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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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hüpfte hinter Jonas her.
    An der besagten Stelle angekommen, betrachteten sie gemeinsam den widerspenstigen Knoten. Bergalf hatte versucht mehrere der benachbarten Schnüre zu lösen, aber die saßen genauso fest.
    »Ein Stück tiefer und der Faden wäre durch gewesen«, bemerkte Kraark so abgeklärt, als spräche er von einem Regenwurm.
    »Ich habe alles probiert«, beteuerte Bergalf, »aber ich kriege dieses verflixte Ding nicht auf. Und die Schnüre daneben auch nicht.«
    »Wenn ich an diesen schauerlichen Laut denke, dann mag ich mir gar nicht erst vorstellen, was passiert, wenn man die Fäden ganz durchschneidet.«
    »Hat mir noch nie gefallen, in Höhlen rumzuspazieren«, beschwerte sich der Rabe.
    Jonas nahm den Dolch aus Bergalfs Hand und drang vorsichtig mit der Spitze in den Knoten ein. »Manchmal, Kraark, muss man gewisse Dinge eben tun, auch wenn sie einem wenig Spaß machen.«
    »Aber sich in Höhlen verkriechen! Sehe ich denn aus wie eine Fledermaus?«
    Jonas schaute von dem Knoten auf, um den Raben eingehend zu mustern.
    »Eigentlich hast du nicht sehr viel Ähnlichkeit mit einer Fledermaus, Kraark.«
    Dann machte sich Jonas wieder an dem Knoten zu schaffen. Der Rabe störte ihn nun nicht mehr, nachdenklich stakste er davon.
    Ein zweites Stöhnen ließ die Herzen aller einen Schlag lang aussetzen.
    »Ich schaffe es auch nicht«, sagte Jonas verzweifelt. Er hatte an einer anderen Stelle in den Faden geschnitten.
    »Vielleicht kannst du einen der Knoten daneben lösen«, schlug Bergalf vor.
    Jonas nahm sich einen anderen Faden vor. Vorsichtig setzte er die spitze Klinge an. Aber es wollte ihm auch hier nicht gelingen, in den Knoten einzudringen. Obwohl es in dem Höhlengang alles andere als warm war, rann ihm der Schweiß über die Stirn. Dann ertönte wieder der klagende Laut. Erschrocken zog Jonas die Hand mit dem Dolch zurück und schüttelte resignierend den Kopf.
    »So kommen wir nicht weiter. Schamakh muss irgendetwas mit den Schlingen angestellt haben, damit sie sich nicht so einfach lösen lassen wie die anderen hier.«
    Bergalf erwiderte seinen Blick mit versteinerter Miene. »Dann waren die ersten Fäden wohl nur so eine Art Fingerübung für uns.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Jonas. »Schamakh scheint seinen Vorhang auf der Zwielandseite beendet zu haben. Ihm ging es aber wohl weniger darum, irgendwelche Eindringlinge von dort abzuwehren. Soweit ich eure Legenden verstanden habe, wollte er ja die zerstrittenen Parteien der Bonkas und der Malkits voneinander fern halten. Anscheinend hat er deshalb den Vorhang da, wo es ihm notwendig erschien, mit einem zusätzlichen Trick gesichert.«
    »Langsam gehen mir diese ›Tricks‹ des Webers ganz schön auf die Nerven! Ich schlage vor, wir gehen erst einmal zu den anderen zurück. Vielleicht können wir Schamakhs kleine Knobelaufgabe ja gemeinsam lösen.«
    In der Höhle am Rande des Vorhangs der ewigen Trennung herrschte gedrückte Stimmung. Jeder war sich darüber im Klaren, dass sie Kimbaroth öffnen mussten, um schnell in das Land der Bonkas zu gelangen. Schon im Interesse der Menschenwelt war dies notwendig. Der einzige andere Weg, den es noch gab, führte durch die Spiegelregion. Selbst wenn sie die Höhle fanden, durch die einst Robert und Sarah ins Zwieland gekommen waren, konnten sie diese zweite Route wohl kaum nehmen, ohne das Leben aller aufs Spiel zu setzen.
    Darina wiederholte noch einmal klar und deutlich, was sie davon hielt. »Ich werde euch nicht zurückführen und den Eingang zur Spiegelregion suchen.«
    »Aber hier scheinen wir festzusitzen«, wandte Sarah ein. »Gerade weil wir die Hilfe der Bonka-Flüsterer brauchen, müssen wir uns schnell entscheiden.«
    Jonas erhob sich aus dem Schneidersitz und ging auf die ersten losgelösten Kristallfäden zu, die wie starre Drähte nach oben gebogen waren. Er hatte eine Fackel in der Hand und betrachtete nachdenklich die Knoten an der Decke. Alle anderen sahen ihm schweigend zu. »Lasst uns noch etwas nachdenken«, sagte er. »Vielleicht finden wir doch noch einen Weg die Schlingen zu öffnen, ohne die Kristallfäden durchzuschneiden.«
    Der Vorschlag wurde einstimmig angenommen. In den folgenden zwei Stunden versuchte man eine Lösung für das schwierige Problem zu finden. Wie konnte man die Knoten aufbekommen, ohne Schamakhs Gewebe unwiderruflich zu zerstören? Der Weber musste die Schlingen, die näher an der Nachbarhöhle lagen, regelrecht verschweißt haben. Hier und da wurde die

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