Das dunkle Netz der Lügen
könnten uns auf die richtige Spur bringen.»
Recke nickte und machte sich auf den Weg, Robert und Ebel blieben allein zurück.
«Ich finde es nicht richtig, dass Sie Recke mir bei so einer wichtigen Aufgabe vorziehen», sagte Ebel. «Immerhin bin ich Inspektor …»
«Ebel, um mit den reichen Leuten zu reden, brauche ich jemanden, der ein wenig Fingerspitzengefühl besitzt – und auch die Zwischentöne hören kann.»
«Ich habe also kein Fingerspitzengefühl?» Ebel war beleidigt.
«Ich setze jeden meiner Leute so ein, wie es seinen Fähigkeiten entspricht. Und Sie, Ebel, kennen die Stadt und vor allem die Altstadt wie Ihre Westentasche. Und natürlich hat es einen Grund, warum der Bürgermeister Sie auf meine Empfehlung hin zum Inspektor befördert hat. Aber Feingefühl im Umgang mit den Menschen war noch nie Ihre Stärke.» Er ignorierte Ebels verletzten Blick und wechselte das Thema. «Die zwölf Diebe – oder zumindest einige von ihnen – müssen noch in der Stadt sein. Wie finden wir sie?»
«Darüber habe ich mir schon Gedanken gemacht. Ich habe Schröder gebeten, die Kontrolllisten mit dem Melderegister zu vergleichen. Und ihm sind eine ganze Menge Leute aufgefallen, die regelmäßig in die Stadt kamen, ohne sich dauerhaft anzumelden.»
«Also Leute, die hier nach Arbeit suchten, auf Botengänge kamen und Besuche machten?»
«Genau, sehen Sie hier.» Ebel ging hinüber zu einem der Schreibtische und kam mit einem kleinen Stapel Papier zurück. «Das sind die Kontrolllisten von den Fähren.»
Er legte einen Teil der Blätter auf den Tisch. «Das hier sind zehn Personen, die Schröder und mir aufgefallen sind, weil sie mehrmals kurz hintereinander herkamen, und zwar immer über die Aakerfähre und die Duisburger Fähre.»
«Also wahrscheinlich aus Duisburg?»
Ebel nickte. «Meist gaben sie an, die Ruhrorter Gasthäuser besuchen zu wollen – da konnte man annehmen, dass sie zu den Huren gehen, und das sagt ja keiner laut. Wir haben dann die Listen bis zum Jahresanfang zurück durchgesehen. Diese zehn Leute kamen Anfang März zum ersten Mal hierher. Immer einzeln. Manchmal blieben sie zwei oder drei Tage, aber nie so lange, dass sie hätten bestraft werden können, weil sie sich nicht auf dem Rathaus angemeldet haben. Sie wissen ja, bei so viel Gesindel nehmen wir es nicht so genau damit.»
Er nahm den Stapel mit den Kontrolllisten und blätterte sie durch. Beim fünften oder sechsten Bogen wurde er fündig. «Sehen Sie hier», er nahm die Liste der Personen dazu. «Alle sind am 29. oder 30. April in die Stadt gekommen. Aber keiner ist seitdem ausgereist.»
Robert war verblüfft. Hatte Ebel die Diebe gefunden? «Das ist sehr gute Arbeit, Ebel. Die Frage ist nur, wie wir diese Leute finden.»
«Wenn sie in einem Gasthaus wären, hätten sie längst gemeldet werden müssen. Vielleicht sollten wir noch einmal die etwas zwielichtigeren Unterkünfte durchsuchen.»
«Ja, machen Sie das.» Roberts Blick fiel auf die Kontrolllisten von der Duisburger Fähre.
Hans Schmitz, Schreiber Fa. Kaufmeister
stand da. Er runzelte die Stirn. Georgs und BertramsBürobote hieß Wilhelm Bovens, ein älterer Mann, der ausschließlich Botengänge machte und kein Schreiber war. Er blätterte zurück. Und wieder tauchte der geheimnisvolle Hans Schmitz auf. «Wessen Schrift ist das?», fragte Robert.
«Das war der neue Polizeidiener Kramer», sagte Ebel. «Stimmt etwas nicht?»
«Tut Kramer gerade Dienst an der Fähre?»
«Soweit ich weiß, geht er zu Lohbeck zum Mittag, und dann ist er wieder dort. Hat er etwas falsch gemacht?» Ebel war schließlich für den Neuen verantwortlich.
«Nein», sagte Robert beruhigend. «Aber die Familie meiner Frau hat nie einen Schreiber namens Hans Schmitz beschäftigt.»
«Glauben Sie, der hat etwas mit den Dieben zu tun?»
«Nein, eher nicht. Da steckt etwas anderes dahinter.»
Sie fanden Kramer bei Lohbeck, er hatte gerade seinen Teller mit Eintopf geleert.
Robert hielt ihm die Liste hin. «Hans Schmitz – erinnern Sie sich an ihn?»
Kramer dachte kurz nach. «O ja, sicher. Ein ganz junger Kerl. Zylinder, Aktenmappe unterm Arm. Er ist in den letzten Wochen öfter nach Duisburg und zurück.»
«Ein ganz junger Kerl?»
«Ja. Ich dachte, er lernt vielleicht noch und versucht durch den Zylinder erwachsener auszusehen.» Kramer wirkte etwas erschrocken. «Habe ich etwas falsch gemacht?»
«Nein, nein, Sie können nichts dafür.»
«Er ist heute Morgen wieder
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