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Das Echo aller Furcht

Das Echo aller Furcht

Titel: Das Echo aller Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Claggett.
    »Zu laut!« bellte Ricks zurück.
    »Sir, wir sind im Bereich des Oberflächenlärms. Hier oben machen die hohen Frequenzen des Außenborders keinen großen Unterschied. Der Russe setzt niederfrequentes Aktivsonar ein, mit dem er uns orten wird, ob wir nun leise sind oder nicht. Wir sollten nun Distanz schaffen, Sir, denn wenn er uns zu nahe kommt, kann die Orion nicht zu unserem Schutz eingreifen.«
    »Wir müssen ihn ausschalten.«
    »Keine gute Entscheidung, Sir. Wir sind auf SNAPCOUNT, das heißt, das Abfeuern der Raketen hat Vorrang. Wenn wir jetzt einen Torpedo ins Wasser bringen, verraten wir nur unsere Position. Captain, wir müssen Distanz schaffen und uns außerhalb der Reichweite seines Aktivsonars halten. Da können wir keinen Schuß riskieren.«
    »Nein! WO, Zielkoordinaten einstellen!«
    »Aye, Sir.«
    »Kommunikation: Von der Orion Unterstützung anfordern!«
     
    »So, das wäre der letzte, Herr Oberst.«
    »Das ging ja flott«, erwiderte der Regimentskommandeur.
    »Die Jungs sind gut in Übung«, meinte ein Major, der neben ihm stand und zuschaute, wie in Alejsk der zehnte und letzte Gefechtskopf aus der SS-18 gehoben wurde. »Vorsicht, Feldwebel.«
    Schuld war das Eis. Vor wenigen Minuten war Schnee in die Raketenkapsel geweht und von den Stiefeln zertreten worden. Dabei war er geschmolzen, doch die Minustemperaturen hatten ihn bald zu einer unsichtbaren, papierdünnen Eisschicht erstarren lassen. Der Feldwebel wollte gerade von dem klappbaren Laufsteg treten, als er ausrutschte und dabei einen schweren Schraubenschlüssel fallen ließ. Das Werkzeug prallte gegen das Geländer und wirbelte durch die Luft. Der Feldwebel griff danach, erreichte es aber nicht mehr und sah es abstürzen.
    »LOS, WEG!« schrie der Oberst. Das brauchte er dem Feldwebel nicht zweimal zu sagen. Der Gefreite auf dem Kran schwenkte den Gefechtskopf in Sicherheit und sprang dann vom Fahrzeug. Alle wußten, daß sie sich in Windrichtung zu entfernen hatten.
    Der Schraubenschlüssel hatte den Boden des Silos fast erreicht, traf nun aber eine Stützvorrichtung, wurde seitlich abgelenkt und riß an zwei Stellen die Außenhaut der ersten Stufe auf. Da die Hülle der Rakete gleichzeitig auch die Tankwandung war, wurden Treibstoff und Oxidator freigesetzt. Die beiden Chemikalien bildeten kleine Wolken – es waren jeweils nur wenige Gramm ausgetreten –, aber die Verbindungen waren hypergolisch, das heißt, sie zündeten spontan, wenn sie miteinander in Kontakt kamen. Das geschah zwei Minuten nachdem der Schraubenschlüssel gefallen war.
    Die Explosion war so stark, daß der Oberst noch in 200 Meter Entfernung vom Silo zu Boden geschleudert wurde. Er rollte sich instinktiv hinter einen dicken Kiefernstamm, als die Druckwelle über ihn hinwegfegte. Als er einen Augenblick später den Kopf hob, sah er eine Feuersäule vom Silo aufsteigen. Wie durch ein Wunder waren alle seine Männer davongekommen. Und mit dem seltsamen Humor, der Menschen überkommt, die gerade dem Tod ein Schnippchen geschlagen haben, dachte er: Eine Rakete weniger, wegen der uns die Amerikaner in den Ohren liegen können.
     
    Der Sensor des DSPS-Satelliten war bereits auf die russischen Raketenanlagen gerichtet. Die Encrgiesignatur war unverkennbar. Das Signal ging an eine Bodenstation bei Alice Springs in Australien und von dort aus an einen Kommunikationssatelliten der US-Luftwaffe, der es nach Nordamerika sandte. Das Ganze nahm eine gute halbe Sekunde in Anspruch.
    »Achtung! Möglicher Raketenstart von Alejsk!«
    In diesem Augenblick änderte sich für Major General Joe Borstein jäh die ganze Welt. Als er sich auf das Echtzeitdisplay konzentrierte, war sein erster Gedanke: Jetzt ist es passiert, trotz aller Veränderungen, allen Fortschritts, aller Verträge. Irgendwie war es geschehen, und nun konnte er nur noch dasitzen und abwarten, bis die SS-18, die seinen Namen trug, auf dem Berg Cheyenne landete. Dies war anders als Bombenangriffe auf Brücken in Indochina oder Drohgebärden gegen sowjetische Jäger im deutschen Luftraum – dies war das Ende des Lebens.
    Borsteins Stimme war rauh wie Sandpapicr. »Ich sehe nur einen Abschuß ... wo ist der Vogel?«
    »Kein Vogel, kein Vogel, kein Vogel«, verkündete eine Frau im Rang eines Captains. »Energiesignatur zu groß, sieht eher nach einer Explosion aus. Keine Rakete. Kein Start, ich wiederhole: kein Start.«
    Borstein sah, daß seine Hände zitterten. Das hatten sie weder damals, als er

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