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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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kurz nach neun. Das Exekutivkomitee tagte bereits. Da Jack Kennedy noch immer auf Wahlkampfreise war, hatte man sich im State Department, dem Außenministerium, versammelt. Erneut beratschlagte man, ob auch nichts vergessen worden war. Man wollte Jack nicht anrufen, bevor der Plan völlig wasserdicht schien.
    Theodore Sorensen überprüfte den Entwurf der Rede, mit der Kennedy vor die Nation treten wollte. Da eine Kopie der Ansprache an Chruschtschow versandt werden sollte, durfte sie keine Zweifel an der Entschlossenheit der Vereinigten Staaten lassen. Verteidigungsminister McNamara telefonierte aus dem Konferenzraum mit dem Pentagon. Sein Befehl jagte den stillen Beobachtern einen Schauer über den Rücken: Vier taktische Bombergeschwader sollten für den Fall eines Luftschlages gegen Kuba in Bereitschaft versetzt werden. Seine Erklärung war kurz und knapp: »Wenn der Präsident unsere Empfehlungen nicht akzeptiert, mag später keine Zeit mehr sein es noch zu veranlassen.«
    Jonas hoffte inständig, dass dies nicht nur eine Ausrede McNamaras war, um den Mitarbeiter zu beruhigen. Darina drängte zum Aufbruch. Das Letzte, was die Flüsterer von den Geschehnissen auf der Erde mitbekamen, war Bobby Kennedys Anruf bei seinem Bruder. Es war ungefähr zehn Uhr morgens. Jack befand sich gerade im Blackstone Hotel in Chicago. Als das Telefon klingelte, nahm er selbst den Hörer ab.
    »Ich bin’s, Jack.«
    »Was gibt’s, Bobby?«
    »Wir sind fertig. Jetzt musst du entscheiden.«
     
     
    Als Kraark nach kurzem Erkundungsflug eine Stelle gefunden hatte, die zum Abstieg in die Schlucht geeignet war, mussten die Reiter nicht mehr tun, als sich im Sattel festzuhalten. Die Schelpins und der weiße Hirsch bewegten sich, wie Bergalf es angekündigt hatte, selbst über die haarsträubendsten Pfade mit sicheren Schritten hinweg. Manchmal glich der Weg nur einer locker hingeschütteten Fuhre Geröll. Doch die Tiere waren im Gebirge zu Hause. Sie fanden selbst da noch sicheren Tritt, wo die Reiter längst aufgegeben hätten, fest überzeugt, dass es weder ein Vor noch Zurück gebe.
    Nach zwei Stunden tauchten sie in den Nebel ein. Jonas spürte, wie die Feuchtigkeit ihm in die Kleider kroch. Mit Ausnahme der von den Schelpins verursachten Geräusche auf dem Pfad war im Canon kein Laut zu hören.
    Von vorn bedeutete Darina den Gefährten hin und wieder stehen zu bleiben. Dann verharrte sie mit geschlossenen Augen vor einer Gabelung, forschte in ihrem Geist, um wenig später ihrem weißen Hirsch einen geheimen Wink zu geben. Selbst wenn einmal ein Luftzug die grauen Wolkenschleier für einen Moment vertrieb und Jonas freie Sicht auf die Wissende hatte, konnte er nicht erkennen, wie sie ihren Hirsch dirigierte. Sie sagte nichts, bewegte nicht die Beine, zog an keinem Zügel. Das schneeweiße Tier schien einfach zu wissen, wohin seine Herrin wollte.
    Gut anderthalb Stunden später stoppte Darinas Hirsch unvermittelt.
    »Hier ist es.« Die Stimme der Wissenden drang seltsam dumpf durch den Nebel.
    Jonas konnte nichts erkennen. Zu seiner Linken ragte eine Felswand steil nach oben und fiel – was er allerdings nicht sehen konnte – einige Fuß weiter rechts in eine bodenlose Tiefe. Der Pfad war an dieser Stelle wieder einmal etwas breiter geworden, deshalb konnten die Gefährten ihre Tiere um Darina herum versammeln. Jetzt war der Eingang der Höhle deutlich auszumachen.
    »Nicht gerade das Portal zur Metropolitan Opera«, knurrte Sam Chalk skeptisch.
    Der Spalt, der in das Berginnere führte, war bis ungefähr fünf Fuß über dem Boden noch breit genug, um ein Schelpin durchzulassen. Darüber verengte er sich zusehends. Der Pilot würde nicht ohne gewisse Verrenkungen hindurchgehen können.
    »Was haltet ihr von einer letzten kurzen Atempause im Freien?«, schlug Ximon vor. »Ich würde gerne noch einmal einen Blick in den Spiegel werfen.«
    Darina sah erst in Ximons Gesicht, dann wanderte ihr Blick auf den Verband am Oberschenkel des Flüsterers und sie nickte. »Eine Viertelstunde, nicht mehr.«
    Die Zügel der Tiere wurden an spitzen Felsvorsprüngen festgebunden und man versammelte sich vor dem Höhleneingang um den Spiegel.
    »Den Präsidenten?« Robert ließ seinen Blick in die Runde schweifen. Mehrere Gefährten nickten.
    Nur wenige Herzschläge später erschien das Bild Kennedys in dem blauen Kristall. Jack schaute gerade auf seine Armbanduhr. Es war ein Uhr vierzig mittags, als seine Limousine auf die Grundstückseinfahrt der

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