Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
versucht, mich zu retten.«
»Ich habe versagt.«
»Aber du hast es versucht. Das ist es, was dich zum Waterwalker macht.«
»Könnt ihr die Sternennebel hören? Hört ihr die Lieder?«
»Ja«, sagte Macsen. »Sie sind sehr stark, unendlich schön. Es ist schwer, ihrem Ruf zu widerstehen, sie verheißen eine so herrliche Zukunft im Innern des Herzens. Aber wir bleiben vorläufig bei dir, das sind wir dir und uns schuldig, ganz gleich, wie schwer es ist zu verweilen. Es gibt noch eine Pflicht, an die unsere Ehre uns bindet, Edeard, nämlich dir zu helfen, den zur Strecke zu bringen, der hinter diesem Überfall steckt. Du wirst der Gerechtigkeit zum Siege verhelfen.«
»Das werde ich«, sagte er elend. »Das verspreche ich. Und danke.«
Macsen lächelte traurig. »Edeard, kannst du sie sehen?«
»Wen sehen?« Er sandte seine Fernblicke aus, dachte, dass einige Banditen vielleicht überlebt hatten.
Macsen und Dinlay schwebten auf ihn zu. »Neben uns, Edeard«, sagte Dinlay. »Versuch es, Edeard, versuch, sie zu sehen. Sie sind jetzt so schwach, so zerbrechlich. Aber sie erdulden es. Für dich. Gütige Herrin, sie haben mehr als eineinhalb Jahrzehnte ausgeharrt. Du wirst, erst wenn du stirbst, ermessen können, was das heißt.«
»Wo?«
»Konzentrier dich, Edeard«, drängte ihn Macsen. »Auf die gleiche Weise, wie du uns sehen kannst. Aber geh weiter.«
Edeard gab sich Mühe, dehnte seine Fernsicht aus, verlängerte sie nicht, sondern ging mit seiner Wahrnehmung mehr in die Tiefe. Dort, an den Grenzen seiner Fähigkeit, konnte er plötzlich zwei Gestalten unterscheiden. Sie waren unglaublich blass. Ein Mann und eine Frau. Sie wirkten entsetzlich entkräftet im Vergleich zu den Seelen von Macsen und Dinlay.
»Ich kenne euch«, sagte Edeard verwundert. »Eure Gesichter. Ich erinnere mich an sie.« Seine Gedanken stürzten zurück durch die Jahre. Zurück zu einer Zeit, als er durch das prachtvolle Bauernhaus draußen vor Ashwell gelaufen war. In dem er gelacht und gespielt hatte, den lieben langen Tag. In dem er glücklich zugerannt war auf … »Mutter?«, keuchte er ungläubig. »Mutter, bist du das? Und Vater?«
Die zarten Seelen lächelten still. Nahmen sich bei der Hand.
»Mein Sohn«, sagte sein Vater.
Die Stimme war so brüchig, dass Edeard augenblicklich Angst bekam. »Ihr seid dageblieben?« Die Tränen flossen wieder, als die Offenbarung an seinen körperlichen Kräften zehrte.
»Natürlich sind wir dageblieben, mein guter Junge«, sagte seine Mutter.
»Ihr habt auf mich aufgepasst. Ihr! Das wart ihr die ganze Zeit. Ihr habt mich gewarnt.«
»Du bist alles, was von uns geblieben ist«, sagte sein Vater. »Wir mussten dich beschützen. Um dafür zu sorgen, dass du in Sicherheit warst.«
»Oh gütige Herrin. Was ist mit den Liedern, dem Ruf zum Herzen?«
»Wir lieben dich, das allein ist es, was zählt.«
»Aber ihr seid so … schwach.«
»Das wären wir auch, wenn wir den Liedern gefolgt wären«, sagte seine Mutter mit einem sanften lächeln. »Sie sind so weit entfernt. Ich sage mir, dass nur so wenige Seelen das Herz jemals erreichen werden.«
»Geht«, erwiderte Edeard. »Jetzt. Ich will euch auf der anderen Seite von Odins See wiedersehen. Ich will euch erzählen, was ich mit meinem Leben gemacht hab. Ich will, dass ihr sicher seid.«
»Dafür ist es zu spät, Sohn«, sagte sein Vater. »Dies war unser himmlisches Geschenk, zu sehen, was aus dir geworden ist. Zu sehen, wie du zu dieser Größe gewachsen bist. Ich bin so stolz, so unendlich stolz auf dich. Und niemals würde ich dies hier für ein zweites Leben im Herzen tauschen. Nicht, wenn ich die gleiche Wahl noch unzählige Male treffen müsste.«
»Mein prachtvoller Sohn«, sagte seine Mutter. »Niemals hätte ich mir von einem so wunderbaren Kind träumen lassen. Du hast diese Welt aus der Dunkelheit geführt.«
»Nein, hat er nicht«, sagte Macsen. »Tut mir leid, Edeard, aber sie wussten, dass wir kommen. Dieser Hinterhalt war so ziemlich das raffinierteste und ausgebuffteste Manöver aller Zeiten.«
»Und hat trotzdem nicht funktioniert«, sagte Dinlay bestimmt. Dann runzelte er die Stirn. »Naja, jedenfalls nicht, was dich betrifft, Edeard.«
»Wer hat sie gewarnt?«, fragte Macsen. »Wer steckt wirklich hinter dem Ganzen? Edeard, die Mädchen! Unsere Frauen. Was passiert gerade zu Hause in Makkathran?«
Edeard spürte, wie alle Freude über ihre wunderbare Wiedervereinigung aus ihm wich. »Ich hab keine Ahnung«,
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