Das dunkle Netz der Lügen
weniger im Scherz gesagt hat: Der Modesalon meiner Frau spielt offenbar eine wichtige Rolle in der ganzen Geschichte.»
«Sie haben jemanden an Annas Stelle eingeschleust?», fragte Recke.
Robert nickte. «Ich denke, ich weiß auch schon, wen.»
«Die Zigeunerin», sagte Ebel knapp.
«Sie heißt Zita Fredowsky, und sie ist keine Zigeunerin.» Robert sah in die Runde. «Meine Frau weiß noch nichts von der Sache. Und es wäre gut, wenn es vorerst unter uns bleiben könnte, denn so etwas schadet natürlich dem Geschäft.»
Die anderen nickten.
«So, wie es aussieht, ist Zita unsere einzige Verbindung zu den Dieben. Deshalb können wir sie nicht einfach festnehmen. Ich möchte sie nicht verschrecken.»
«Heißt das, sie darf unbehelligt weitermachen?», fragte Ebel.
«Ja, Ebel.» Robert griff sich ein Blatt Papier. «Wir müssen sie rund um die Uhr beschatten und hoffen, dass sie uns zu der Bande führt. Ich selber falle da aus, mich kennt sie zu gut. Aber alle anderen können sie in Zivil beobachten.»
Gemeinsam entwarfen sie einen Einsatzplan. «Auch Thade solle aus Meiderich herüberkommen», bestimmte Robert. «Zita wohnt in der Milchstraße 3 bei diesem Dr. Demuth.»
«Gehört der Mann vielleicht auch zu der Bande?», fragte Recke.
«Möglicherweise.» Robert ließ den Stift sinken. «Dann würde für ihn aber dasselbe gelten wie für Zita; wenn wir ihn festnehmen und verhören, warnen wir die anderen.»
Als Erstes holte Polizeidiener Kramer seine Zivilsachen. Er hatte einfache Kleidung gewählt, wie sie in Ruhrort von vielen Handwerkern, kleinen Angestellten und Dienstboten getragen wurde. Robert kam auf die Idee, dass er sich Simons Mütze ausleihen sollte. Es kostete ihn einige Überwindung, das nicht sehr saubere Stück auf den Kopf zu ziehen.
Simon, der sich bereits ein wenig erholt hatte, rief ihm hinterher: «Ich hab keine Läuse!»
«Um das Problem da unten müssen wir uns auch kümmern, Herr Commissar», sagte Ebel. «Er gehört da nicht hin, und wir sind nicht da, um ihn zu versorgen.»
«Sprechen Sie mal mit dem Vorsteher vom Armenhaus.»
«Übrigens hat es heute Morgen einen Umzug gegeben», fuhr Ebel fort. «In der Carlstraße. So, wie ich das mitbekommen habe von der Dienstmädchenpost, wohnt Ihre Schwägerin Frau Kaufmeister jetzt bei Ihnen.»
«Danke für die Vorwarnung», sagte Robert. Manchmal war ihm Ebel unheimlich.
Als Robert nach Hause ging, hatte Kramer in seiner Dienstbotenverkleidung schon gegenüber Posten bezogen. Zita verließ gerade das Haus, und Kramer heftete sich in einigem Abstand an ihre Fersen. Er stellte sich recht geschickt an, es blieb nur die Frage, ob es in der Altstadt genauso gut laufen würde, wo die Straßen enger und verwinkelter waren.
Plötzlich sah er, dass ein großer Mann mit einem merkwürdigen Hut und einem riesigen Schnauzbart auf Zita zukam. Die beiden begrüßten sich vertraut, und dann verschwanden sie in einer Kneipe am Rande der Altstadt. Kramer zögerte nicht und ging ebenfalls hinein. Wenn er schon länger Dienst schieben musste, dann konnte er sich wenigstens ein Bier genehmigen.
«Es ist etwas Schlimmes passiert, Uli», sagte Zita, als die Schankmagd das Bier vor sie hingestellt hatte. «Hermann hat uns gestern zusammen gesehen und mich hinausgeworfen. Und ich habe Angst, dass er vielleicht der Polizei etwas sagt.»
«Verdammt.» Uli hieb mit der Faust auf den Tisch. «Das hat gerade noch gefehlt. Ich … ich habe dich auch abgepasst, weil … Bitte reg dich nicht auf, aber Kellerer ist gestern in die Stadt gekommen. Und nicht nur er. Alle – Mina, Loiserl, Pepi, die ganze Bande. Man hat sie aus Duisburg ausgewiesen, und wie ich es verstanden habe, hatte der Mann deiner Chefin etwas damit zu tun.»
«Wo ist Resi?», fragte Zita sofort.
«Sie haben sie mitgenommen. Sie ist auch hier.»
«Wo sind sie denn, in einer Pension?»
Weingart schüttelte den Kopf. «Der Ort ist geheim. Und er ist sicher, da kommen sie ihnen nicht so schnell auf die Spur. Aber für dich und auch für Hermann kann es gefährlich werden,denn sie können jederzeit und überall auftauchen. Wir werden noch mehr aufpassen müssen, wenn wir uns treffen.»
Er sah sich nervös um, und sein Blick fiel auf einen jungen Mann mit einer schmuddeligen Mütze, der mit den anderen Männern beim Schanktresen stand. «Da starrt uns einer an.»
Zita sah zu dem jungen Mann hinüber, lächelte dann aber. «Ich glaube, der starrt mich an. Das ist nicht so
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