Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das dunkle Paradies

Das dunkle Paradies

Titel: Das dunkle Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
Vom Netzwerk:
ist Staub, überall sind Schreie, es hämmert in meinen Ohren, während ich auf dem Boden liege und überlege, ob ich tot bin oder nicht.
    Schon wieder eine Bombe. Die dritte in dieser Woche. Diesmal keine zweihundert Meter von uns entfernt.
    »Schlampen!«, höre ich Davy fauchen, der sich aufrappelt und zurückschaut auf die Straße, woher wir gekommen sind.
    In meinen Ohren schrillt es und ich zittere am ganzen Körper, als ich langsam wieder aufstehe. Die Bomben gehen jedes Mal zu einer anderen Zeit hoch, am Tag und auch in der Nacht, an verschiedenen Orten in der Stadt. Einmal haben sie eine Leitung gesprengt, die den Westteil der Stadt mit Wasser versorgte, das andere Mal haben sie die beiden Hauptbrücken in die Luft gejagt, die zu den Feldern nördlich des Flusses führten. Heute ist es …
    »… die Mittagsstube«, sagt Davy und versucht Deadfall im Zaum zu halten, damit er nicht wegläuft. »Wo die Soldaten meistens essen.«
    Er bringt Deadfall zum Stehen und sitzt wieder auf. »Komm schon!«, ruft er barsch. »Sehen wir nach, ob sie Hilfe brauchen.«
    Ich tätschle Angharrad, die sich noch immer fürchtet und immer noch sagt: Menschenfohlen, Menschenfohlen , immer und immer wieder. Ich flüstere ihren Namen wer weiß wie oft und schließlich lässt sie mich wieder aufsitzen.
    »Komm mir ja nicht auf komische Gedanken«, sagt Davy. Er zieht seine Pistole und richtet sie auf mich. »Du hast schön in meiner Nähe zu bleiben.«
    Auch das hat sich geändert, seit die erste Bombe hochging: Davy hält seither seine Waffe auf mich gerichtet, jede Minute, Tag für Tag. So kann ich niemals abhauen, um sie zu suchen.
    »Die Frauen schaden sich selbst am meisten«, sagt Bürgermeister Ledger mit vollem Mund und kaut sein Hühnchen.
    Ich sage gar nichts, ich esse mein Abendbrot und kümmere mich nicht um die Fragezeichen, die ich in seinem Lärm lese. Die Mittagsstube wurde gesprengt, als sie geschlossen war. So war es auch bei den anderen Anschlägen, die diese Antwort- Leute durchgeführt haben. Aber nur weil sie glauben, es wäre niemand da, muss es ja nicht immer stimmen. Davy und ich haben dort zwei tote Soldaten gefunden, und ein junger Bursche ist jetzt tot, weil er vermutlich gerade den Fußboden gewischt hat. Bei den anderen Anschlägen sind drei weitere Soldaten ums Leben gekommen.
    Bürgermeister Prentiss kotzt das alles wohl ziemlich an.
    Seit dem Tag, an dem ich mir den Arm gebrochen habe und an dem ich Viola wiedergesehen und doch nicht wiedergesehen habe, habe ich ihn so gut wie gar nicht mehr zu Gesicht bekommen. Bürgermeister Ledger sagt, er lässt Leute verhaften und steckt sie in ein Gefängnis im Westen der Stadt, aber das, was er von ihnen wissen will, das erfährt er nicht. Mr Morgan, Mr O’Hare und Mr Tate führen Armee-Einheiten in die Berge und suchen nach den Verstecken der Bombenleger, nach all den Frauen, die in der Nacht, in der die erste Bombe hochgegangen ist, verschwunden sind.
    Aber die Armee findet einfach nichts. Das bringt Bürgermeister Prentiss beinahe um den Verstand, er verhängt immer strengere Ausgangssperren und kürzt den Soldaten die Arzneiration.
    Und New Prentisstown wird mit jedem Tag lauter.
    »Der Bürgermeister will es nicht wahrhaben, dass es die Antwort gibt«, sage ich.
    »Der Präsident kann sagen, was er will.« Bürgermeister Ledger stochert mit der Gabel in seinem Essen. »Aber die Leute reden trotzdem.« Er schiebt sich noch einen Bissen in den Mund. »Oh ja, und wie.«
    Zusätzlich zu den Matratzen, die man zwischen das Mauergesims des Turms gezwängt hat, haben wir nun ein Becken mit frischem Wasser, das jeden Morgen aufgefüllt wird, und hinten, in der dunkelsten Ecke, steht nun eine kleine chemische Toilette. Auch das Essen, das wir bekommen, ist jetzt besser, Mr Collins bringt es uns, dann schließt er uns wieder ein.
    Tschack!
    So geht es Tag für Tag; jede Minute, die ich nicht mit Davy verbringe, bin ich eingesperrt. Der Bürgermeister will offensichtlich nicht, dass ich nach draußen gehe und Viola suche, und wenn er noch so viel von Vertrauen faselt.
    »Woher wollen wir wissen, dass es nur Frauen sind?«, sage ich und versuche sie aus meinem Lärm fernzuhalten. »Wir haben doch nicht den geringsten Anhaltspunkt.«
    »Eine Gruppe, die sich die Antwort nannte, spielte im Krieg gegen die Spackle eine Rolle, Todd. Hinterhältige Bombenanschläge, nächtliche Überfälle und dergleichen.«
    »Und?«
    »Es waren alles Frauen. Kein Lärm war zu hören

Weitere Kostenlose Bücher