? Ihr riskiert es, von der Schule verwiesen zu werden. Und das hättet ihr verdient. Sieh mich an, Anders. Wie konntet ihr nur auf so eine Idee kommen?«
    »Wir konnten es einfach nicht lassen.«
    »Was?«
    »Es fing damit an, dass wir seine Stiefel gefunden haben. Und die Hose. Und das alte Feuerzeug. Das sollte eigentlich ein Witz sein. Wir haben die Klamotten angezogen und sind in die Küche gegangen und haben eine von seinen Zigarren geraucht. Wir haben darüber gesprochen, dass Savannah doch unmöglich unten im Keller begraben sein kann, wenn das Schiff untergegangen ist. Wir haben darüber gesprochen, dass wir   …«
    »Ich will mir das nicht mehr anhören. Ihr könnt raufgehen und die Sachen dahin legen, wo ihr sie gefunden habt. Nein, wisst ihr, was ihr könnt? Ihr könnt euch zum Teufel scheren. Alle beide. Ab mit euch. Verschwindet!«
    Sie hörte, wie die beiden die Küche verließen, und schlug für einen Moment die Hände vors Gesicht, schaute aber auf, als sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde.
    Da stand Bromsen mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern.
    »Du willst sicher nichts, aber ich könnte jetzt gut ein Glas Rhonewein aus dem Sonderangebot vertragen.«
     
    Sie umfasste das Glas mit beiden Händen. Schloss die Augen und trank. Gleich darauf hatte sie Sehnsucht nach einer Zigarette und spürte, wie sich Wohlbefinden in ihrem Körper ausbreitete.
    »Du bist der Held des Tages, Lars Bromsen.«
    »Man kann doch nicht schlafen, wenn der Rest des Hauses so hektisch durch die Gegend rennt.«
    »Haben wir dich geweckt?«
    »Ich habe gehört, dass Vibe und Tineke das Zimmer gewechselt haben. Und da dachte ich mir, ihre hartgeprüfte Lehrerin sei sicher auf. Noch ein Glas?«
    »Gieß nur ein, Bromsen. Was macht dein Finger?«
    »Du wirst es nicht glauben, aber es blutet nicht mehr. Franz’ Mutter ist offenbar Krankenschwester und er hat ein paar Tricks von ihr gelernt. In Kamillentee getunkte Gaze. Schwups, schon ist der Fall geklärt.«
    Eva lächelte. »Das ist doch schön für dich.«
    »Hast du noch immer mit dem Haus ein Hühnchen zu rupfen?«
    »Ja. Das heißt, nein. Ich glaube, das ist durch. Sicher hat alles am Ende doch eine natürliche Erklärung, und ich schwärme eben für natürliche Erklärungen.«
    Eva erhob sich.
    »Und jetzt gehe ich zu den Mädchen hoch. Ich möchte ja doch meine sechs Stunden Schlaf. Danke für den Wein. Das war das pure Labsal.«
     
    Sie steht im Gang vor der Tür zum Herrenzimmer. Oder zur Bibliothek, wie Thomas und Anders es nennen. Sie kann sehen, dass Licht brennt, deshalb

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