Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
Damit hätte die Gefahr gebannt werden können. Aber mein Plan schlug fehl. Der amerikanische Geheimdienst wollte nicht, dass die Operation Mongoose ausgehebelt wurde, schon gar nicht von einem einfachen Senator. Deshalb verharmloste er Keatings Warnungen. Als der Senator nach seinen Quellen gefragt wurde, konnte er sich nur recht vage äußern – kein Wunder, er hatte ja keine Ahnung, dass die Flüsterer ihm von den Raketenstellungen auf Kuba berichtet hatten. So konnte der Bär weiter seine Ränke schmieden, ohne dass es zu Verhandlungen mit dem Adler gekommen wäre. Es würde mich nicht wundern, wenn die Flüsterer der Malkits eine vorzeitige Aufdeckung der Operation Anaayr verhindert hätten.«
    »Wenn einige meiner Haare nicht schon grau wären, dann hätte ich spätestens in den letzten Tagen welche bekommen«, warf der stämmige Lischka ein. »Wir haben so viel versucht, aber alles ist uns misslungen. Nicht einmal die Wanderer, die wir zu Hilfe rufen wollten, haben uns erreicht.«
    Sam Chalk schüttelte ungläubig den Kopf. »Gegen diese Malkits sind die Burschen vom KGB ja nichts weiter als dumme Schuljungs.«
    »Kanthelm ist wirklich sehr schlau«, sagte Darina. »Er hat die Wanderer abgefangen, damit sie uns nicht helfen konnten. Und er ist grausam. Mich schaudert bei dem Gedanken, was er ihnen alles antun könnte, wenn es ihm für seine Pläne dienlich erscheint.«
    »Wie es aussieht, hängen all unsere Hoffnungen an einem seidenen Faden«, murmelte Jonas. »Vielleicht haben die Weisen aus Kalvar ein glücklicheres Händchen als wir.«
     
     
    Am nächsten Tag brachen die Gefährten schon im Morgengrauen ihr Lager ab. Die drei Gefangenen ließen sich von den Fährtensuchern widerstandslos auf das herrenlose Schelpin Goldans sowie auf zwei Packtiere setzen. Bergalfs Trugbilder mussten eine so nachhaltige Wirkung auf sie gehabt haben, dass sie alles taten, was man von ihnen verlangte. Durch die unfreiwilligen Mitreisenden war die Karawane nun auf zehn Personen angewachsen. Hinzu kamen ein Rabe und zwei Wölfe.
    Wegen Ximons Verletzung mussten sie eine gemäßigtere Gangart einlegen. Zwar behauptete der zähe Flüsterer beharrlich, er könne auch im Galopp nach Kalvar reiten, aber sein Gesicht verriet den Freunden, dass er noch immer ziemlich starke Schmerzen im Bein verspürte.
    Als die Karawane sich in Bewegung setzte, wandte sich Jonas noch einmal um. Die Luft war klar wie nach einem Regenguss und in der Ferne konnte man Keldins Klippe sehen. Ein graublauer Schemen, der nichts Gutes verhieß, erhob sich aus dem dunklen Streifen des Großen Waldes. Jonas konnte sich dieses Gefühl nur mit den schlechten Erfahrungen erklären, die er auf diesem öden Felsen gemacht hatte. Er beschloss, nicht mehr an Kanthelm zu denken, und drehte sich wieder zurück. Als nächstes Ziel lag Kalvar vor ihm, die Stadt der zwei Weisen. Darina hatte, was diesen Ort betraf, recht seltsame Andeutungen gemacht. Sie reichten aus, um wieder Hoffnung in ihm zu erwecken, aber nicht, um seine Neugierde zu stillen.
    Jonas’ Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Erst am frühen Nachmittag des nächsten Tages sprach Darina die Worte, die er mit so großer Spannung erwartet hatte.
    »Dort unten liegt Kalvar.«
    Die Gefährten blieben in einer Reihe nebeneinander stehen und blickten in die weite Ebene hinab. Selbst die Gefangenen waren vom Anblick der Stadt ergriffen. Zwar konnte man aus der Entfernung kaum Einzelheiten erkennen, aber schon die schiere Ausdehnung Kalvars war überwältigend.
    »In ungefähr zwei Stunden müssten wir die äußeren Bezirke der Stadt erreichen«, schätzte Bergalf.
    »Dann lasst uns keine Zeit verlieren«, drängte die Wissende. Sie schien es mit einem Mal sehr eilig zu haben.
    Das abschüssige Terrain ging allmählich in ein topfebenes Gelände über. Bald stießen die Gefährten auf eine Straße, die schnurgerade durch das Grasland führte, direkt auf die Stadt zu. Vieles hier erinnerte Jonas an Laomar: grasende Schelpins und Kühe, frisch abgeerntete Felder und die ersten Kleinen.
    Das Erscheinen der Karawane war für einige der Keldinianer ein einzigartiges Erlebnis. Zuerst sahen sie nur die Bonkas, aber dann entdeckten sie immer mehr aufregende Einzelheiten: Darinas weißen Hirsch, zwei leibhaftige Menschen – einer jung und schlaksig, der andere älter und ein wenig korpulent –, und zuletzt die Malkits. Offenbar wussten die Nachkommen von Keldin dem Schmied sehr genau, wer diese Kahlköpfigen

Weitere Kostenlose Bücher