Das dunkle Volk: Eishauch: Roman (Knaur TB) (German Edition)
ist stark genug, um es allein zu können.« Rhiannon gab ihm einen versöhnlichen Schmatzer, aber er sah sie nur düster an.
»Also raus mit der Sprache – worum geht’s?« Noch immer stirnrunzelnd, nahm er sich ein weiteres Stück Pizza.
Ich holte tief Luft. »Ich habe etwas vor. Dazu brauche ich deine Hilfe, Kaylin, aber wenn dir das nicht gefällt, dann suche ich mir eine andere Möglichkeit. Egal wie, aber ich werde das durchziehen.« Und dann fügte ich hastig hinzu: »Ich klaue das Gegenmittel und gebe es Grieve.«
Leo verschluckte sich an der Pizza und hustete so heftig, dass ich schon glaubte, wir müssten eingreifen. Ich warf Kaylin einen Seitenblick zu, aber er hob nur eine Augenbraue und schwieg. Chatter sah mich an, als sei ich durchgedreht.
Als Leo sich wieder erholt hatte, schob er seinen Teller zurück und erhob sich. »Das ist doch Wahnsinn. Wegen dir kommen wir alle um.«
»Ich bitte nicht dich um Hilfe. Ich bitte auch Rhia und Peyton nicht, mit mir zu kommen. Von dir möchte ich nur, dass du deinen Mund hältst. Du weißt von nichts, okay?«
»Wenn Geoffrey herausfindet, dass ich ihm das verschwiegen habe, reißt er mir die Kehle heraus. Und deine auch!« Leo rammte die Faust auf den Tisch. »Das kannst du nicht machen. Ich weiß, wie scharf du auf Grieve bist, aber stell dich den verfickten Tatsachen: Er und Myst sind ein Paar. Du hast ihn verloren, er ist weg. Und tschüss!«
Auch ich stand langsam auf und starrte ihn an. Das Ausmaß seiner Wut war mir unbegreiflich. Leo schien oberflächlich betrachtet ein sanftmütiger Bursche zu sein, aber inzwischen hatte er mehr als einmal ein recht jähzorniges Temperament an den Tag gelegt.
»Entschuldige, aber dieses Haus gehört dir nicht, und auch ich gehöre dir nicht. Du bist weder mein Bruder noch mein Aufpasser. Grieve bedeutet mir mehr, als du jemals erfassen könntest. Wenn du die Tatsache nicht akzeptierst, dass man über ein Leben hinaus zusammengehört, dann wird es dir nie gelingen.«
»Man kriegt nicht immer das, was man will.« Er bedachte Chatter mit einem kalten Blick. »Man kriegt nicht immer den, den man will.«
Er war eifersüchtig. Chatter war in meine Cousine verliebt, und das wusste Leo, und er weitete seine Abneigung auf alle Cambyra-Feen aus.
»Du fühlst dich bedroht! Grieve und Chatter bedrohen dich!« Ich deutete mit dem Zeigefinger auf Leos Brust. »Vor Grieve hast du eine Höllenangst, deswegen gibst du alles, um ihn von mir fernzuhalten. Und Chatter soll bloß Rhiannon nicht nahekommen!«
»Schwachsinn! Ich hab keine Angst vor irgendwelchen durchgeknallten Spinner-Feen. Was mir Angst macht, ist, unter einem Dach mit einem Angehörigen des Indigo-Hofs zu schlafen. Einer von der Rasse, die meine Schwester getötet hat. Die die Mutter meiner Verlobten getötet hat. Deine Tante, falls ich dich daran erinnern darf. Und ich nehme meinen Job bei Geoffrey ernst. Ich schulde ihm …«
»Was schuldest du ihm?«, fauchte Rhiannon. »Geld? Er ist ein Vampir, Leo! Es macht mir nichts, wenn du für ihn arbeitest, aber trauen kann ich ihm nicht!«
»Zumindest halten Vampire ihr Wort.«
»Ja, klar. Und darüber hinaus tricksen sie uns aus, wo immer sie können – wie der Vertrag, den ich unterschrieben habe, beweist.« Ich wedelte mit der Hand und stieß dabei meinen Saft um, doch ich ignorierte den Bach, der sich über den Tisch ergoss. »Lannan wird sein Wort nicht halten. Er ist zu scharf darauf, mich zu demütigen, vor allem jetzt. Glaubst du wirklich, dass sie dich respektieren, nur weil du den Kriecher für sie spielst?«
»Sag das nie wieder zu mir!« Leos Stuhl polterte zurück, als er mich mit dem Handrücken ohrfeigte.
Ich reagierte instinktiv, zog das Knie hoch und trat ihn in den Bauch. »Wenn du mich noch ein einziges Mal anrührst, bereust du es bitter!«
Mit weit aufgerissenen Augen sank Leo zu Boden. »Tut mir leid … ich wollte dich nicht schlagen …«
»Blödsinn. Du hast gewusst, was du tust.« Ich rieb mir die Wange. »Und nur zu deiner Information, Kumpel: Ich denke bereits darüber nach, wohin ich Grieve bringen kann. Ich schätze meine Cousine und Kaylin zu sehr, um sie einer Gefahr auszusetzen. Bei dir bin ich mir momentan nicht mehr sicher.«
Rhiannon starrte ihn entsetzt an. »Ich kann nicht glauben, was ich da gerade erlebt habe. Und ich dachte, ich kenne dich.«
»Bitte sieh mich nicht so an. Liebling, bitte … ich wollte ihr nichts antun.« Mit Tränen in den Augen sah er mich
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