Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
schaute überrascht auf eine kleine Treppe
Dengler schaute überrascht auf eine kleine Treppe. Sie führte nur vier Stufen hinunter zu einer einfachen Holztür. Es sah aus wie der Zugang zu einer schwäbischen Kellerwohnung. Dengler konnte sich nicht vorstellen, dass dies der Eingang zu einem der wichtigsten Musikclubs der Welt sein sollte. Er ging vorsichtig die vier Stufen hinab, als die Tür aufgestoßen wurde. Zwei Männer stießen einen dritten durch die Tür hinaus.
Genau auf Dengler.
Der stürzte zu Boden. Ein Körper fiel über ihn.
Der Mann roch nach Alkohol.
Lag schwer auf ihm und rührte sich nicht.
Plötzlich wurde der Trunkene von ihm weggezogen.
Einer der beiden Männer, der eine Art Phantasie-Polizeiuniform trug, half Georg auf und entschuldigte sich bei ihm.
Bat ihn in den Club.
Aus dem Augenwinkel sah Georg noch, wie der andere Mann den Trunkenen am Kragen schnappte und ihn die vier Treppenstufen nach oben auf die Straße schleifte.
Der Uniformierte fuhr fort, sich wortreich bei Dengler zu entschuldigen.
Sie gingen durch einen kleinen Vorraum und dann – stand er endlich in Theresa's Lounge.
Wie klein die Kneipe war!
Rechts sah er eine Bar mit nicht mehr als sechs Barhockern, die Lehnen hatten, links standen einige Tische. Hinter der Bar standen drei weitere Tische. Barhocker und Tische waren besetzt. Es lag dichter Rauch in der Luft.
Dengler ging an der Bar vorbei. Dahinter standen weitere sechs Tische, an denen die Gäste dicht gedrängt saßen. Und
an den Holzbalken der Decke hing, merkwürdig genug, eine Art Weihnachtsschmuck: goldenes Lametta.
Im hintersten Winkel die Bandstage.
Im Grunde nur eine Ecke mit einigen Steckdosen.
Ein Schlagzeug stand bereit, einige Verstärker, zwei Mikrophone. Und ein elektrisches Klavier.
Das Publikum war schwarz. Nur an dem Tisch direkt neben der Bar saß eine Gruppe japanischer Touristen, und an der Bar standen zwei weiße Amerikaner. Einer trug zwei Kameras vor der Brust.
Nun war er am Ziel. Trotzdem fühlte er sich verloren. Niemand nahm von ihm Notiz. Eine schwarze Frau prostete ihm zu. Sie mochte um die Fünfzig sein, war füllig, und ihre Körpermasse wirkte wie zusammengehalten von einem engen weißen Kleid. Auf dem Kopf trug sie einen schwarzen Hut mit weißem Federschmuck.
Dengler grüßte sie mit einem Lächeln zurück. Das Gefühl der Verlorenheit wich.
Vor der Bühne, die keine war, erhoben sich vier Männer von ihrem Tisch. Steif betraten sie die Bandstage. Ein kleinerer Mann mit einem Tirolerhut setzte sich hinter das Klavier, ein wuchtiger Schwarzer hockte sich auf den Hocker hinter dem Schlagzeug. Die anderen nahmen ihre Gitarren auf. »Ladiiies and Gentlemeeen«, schrie der Musiker am elektrischen Klavier ins Mikro, »Williie Keeeeent!« und deutete auf einen hünenhaften Schwarzen, der sich den Bass umschnallte.
Der Schlagzeuger schlug zweimal die Stöcke zusammen, dann setzte die Band ein.
Dengler hatte einmal gelesen, dass die elektrische Gitarre in Chicago erfunden worden sei, weil die schwarzen Musiker mit ihren akustischen Gitarren, die sie im Süden gespielt hatten, nicht mehr gegen den Kneipenlärm ankamen. Willie Kents Band brauchte sich um dieses Problem nicht zu kümmern. Sie waren laut genug, jede Unterhaltung sofort zu übertönen.
Dengler erkannte den Song sofort. Sie spielten «One More Mile«, einen Muddy-Waters-Song.
Oh you know it has been such a hard hard journey,
I don't have to cry no more
Keep your light up burnin', so I can know the score
I got one more mile, oh you know I only got one more mile to go
Kent hatte eine Stimme wie ein Vulkan. Schleuderte den Blues aus sich heraus.
Oh you know my journey was so hard,
but I don't have to worry 'bout you no more
Die Paare eilten auf die kleine freie Fläche vor der Band, und Dengler hatte das Gefühl, ihnen im Weg zu stehen. Er sah sich um und stellte sich neben die beiden Weißen an der Bar. Eine junge Frau hinter der Theke fragte ihn, was er trinken wolle, und er bestellte ein Bier.
Willie Kent spielte mittlerweile ein neues Stück.
Then the Blues is good, not always sad,
The Blues is a feeling
Die Frau hinter der Theke brachte ihm sein Bier. Auf der Tanzfläche drehten sich die Paare ....
Ain't nothing but a good man
Good man feeling bad
Der junge weiße Amerikaner mit den beiden Kameras ging zum Rand der Tanzfläche und schoss einige Fotos von der Band und dem Publikum. Dann kam er zur Theke zurück. Er fragte Dengler, wo er
Weitere Kostenlose Bücher