Das dunkle Paradies
diesem Turm gehört.
Denn anstelle des Turms liegt hier ein Haufen qualmender Schrott. Die Einzelteile liegen aufgereiht, gerade so, wie der Turm umgefallen ist. Wie ein Betrunkener, der stürzt und beschließt, einfach liegen zu bleiben und zu schlafen.
(Und ich denke verdammt noch mal nicht daran, dass sie mich gefragt hat, wie man hierherkommt.)
(Und dass wir zuerst hierhergehen sollten.)
(Oh, Viola, damit hast du nichts zu tun.)
»Wenn sie in der Lage sind, etwas so Großes in die Luft zu jagen …«, sagt Davy, der rechts von mir reitet. Er lässt seinen Blick über das Gelände schweifen. Er beendet seinen Satz nicht, denn er spricht nur aus, was alle hier denken, was in unserem Lärm mitschwingt.
Das heißt natürlich, in dem Lärm derer, die Lärm haben, denn Mr Hammar scheint einer der Glücklichen zu sein, die keinen haben. »Hey, Junge«, fragt er mich spöttisch, »bist du schon ein Mann?«
»Wolltest du nicht gerade irgendwohin gehen, Sergeant?«, fragt der Bürgermeister, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
»Bin schon auf dem Weg, Sir.« Mr Hammar wirft mir einen bösen Blick zu, dann gibt er seinem Pferd die Sporen und befiehlt seinen Leuten, ihm zu folgen. Sie marschieren den Berg hinunter im schnellsten Marschtritt, den ich je gesehen habe. Und in ihrem Lärm versichern sie, wie leid es ihnen tut, dass sie zum Kloster gerannt sind, nachdem sie den Einschlag der Leuchtspurbombe gehört haben.
Aber eigentlich war es nur logisch. Man wirft irgendwo eine kleine Bombe ab, damit die Leute von dort, wo man die große zünden will, weglaufen.
Aber warum, zum Teufel, haben sie dann das Kloster bombardiert?
Warum haben sie die Spackle angegriffen?
Warum mich?
»Gefreiter Farrow«, sagt der Bürgermeister zu Ivan.
»Unteroffizier Farrow«, korrigiert Ivan ihn vorsichtig.
Der Bürgermeister dreht nur langsam den Kopf, und Ivan verstummt, als er begreift. »Gefreiter Farrow«, wiederholt der Bürgermeister. »Du wirst so viel Metall und Schrott bergen wie möglich und danach deinem Vorgesetzten mitteilen, dass er deine Arzneiration sperren soll.«
Er hält inne. Wir alle können Ivans Lärm hören, laut und deutlich. Der Bürgermeister blickt sich um. Jeder einzelne Soldat in dieser Truppe hat Lärm. Jeder Einzelne wurde wegen des einen oder anderen Vergehens bestraft.
»Du wirst dich bei deinem Vorgesetzten melden und dir eine passende Strafe abholen.«
Ivan antwortet nicht, aber sein Lärm rumort.
»Noch Fragen?«, sagt der Bürgermeister mit bedrohlich heiterer Stimme. Er schaut Ivan fest in die Augen, weicht seinem Blick nicht aus. »Du wirst dich bei deinem Vorgesetzten melden und dir eine passende Strafe abholen«, wiederholt er und es schwingt etwas in seiner Stimme mit, etwas Unheimliches.
Ivans Blick ist benebelt, seine Mundwinkel hängen schlaff herab. »Ich werde mich bei meinem Vorgesetzten melden und mir eine passende Strafe abholen«, antwortet er.
»Gut«, sagt der Bürgermeister und betrachtet wieder den Trümmerhaufen.
Ivan sackt in sich zusammen, als der Blick des Bürgermeisters nicht mehr auf ihm ruht, er blinzelt und verzieht das Gesicht, als wäre er soeben aufgewacht.
»Aber, Sir«, ruft er dem Bürgermeister nach.
Der Bürgermeister dreht sich wieder zu ihm um und ist offenbar ausgesprochen überrascht, nochmals angesprochen zu werden.
Ivan lässt nicht locker. »Wir sind doch nur zu Hilfe geeilt und …«
Die Augen des Bürgermeisters funkeln. »Und habt genau so reagiert, wie die Antwort es vorausgesehen hat – worauf sie dann ungestört meinen Turm in die Luft sprengen konnte.«
»Aber Sir …«
Ohne eine Miene zu verziehen, holt der Bürgermeister seine Pistole aus dem Halfter und schießt Ivan ins Bein.
Ivan fällt vornüber, heult auf. Der Bürgermeister lässt seinen Blick über die Soldaten schweifen. »Hat noch irgendjemand etwas zu sagen, ehe er sich wieder an die Arbeit macht?«
Während die anderen Soldaten Ivan schreien lassen und anfangen, den Trümmerhaufen beiseitezuräumen, reitet der Bürgermeister dorthin, wo das A auf den Baumstamm gepinselt ist, eine Kampfansage, grell und unübersehbar. »Die Antwort «, murmelt er leise vor sich hin, als spräche er zu sich selbst. »Die Antwort .«
»Lass uns sie verfolgen, Pa«, bittet Davy.
»Hm?« Der Bürgermeister dreht langsam den Kopf, als hätte er vergessen, dass wir auch noch da sind.
»Wir können kämpfen«, sagt Davy. »Das haben wir bewiesen. Aber stattdessen lässt du uns auf
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