Das dunkle Netz der Lügen
Anstrengungen, Uli von dem Haken zu befreien.
«Er lebt noch!», flüsterte Kellerer. «Ich dachte, er sei tot!»
«Still!», zischte Mina.
Als Zita um die Ecke bog, lief sie Mina und Kellerer direkt in die Arme. Erschreckt sprang sie zurück und zog das Federmesserchen aus der Rocktasche.
Kellerer lachte: «Ganz schön bedrohlich, Zita. Gib Acht, dass du dich nicht selber verletzt.»
Mina ging einen Schritt auf sie zu. «Schluss mit den Spielchen. Gib mir das Kind!»
In ihrer Verzweiflung hieb Zita mit dem Messerchen auf Minas Hand ein. Die schrie vor Schmerzen auf. Kellerer war sofort bei ihr und schlug Zita die Klinge aus der Hand.
Mina blutete. «Du Miststück», schrie sie, «das wirst du noch bereuen!» Sie riss sich einen Streifen Stoff aus dem Unterrock und umwickelte ihre Hand damit.
Kellerer blieb ganz ruhig. «Los, gib Mina die Kleine. Und keine Mätzchen mehr.»
Zita hatte keine Wahl. Spätestens seit sie Uli gesehen hatte, wusste sie, dass der Mann zu allem fähig war. Sie band das Tuch los und übergab ihre Tochter an Mina.
Kellerer schob sie zur Seite und ging in den Raum, in dem Uli an die Wand gelehnt lag. Kellerer tippte ihn leicht mit der Schuhspitze an, und er öffnete die verquollenen Augen ein wenig. Als er begriff, dass es Kellerer war, stöhnte er auf.
«Hast du mich vermisst?», fragte Kellerer. Er nahm sein Messer aus der Tasche.
«Nein …», röchelte Uli. «Nicht mehr … bitte nicht!»
«Na gut.» Kellerer steckte das Messer wieder weg und sah, wie Uli sich etwas beruhigte. In der nächsten Sekunde trat er ihm mit aller Kraft in den Bauch. Uli kippte zur Seite, er lag auf dem Boden, aber immer noch trat Kellerer wie ein Irrer auf ihn ein.
Zita und Mina standen in der Tür und sahen das grausame Schauspiel mit an.
«Hör auf!», schrie Zita.
«Ja, hör auf damit, Mathis», sagte Mina. «Der ist jetzt wirklich tot, vergeude deine Kraft nicht, du wirst sie noch brauchen.»
Kellerer ließ von Uli ab. Der lag auf dem Bauch, das Gesicht zur Tür gedreht, und Zita sah, dass noch ein Funken Leben in ihm war. Das zugeschwollene Auge öffnete sich einen kleinenSchlitz, und Zita spürte, wie er sie ansah. Dann wurde sein Blick stumpf.
«Was habt ihr mit mir vor? Und mit Resi?», fragte Zita zitternd.
«Du wirst etwas für uns tun, Zita.» Mina konnte inzwischen genauso schmeichelnd sprechen wie Mathis.
Wenig später war Zita auf dem Weg zum Rathaus. Sie dachte daran, was Kellerer ihr eingeschärft hatte, bevor er sie zurück zu dem Hof in der Altstadt brachte. Sie sollte den Commissar möglichst allein treffen, am besten, wenn er auf dem Heimweg war. Dann und nur dann sollte sie ihn auf die Spur der Diebe locken.
«Und denk daran, noch ein wenig Verzweiflung zu zeigen, weil wir deine Tochter haben», hatte Mina ergänzt. Das brauchte Zita nicht zu spielen. Die Angst um Resi machte sie fast verrückt. Und der Gedanke, dass ihre Tochter keineswegs außer Gefahr war, wenn sie tat, was Kellerer und Mina ihr befohlen hatten, ließ sie verzweifeln.
Dazu war Zita sich nicht sicher, ob der Plan wirklich aufgehen würde. Commissar Borghoff wusste, dass er ihr nicht trauen konnte, seine Frau hatte sie ja nicht ohne Grund entlassen. Aber vielleicht konnte sie ihm klarmachen, dass er ihre Tochter retten musste. Und Hermann, falls der noch lebte.
Sie verbarg sich in einem Hauseingang gegenüber vom Rathaus. Es war inzwischen sicher fast drei Uhr. Und tatsächlich, da kam der Commissar und machte sich auf den Weg nach Hause.
«Herr Commissar!», rief Zita leise.
Robert blieb stehen. Vorsichtig ging sie zu ihm hinüber, und im Schein seiner Laterne sah er, dass ihr Kleid blutverschmiert war.
«Mein Gott, Zita. Geht es dir gut?»
Sie nickte. «Das ist nicht mein Blut.»
«Vom wem stammt es?»
«Uli Weingart. Er ist tot.»
«Hat er dir etwas getan?»
«Uli? Nein. Er war ein Freund.»
Robert runzelte die Stirn. «Er hat Hermann Demuth entführt.»
«Er wollte ihn nur vor der Bande schützen. Aber dann haben sie ihn erwischt.»
«Und du? Warum hast du für die Bande spioniert?»
Zita schluckte. Erwähne keinesfalls meinen oder Minas Namen, hatte Kellerer ihr eingeschärft. «Ich habe eine kleine Tochter, und sie ist in deren Gewalt. Ich hatte keine Wahl. Ich musste tun, was die wollten, sonst hätten sie meine Kleine getötet.»
«Aber du weißt, wo sie jetzt sind?» Sie sah, dass Robert sehr misstrauisch war.
Zita nickte. «Sie sind in diesen Gängen unter der
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