Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
seinem Hintern und gab ein gequältes Grunzen von sich. Edeard zuckte mitfühlend zusammen, als das jähe Aufflackern von Schmerz aus dem Bewusstsein seines Freundes brach.
»Was? Was?«, stieß Dinlay hervor.
»Alles klar bei dir«, rief Macsen mit einer Stimme, die entschieden zu gleichmütig klang. Sie löste ein argwöhnisches Grinsen auf Edeards Gesicht aus. Als er seinen Fernblick in Dinlays Stiefel vorschob, entdeckte er in dessen Spitze einen Brei, der mal ein Utogkäfer gewesen war, ein einheimisches Insekt mit einem besonders stachligen Panzer.
»Hast du …?«, keuchte ein völlig aufgebrachter Dinlay. »Warst du das …?«
»War ich was?«, fragte Macsen unschuldig.
Die anderen kicherten jetzt, als Dinlay zu zittern anfing, teils von der Prellung an seinem Gesäß, teils vor Kälte; er trug nur ein dünnes Hemd und eine Baumwollunterhose.
»Möge die Herrin aus großer Höhe auf dich scheißen«, murmelte Dinlay düster. Seine dritte Hand setzte ihm seine Brille auf die Nase, dann begann er, die zerquetschten Überreste des Käfers aus seinem Stiefel zu kratzen.
»Kinder, Kinder«, sagte Fresage kopfschüttelnd. Er schlug seine Decke zurück und stand schwerfällig auf, streckte sich und reckte die Arme. Der Schlaf auf hartem Untergrund war alles andere als entspannend.
Edeard streifte sich einen seiner dicken Pullover über und rappelte sich ebenfalls auf. Die Nacht auf dem nackten Boden zu verbringen, daran würde er sich nie gewöhnen können. Eine sorgsame Fernsicht-Inspektion seiner eigenen Stiefel ergab, dass sich kein Getier darin eingenistet hatte, und er zog sie an.
Topar hatte sich, als er aus dem Schlaf geschreckt worden war, eine Pistole geschnappt. Nun sah er Macsen missbilligend an und ließ klickend den Sicherungsriegel wieder einrasten.
Boloton und Larby begannen ihre Schlafdecken zusammenzurollen. Jetzt, da sein Stiefel sauber war, verlagerte sich Dinlays Aufmerksamkeit auf seine Zehen. Mehrere Utogstachel ragten aus seinen Wollsocken. Einen nach dem anderen zog er sie heraus.
»Ganz toll«, sagte Edeard zu Macsen. »Genau so hab ich mir einen Distriktmeister immer vorgestellt.«
Verini grinste wie alle anderen. »Wie habt ihr drei es bloß geschafft, die Stadt von den Banden zu befreien?«, murmelte er.
Macsen sah Edeard an und ließ ein schuldbewusstes Lächeln aufblitzen.
»Herrin, wie erbärmlich«, knurrte Dinlay.
»Ich musste irgendwas tun, um mich wachzuhalten«, grummelte Macsen. Er zog einen Kessel von dem kleinen, mit Jamolar-Öl betriebenen Ofen. »Irgendjemand Tee?«
»Du bist ja tatsächlich zu was zu gebrauchen«, frotzelte Fresage.
»Gelegentlich, aber in einigen Disziplinen bin ich einfach überragend.«
Edeard und Dinlay wechselten einen Blick. »Da hat Kanseen aber was ganz anderes behauptet«, sagte Dinlay süffisant und zog sich seinen Stiefel an.
Edeard reichte Macsen seine Tasse. »Du bist ein richtiges Arschloch, weißt du das?«, sagte er grinsend, als sein Freund das kochende Wasser in die Kanne goss.
»Jau, und das ist noch eine meiner besseren Seiten.«
Edeard hängte einen der handgeknüpften Leinenteebeutel in die Kanne – eine Sache, die sich die Hauswirtschafterin des zehnten Stocks für ihn ausgedacht hatte. Die anderen hatten ihn deswegen gnadenlos aufgezogen, was sie am Ende jedoch nicht davon abhielt, sich das Säckchen bei jeder Mahlzeit von ihm zu »borgen«.
»Wie lange wird sich das hier wohl noch hinziehen?«, fragte Dinlay, während er seine Tasse hinhielt.
»Trotzdem das hier unbewohntes Land ist, gibt es nicht so viele Ecken, an denen die Banditen sich verstecken können«, sagte Topar und trank seinen Tee aus. »Schäfer nutzen die hohen Wiesen als Weideland für ihre Tiere, und um diese Jahreszeit wird es hier oben schon recht frisch.«
»Sie haben sich bestimmt ein halbes Dutzend weit voneinander entfernte Lagerplätze gesucht«, sagte Fresage. »Und zwischen denen pendeln sie hin und her.«
Edeard schaute nachdenklich auf das Tal im Süden. Die Donsori-Berge waren die höchste Gebirgskette auf Querencia. Jetzt, während die letzten Wochen des Sommers verstrichen, krochen die Schneekappen allmählich wieder talwärts, und die Wälder, die die Mittelhänge bedeckten, änderten ihre Farbe. Die Wedel der vorherrschenden Kalkandbäume tönten sich beige, während sie begannen, sich zusammenzuziehen. Unterhalb der Baumgrenze zeigten die sanfteren Hänge eine gelbliche Färbung. Gras, das während der trockenen Sommermonate
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