Das Dunkle Netz Der Rache
mit ihrem Freund?«, fuhr er fort.
»Welcher Freund?«
»Millies. Ihr Bruder erzählte, dass sie sich mit jemandem aus der Gegend trifft. Michael McWhorter.«
Nane spritzte einen weiteren Klacks der unglaublich stinkenden Flüssigkeit auf die Haare seiner Mutter. »Wir kennen einige Michael McWhorters, nicht wahr, Margy?«
»Hm-hm. Aber ich wüsste nicht, dass sich Millie van der Hoeven mit einem davon getroffen hat. In meiner Hörweite hat sie mit Sicherheit nichts davon erwähnt.«
»Hast du irgendwelche Gerüchte gehört? Vielleicht über einen McWhorter, der eine neue Freundin hat?«
Seine Mutter wollte den Kopf schütteln, wurde aber von Nanes eisernem Griff um eine Strähne daran gehindert. »Au«, sagte sie. »Nein, nichts in der Richtung. Du vielleicht, Nane?«
»Nein. Aber bin auch keine, die auf Tratsch hört, nicht wahr, Margy?«
»Ich muss sagen, es würde mich überraschen, wenn Millie van der Hoeven etwas mit einem der hiesigen Jungs hätte. Dafür schien sie mir eigentlich zu abgehoben.«
Russ belegte das Brot mit Schinken und Käse. Beide schmückten sich stolz mit der Auszeichnung »fettarm«. »Wie meinst du das?«
»Versteh mich nicht falsch, sie ist ein nettes Mädchen. Und sehr im Umweltschutz engagiert. Aber sie begreift nicht, warum andere nicht einfach ins Flugzeug springen können, wenn irgendwo Hilfe benötigt wird. Sie trägt nur naturreine Baumwollkleidung und isst ausschließlich biologisch dynamische Lebensmittel. Selbstverständlich würde ich das auch gern, aber mein Einkommen erlaubt es nicht.« Ihr rosa Plastikumhang raschelte. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie etwas mit einem Burschen hat, der für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss. Zumindest nicht mit der Art von Arbeiter hier in der Gegend.«
»Hm.« Er klappte das Sandwich zusammen und drehte sich zum Schrank. »Hast du Chips?«
»Keine Chips. Nüsse.«
Er schnitt eine Grimasse. »Was ist mit der Beziehung zu ihrem Bruder?«
»Sie scheinen sich sehr nahezustehen. Gelegentlich klang sie ein bisschen verärgert …«
»Und wer wäre das nicht«, mischte Nane sich ein. »Mit einem Bruder, der ganz allein wie ein Eremit dort oben lebt und nie jemanden besucht oder empfängt.«
»Stimmt, ja. Aber sie spricht immer mit großer Zuneigung von ihm.«
»Anzeichen für Streitigkeiten zwischen den beiden? Weil er ihre Umweltaktivitäten ablehnt oder so?«
»Absolut nicht. Ich glaube, sie bereitet seinen Umzug zu ihr vor, nachdem das Land verkauft ist.«
Er nahm das Sandwich. »Alles klar, meine Damen. Danke für das Mittagessen, Mom. Wir sehen uns heute Abend.«
»Tschüs, Schatz. Fahr vorsichtig.«
»Das tu ich doch immer. Nane, sei artig.«
Die alte Dame kicherte. »Das bin ich doch immer«, sagte sie. »Außer wenn ich es nicht bin, nicht wahr, Margy?«
Er warf den beiden Damen einen Kuss zu und floh in die klare frische Luft nach draußen. Nachdenklich stieg er in seinen Truck. Die Geschichte mit dem Freund wirkte zunehmend wie genau das, eine Geschichte. Die Frage war, ob Eugene ihn angelogen hatte, als er sie erzählt hatte? Oder war Eugene von seiner Schwester angelogen worden, die damit Abwesenheiten erklärte, die sie nicht näher erläutern wollte?
Er biss ein großes Stück von seinem Sandwich ab und spuckte es fast wieder aus. Anklagend musterte er den fettarmen, kohlehydratreduzierten, mit Soja angereicherten Mist. Vielleicht konnte er beim Kreemy Kakes vorbeischauen, ehe er wieder zur Dienststelle fuhr.
12:15 Uhr
Clare stapfte mit mehr Verbissenheit als Enthusiasmus durch den ihr zugewiesenen Abschnitt, wobei sie die Landkarte studierte und die erfolglos abgesuchten Bereiche strich. Jeder Schritt schien sie anzuklagen, dass sie Russ nicht von Eugenes Waffengefuchtel in Kenntnis gesetzt hatte, und mit jeder verstreichenden Minute schwand ihre Zuversicht, Millie van der Hoeven auf dem Land ihrer Familie zu finden.
Als ihr Funkgerät rauschte, dachte sie, es wäre der halbstündliche Kontrollruf. Stattdessen meldete sich Huggins: »Fergusson? Vom Albany-Team sind ein paar Ersatzleute eingetroffen. Geben Sie Karte und GPS ab und fahren Sie heim.«
Taktvoll wie immer. Sie meldete sich zurück. »So erschöpft bin ich noch nicht«, schwindelte sie. Ihr überentwickeltes Pflichtgefühl zwang sie, hinzuzufügen: »Ich kann noch weitermachen«, obgleich sie im selben Moment darüber nachdachte, wie sie am schnellsten nach St. Alban’s kam, um bei den Vorbereitungen zu helfen.
»Machen Sie sich
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