Das Dunkle
statt sich um unsere albernen Spiele zu kümmern.“ Sie hob ihren Blick und sah Dess direkt in die Augen, mit einem dünnen Lächeln auf den Lippen. „In jenem Sommer haben sich die Spiele verändert. Gewisse Kinder hatten immer eine andere Art Spiel spielen wollen. Weißt du, welche Sorte ich meine?“
Dess schluckte. Einen Moment lang hatte Madeleines Gesicht genau wie das von Melissa ausgesehen, wenn sich die Stille der Midnight herabsenkte. Ihre Miene veränderte sich, und plötzlich wirkte sie cool und unbeteiligt.
„Äh, ich glaube nicht.“
„Ich glaube doch. Die Spiele, die gewisse Kinder bevorzugten, waren grausam und dominant und, was das Wichtigste ist, grenzten andere aus. Jetzt hatten sie ihre Chance.“
Dess sagte leise: „Hört sich ein bisschen nach der Bixby Highschool an.“ Sie lehnte sich zurück und trank von dem bitteren Tee, während sie sich fragte, ob die alte Frau Witze machte oder verrückt war. Klimaanlagen?
Madeleine nickte. „Das war der Anfang von dem, was die Bixby Highschool jetzt ist. An Schultagen schmecke ich so gut wie nichts anderes.“ Sie seufzte. „Die arme Melissa. Es grenzt an ein Wunder, dass sie bis jetzt noch nichts Schlimmeres angestellt hat.“
Dess beugte sich vor. Mit fester Stimme, um Madeleine zu ihrer Geschichte zurückzuführen, sagte sie: „Das ist aber doch nicht alles, was passiert ist. Ich meine, Rex sagt, die Lehre hört einfach auf. Sie haben doch nicht aufgehört, gegen die Darklinge zu kämpfen, weil Sie mit Fernsehen beschäftigt waren, oder?“
Madeleine schüttelte bedächtig den Kopf. „Es passierte sieben Jahre später, aber eigentlich war jener Sommer der Anfang vom Ende. Drei Kinder erfuhren von dem Geheimnis. In einem von unseren unbeobachteten Spielen lüftete ein junger Midnighter die Wahrheit.“
„Warum?“
Sie schien mit den Schultern zucken zu wollen, die stattdessen zitterten. „Um sich beliebt zu machen, um mitmachen zu dürfen, nehme ich an. Geheimhaltung über Jahrtausende umsonst, weil niemand aufpasste.
Wie dem auch sei, nachdem diese drei Daylighter die Wahrheit erfahren hatten, riefen sie ein neues Spiel ins Leben.
Sie zogen jede Nacht in die Wüste hinaus und legten Steine aus, in der Hoffnung, damit den Wesen, von denen sie wussten, dass sie da draußen waren, Botschaften zu senden.“
Dess nickte. „Es gibt immer noch Kids, die das tun. Jedenfalls versuchen sie es.“
„Die Tradition gibt es schon lange. Manchmal kann sogar ich sie spüren, mit ihrem Entsetzen oder der Enttäuschung, wenn sie direkt nach Mitternacht durch die Wüste kommen.
Jene drei waren aber entschlossener als die meisten. Sie wollten dieses Spiel zu Ende spielen. Jahrelang versuchten sie zu erfahren, was es mit den bewegten Steinen auf sich hatte, und als ihnen das nicht gelang, brachten sie eines Nachts eine junge Seherin mit hinaus in die Wüste. Ein Geschenk für die Darklinge.“
Dess setzte ihre Teetasse energisch ab, wobei die lauwarme Flüssigkeit über den Rand schwappte und ihre Finger benetzte. „Den Halbling.“
Madeleine nickte. „Ein angemessener Name, würde ich sagen. In der echten Lehre gab es nie einen Namen für das, was aus ihr wurde. Ich kannte sie als Anathea.“
„Sie sind aber doch Gedankenleser. Warum wussten Sie nicht, was sich abgespielt hat?“
„Von uns wusste niemand was. Die drei waren vorher nach Broken Arrow gezogen – und damit für unsere Kräfte außer Reichweite. Sie kehrten nie nach Bixby zurück, und genauso fürchte ich mich, dieses Haus zu verlassen. Sie schmiedeten ihre Pläne im Verborgenen und wurden sehr reich.“
„Reich? Die Darklinge zahlen gut?“
„In gewisser Weise schon. Die ältesten unter ihnen wissen, was unter der Wüste liegt, die Steinadern und die alten Wasserreservoirs. Wie ein Metallurge.“ Sie lächelte über Dess’
Verwirrung. „Ein Talent, von dem du noch nie gehört hast –
es gibt noch viele andere, mein armes Mädchen. Gib dich damit zufrieden, dass die Darklinge die Erde schmecken können, genauso schmecken sie dein schlaues kleines Hirn in der Midnight.“ Madeleines Augen wurden schmal. „Die drei wurden also bezahlt. Öl für Blut.“
„Oh.“ Bei dem Wort Öl bekam sie Gänsehaut. Sie erinnerte sich an den Namen auf dem Brief, den Jonathan bei Darkling Manor gefunden hatte. „Hieß von den Kids zufällig irgendeins Grayfoot?“
„Ausgezeichnet.“ Madeleines Zähne blitzten im schwinden-den Licht des Nachmittags auf. „Du könntest noch
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