Das dunkle Universum 3 - Im Sog der Zeit
wahrgenommen wird.«
Als der Saal bis auf den letzten Platz besetzt war, bat der Gerichtsdiener die Anwesenden um Ruhe. Sodann traten die drei Richter ein.
Einen Tag vor Prozessbeginn hatte Solarin ihnen gesagt, dass Owain, der Bürgermeister persönlich, die Rolle des obersten Verfahrensrichters übernehmen würde. Es kam nicht oft vor, dass der Bürgermeister zu Gericht saß, auch wenn sein Amt ihn zum obersten Vertreter der Judikative machte. Irgendwie hatte Edeard das wenig überrascht. Politik eben. Wieder einmal. Die Stadt wollte die Bandenmitglieder bestraft sehen. Und im Frühjahr waren Wahlen. Die Besonderheit des Falles lieferte Owain die perfekte Rechtfertigung, sich höchstselbst einzuschalten.
Owain und seine beiden Richterkollegen riefen den Gerichtssaal zur Ordnung und baten die beiden Ratsmitglieder um ihre Schlussplädoyers.
Mit wachsender Erregung, ja, beinahe Spannung hörte Edeard zu. Es war ein klarer Fall, das machte Solarins schonungslose Rede mehr als deutlich, in der er die mildernden Umstände, die Cherix so sorgfältig konstruiert hatte, fachmännisch demontierte. Und doch schaffte es Cherix, dass Edeard beinahe schon Mitleid empfand für Arminel, diese ohne eigenes Verschulden irregeleitete Existenz, mit schrecklicher Kindheit, von den Eltern verstoßen und auf die schiefe Bahn geraten, weil die Stadt sich nicht um ihn gekümmert hatte …
Die werden doch wohl nicht darauf hereinfallen? Als Edeard zu den Richtern hinschaute, waren deren Mienen absolut unbewegt, ihre Gedanken völlig abgeschirmt.
Im Anschluss an die Plädoyers verkündete Owain eine Pause, in der die Richter zu ihrem Urteilsspruch gelangen konnten. Edeard und die anderen fanden sich abermals draußen in der Vorhalle wieder, wo sie versuchten, ihre Gedanken und Gefühle nicht zu jemand anderem durchsickern zu lassen.
Großmeister Finitan trat zu ihnen, um sich mit ihnen zu unterhalten. »Irgendwelche Zweifel über den Ausgang?«, fragte er leise. »Ihr wirkt so kleinlaut.«
»Nein, Sir«, sagte Edeard. »Aber Cherix ist gut.«
»Das muss er auch. Der Große Rat kann es sich nicht leisten, dass man ihm Unparteilichkeit vorwirft.«
»Politik.«
»Allmählich wirst du ein richtiger Bürger Makkathrans, nicht wahr?«
»Ich tue mein Bestes, Sir.«
»Ich weiß.« Finitan zog Edeard ein Stück beiseite, fort von den anderen Konstablern. »Und denk dran: Das Angebot, das man dir, wenn der Prozess vorbei ist, unterbreiten wird, hat nichts mit deinen Fähigkeiten zu tun, es dient lediglich dem Zweck, dich zu prüfen.«
»Sir?«
»Wenn du es annimmst, zeigt das, dass du die Politik der Stadt begriffen hast, und lässt darauf schließen, dass du nach den gleichen Regeln spielst wie wir. Lehnst du es aber ab, indem du vorgibst, dessen nicht würdig zu sein, oder um deine Demut vor der Herrin zu demonstrieren oder dergleichen, dann beweist das den anderen nur, dass du ein gefährlicher Idealist bist.«
»Ja, Sir«, erwiderte Edeard verwirrt; er hatte nicht die geringste Ahnung, wovon der Großmeister sprach.
»So oder so, du hast meinen Segen. Aber es muss deine eigene Entscheidung sein. Ich möchte dich nur bitten, ganz unvoreingenommen zu erwägen, was du erreichen kannst. Denk darüber nach.«
»Das werde ich, Sir.«
Finitan klopfte Edeard auf die Schulter und ging zu dem Grüppchen von Meistern aus dem Großen Rat zurück.
»Worum ging’s?«, fragte Macsen.
»Ich hab nicht den blassesten Schimmer.«
Die drei Richter brauchten zwei Stunden, um sich zu beraten. Nachdem das Gericht wieder zusammengekommen war, wurden Arminel und seine Mitangeklagten aufgefordert, sich zu erheben, und Owain verlas das Urteil.
Alle fünf Angeklagten wurden der räuberischen Erpressung für schuldig befunden.
Der Verschwörung: schuldig.
Des versuchten Mordes an zwei Konstablern – eine Anklage, die sich nur gegen Arminel richtete –: schuldig.
Während der ganzen Zeit offenbarte Arminel weder in seinem Gesicht noch in seinen Gedanken die geringste Regung. Edeard hatte zumindest erwartet, dass der Mann einen kurzen Blick in seine Richtung werfen würde, doch seine Festigkeit geriet nicht einen Augenblick ins Wanken.
Dann setzte sich Owain einen quadratischen Richterhut aus scharlachroter Dro-Seide auf den Kopf. In diesem Moment sah Edeard, wie Arminel sich anspannte.
Gustape, Falor, Harri und Omasis wurden zu zwanzig Jahren Zwangsarbeit in der Trampello-Mine verurteilt und in ihre Arrestzellen abgeführt. Sodann stand
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